Gestern war ein großer Tag für das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Deutschland. Seit gestern können junge Leute endlich die vielen Inhalte finden, die die ARD unermüdlich für sie produziert. Seit gestern gibt es die Möglichkeit, sich mithilfe eines Filters gezielt Videos in der ARD-Mediathek anzeigen zu lassen, die von den jeweiligen Sendern als prinzipiell junge-Leute-tauglich eingestuft wurden.
Es handelt sich um den Reiter „Einslike“, der neuerdings neben „Fernsehen“ und „Radio“ die Inhalte in der ARD-Mediathek gliedert. (Falls Sie ihn nicht finden, sind Sie vermutlich versehentlich in der DasErste-Mediathek, das ist was anderes.)
Dass sich hinter den Begriff „Einslike“ jung gemeinte Inhalte verbergen, erschließt sich der Zielgruppe anscheinend von selbst. Als einzige Hinweise auf der Seite bietet die ARD die Duzung des Publikums im Teaser („Eure Lieblingsvideos jetzt in der ARD Mediathek“) und die Kombination aus Lippenpiercing und der Farbe Pink. Aber sobald man draufklickt, wird es natürlich unmissverständlich jugendlich, denn statt des gediegenen-glatten ARD-Blaus liegt nun abblätternder farbig besprühter Putz hinter den Videos:
Das zu entwickeln, hat kaum mehr als fünf Jahre gedauert.
Im Frühjahr 2008 hatte das Aufsichtsgremium der ARD, die Gremienvorsitzendenkonferenz, ein „Jugend-Forum“ organisiert und „im Nachgang“ empfohlen, die vorhandenen jugendaffinen Inhalte der ARD im Internet zu bündeln. „Angesichts niedriger und zudem sinkender Marktanteile bei der jüngeren Zielgruppe“ baten die Gremienvorsitzenden die Intendanten damals, „eine Gesamtstrategie für eine erfolgreiche Ansprache junger Menschen zu entwickeln“ und forderten ein „energisches Gegensteuern unter Nutzung der Chancen in der digitalen Welt“.
Angesichts der Dringlichkeit floss das Projekt „Filter ‚Junge ARD'“ dann in die Planungen der Sender für die nächsten Jahre ein. Entsprechend euphorisch verkündete Ruth Hieronymi, die WDR-Rundfunkratsvorsitzende und damalige Gremienvorsitzendenkonferenzvorsitzende (mein absolutes Lieblingsamt bei der ARD) im November vergangenen Jahres, dass ein Start des Filters nun unmittelbar fast bald… also, jedenfalls, dass einem Start noch 2013 nichts mehr im Wege stehe. („Neue Angebote für junge Publikumsgruppen erfolgreich eingefordert“ lautet die Überschrift über dem entsprechenden Absatz in der Bilanz der GVK 2012, was hübsch schillert, weil angemessen offen bleibt, ob sich das „erfolgreich“ auf die Erfüllung der Forderung bezieht oder doch ihr bloßes Aussprechen.)
Die Federführung für das Projekt übernahm der Mikrosender Radio Bremen, dessen Intendant Jan Metzger sich damals mit den Worten zitieren ließ:
„Ich freue mich sehr, dass dieses Projekt für die Jungen jetzt realisiert wird und dass wir mit der TagesWEBschau, der kleinen Schwester der Tagesschau, unser Experiment für die Jungen fortsetzen können.“
Im Nachhinein war das eine unglückliche Formulierung, denn ein paar Monate später beschlossen die Intendanten, die „TagesWEBschau“ einzustellen. Sie beauftragten Radio Bremen und ARD-aktuell aber, „das erworbene Know How und die gemachten Erfahrungen für die Entwicklung von Nachrichten-Angeboten für eine junge Zielgruppe weiter zu nutzen. Entsprechende Überlegungen sollen den Intendantinnen und Intendanten im Herbst vorgelegt werden.“ Don’t hold your breath, wie der Engländer sagt.
Aber immerhin ist ja nun der Filter für die ARD-Mediathek fertig und Metzger sagt ohne erkennbare Ironie:
„Die ARD redet nicht nur über die Ansprache junger Zielgruppen, sie tut auch was.“
Nun weiß ich nicht im Detail, wie die Verantwortlichen und Nicht-Verantwortlichen in den ARD-Rundfunkanstalten die fünf Jahre genutzt haben — überwiegend wohl klassischerweise damit, das Schlimmste zu verhindern. („Der Filter ist in enger Zusammenarbeit von Hörfunk, Fernsehen und der Redaktionskonferenz Online erarbeitet worden“, protokollierte der WDR in seinem „Schlussbericht der geschäftsführenden Anstalt der ARD“ Ende 2012.) Trotzdem sind einzelne, nicht ganz unwesentliche Entscheidungen anscheinend auf merkwürdige Art in letzter Sekunde getroffen worden, zum Beispiel die Benamsung des Dings. Ein größerer Teil der gebündelten Videoclips ist in der Mediathek als „#jung“ verschlagwortet, was ein ähnlich unglamouröser, aber dafür selbsterklärender Name für die Rubrik gewesen wäre, die nun aber auch zur Verwunderung vieler an dem Projekt Beteiligter plötzlich nicht „#jung“, sondern „Einslike“ heißt.
Na, Wurscht, Hauptsache die jungen Leute können nun endlich… tja, was eigentlich? Auf eine Seite gehen, auf der ohne erkennbare redaktionelle Leistung irgendwelche Bewegtbilder aus den einzelnen Sendern einlaufen. Unerklärte Schnipsel aus der Online-Videoproduktion der ARD-Jugendradiowellen; die grauenhafte neue Gameshow von einem der beiden ARD-Jugendkanäle Eins Plus; die von jungen Leuten gemachte schöne, neue Dokureihe des NDR-Fernsehens; ein „Tagesschau“-Beitrag über einen neuen Bundesliga-Trainer; die aktuelle Folge „Zimmer frei“; ein Spielfilm, der, öh.
Anscheinend hat N-Joy am Wochenende ein Konzert präsentiert, weshalb sich viele Witzigkeitsversuche der Moderatoren vor der Kamera in der „Einslike“-Mediathek stapeln, aber abgesehen von der vermutlich unbeantwortbaren Frage „Warum?“ bleiben auch „Wer?“, „Was?“ und „Wo?“ offen. Oben auf der Seite weisen Teaser womöglich auf Highlights hin, erklären, leiten, bündeln aber auch nichts.
Der Gedanke, dass dieses unsortierte Programmgeröll als „Einslike“ eine Anlaufstelle für das furchtbar vermisste junge Publikum der ARD werden könnte: Ich würde ihn weltfremd nennen. Aber die Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD meint, dass damit „ein weiterer Baustein innerhalb des notwendigen Gesamtmaßnahmenpakets zur Ansprache jüngerer Publikumsgruppen erreicht worden“ sei, und die müssen’s nach all den Jahren ja wissen.
Da hat doch nur jemand vergessen, den Passierschein A38 auszufüllen, damit der Spielfilm auch angezeigt werden kann. Keine Sorge, innerhalb der nächsten fünf Jahre wird auch dieses Problem gelöst werden, falls keine Umbenennung der Gremienvorsitzendenkonferenz dazwischen kommt.
Ach was, nicht so negativ denken. Immerhin steht das nun in diesem Internetz, und das ist ja bekanntermaßen eine junge Plattform. Und wo soll man auch „Zimmer frei“ gucken, wenn man nicht in NRW wohnt?
Ein Baustein in einem Paket ist entweder eine Legoeinzelteilnachlieferung, eine Baufirma, die zu dumm ist einen Spediteur zu beschäftigen und sich die Ziegel per Post schicken läßt, oder ein verdammt schiefes sprachliches Bild. Hat denn die Presseerklärungsmetaphernbildungskonferenzvorsitzende der ARD geschlafen, kreuzdammich?!?
PS: Presseerklärungsdeutsch für Anfänger. Irgendwas mit „Synergien“ und „nutzen“ geht eigentlich immer. Egal welches Thema.
Könnte es sein, dass der Film „13 Semester“ wegen Jugendschutz (oho, Jugendschutz in der Jugendmediathek!) erst ab 20 oder 22 Uhr abrufbar ist? Aber eigentlich kommt in diesen Fällen dann eine entsprechende Meldung. Und gelöscht worden dürfte der Film auch noch nicht sein, schließlich ist die Ausstrahlung erst fünf Tage her (und die Depublikation somit noch 2 Tage hin). Aber vielleicht enthält der Film ja Ausschnitte aus der Talkshow von Günther Jauch.
Kein Comedyautor würde ernst genommen, wenn er sowas als Satire bringen würde. „Klar leben die hinterm Mond, aber das ist doch viel zu übertrieben.“
Erinnert stark an „coole“ Anti-Rauchen Hiphop Songs an Schulen.
Ich würde übrigens sehr gerne mal an so einer Sitzung teilnehmen, um mal zu gucken wie man auf solche Ideen kommt, wobei ich mir das stolze Schulterklopfen am Ende schon gut vorstellen kann.
Musste auch kurz an Beckmann denken was das Zeitverständnis der ÖR angeht: „>Beckmann< hört auf" Oh, wirklich? "Ja, Ende 2014."
@freiwild: Eigentlich hat der keine Altersbeschränkung.
Die ARD brauchte 5 Jahre um ihre Videos und Beiträge mit #jung, ähem #Einslike zu taggen und eine Unterseite zu basteln?
Ich hab doch was verpasst, da kommt doch noch eine Pointe?!
„Aber immerhin ist ja nun der Filter für die ARD-Mediathek fertig und Metzger sagt ohne erkennbare Ironie:
»Die ARD redet nicht nur über die Ansprache junger Zielgruppen, sie tut auch was.«“
Das ist nun aber aus dem Zusammenhang gerissen, denn das Tun bezieht sich ja auf den Vorwurf, dass die ARD keine Inhalte habe, mit denen sie junge Leute erreiche. Ob sie mit Einslike junge Leute erreicht, sei mal dahingestellt, aber dass sie entsprechende Inhalte produziert, steht außer Frage.
So unsortiert ist das Programm“geröll“ übrigens nicht. Immerhin gibts verschiedene Themenbereiche und die üblichen neu/am besten bewerte/meistgesehen Tabs. Quasi ein einfaches YouTube.
Warum so was 5 Jahre dauert, ist mit allerdings auch unverständlich.
@JMK: Es ist alles noch viel schlimmer. Auf radio.ard.de kann man sich Radiosendungen nach verschiedenen Kategorien anzeigen lassen. Dort gibt es auch eine Rubrik für alle „Lesungen“. Wenn man den anklickt bekommt man SEIT JAHREN die Sendestrecke um 22 Uhr bei DasDing angezeigt, weil dort VOR JAHREN irgendwann einmal vereinzelt Hörspiele und/oder Wortsendungen liefen. Inzwischen wird dort aber auch nur noch Musik gedudelt, erst recht seit man um 23 Uhr die Late Lounge eingeführt hat.
Mehrere Mails bezüglich des Fehlers wurden höflich, aber unbestimmt beantwortet und die reine Musiksendung mit der falschen Kategorie taucht nach wie vor bei den Lesungen auf. Es ist ihnen einfach nur egal.
twipsy #2:
Zimmer frei auf wdr.de.
Stefan N.:
great show :-)
Das Problem der Öffentlich-Rechtlichen: Sie wollen auch mal Programm für Junge machen. Die Lösung wäre, junges Programm zu machen. „Jung“ ist eine Frage der Haltung und nicht der Perspektive oder der Demografie.
Vielen Dank für den Hinweis! Aus technischen Gründen ist der Clip „13 Semester“ aktuell nicht erreichbar. Wir kümmern uns.
Vielleicht funktioniert mein Gehirn nicht richtig, aber ich (18) wäre nicht drauf gekommen, dass „Einslike“ etwas für junge Leute ist…
mal davon abgesehen, dass die meisten Jugendlichen gar nicht erst auf die Idee kommen in die ARD Mediathek zu schauen und folglich dieses „Einslike“ nicht sehen werden.
@Viv: Der Fairness halber muss man sagen, dass auch die ARD-Internetseiten wie zum Beispiel von N-Joy darauf verweisen: http://www.n-joy.de/news_wissen/einslike101.html
Also, man könnte schon als junger Mensch versehentlich dahin gelangen, so ist es nicht. ;-)
Einslike? Welch schönes Denglisch spricht man da bei der ARD.
@BlueKO
Die Suchfunktion der Mediathek ist eh eine Katastrophe, bzw. die Filterfunktion die nie funktioniert.
Also warum auch auf Usermeinungen eingehen?
@JMK: Man bekommt dann aber schon den Eindruck, daß die „Anstaltsinsassen“ offensichtlich nicht ihr eigenes (Online-)Angebot benutzen.
Auf den Radioseiten des WDR, die irgendwie sowieso ständig im Umbau begriffen sind, gibt es (auch inzwischen) seit Jahren weiße Überschriften auf hellgrauem Hintergrund, die überhaupt nicht zu lesen sind. Für die Unterseiten von „WDR Event“ ist das besonders peinlich, da sehr oft diese Überschriften die einzige Stelle in den entsprechenden Artikel sind, die die Sendezeiten konkret nennt. Es ist doch schon ein regelrechtes Trauerspiel, daß da niemand im großen WDR diese Unlesbarkeit der eigenen Webseite wahrnimmt. Wenn schon nicht einer der Leute, die diese Seiten erstellt hat den Fehler bemerkt, fragt man sich doch warum kein anderer Mitarbeiter des Hauses sich die Mühe macht und die zuständigen Kollegen per Mail darauf aufmerksam macht.
Man wundert sich dann wirklich nicht mehr warum #jung ganze fünf Jahre auf sich warten ließ.
@BlueKO: Oh ja, das mit den wdr.de-Überschriften ist tatsächlich eindrucksvoll:
Großartikel Artikel. Danke ARD, danke Herr Niggemeier!
Das Wort Gremienvorsitzendenkonferenzvorsitzende gibt es so allerdings nicht. Ha! Wäre ja auch zu bizarr gewesen.
(habe es gegoogelt!)
@Bert: Es ist die Vorsitzende der Gremienvorsitzendenkonferenz.
Ich weiß gar nicht, was Du hast. Das Schlimmste ist doch verhindert worden. Dass da nix bei raus kommt, wenn die Rentnersender „auf Jung“ machen wollen, war doch schon vorher klar, oder?
@19
Jetzt schon.
Ich finde es schon iwie nachvollziehbar, dass die ARD ein jüngeres Publikum ansprechen will. Ist auch eigentlich nur konsequent, wenn man sich als Sender Nr.1 in der Deutschen Medienlandschaft versteht. Dann muss man auch versuchen alle Menschen zu erreichen.
Schade nur, dass das diese Versuche nicht über den Inhalt laufen, sondern über ein möchtegern fancy Layout.
Wenn man TV-Sender Nr.1 sein will, dann sollte es doch auch möglich sein, eine bessere Strategie in weniger als 5 Jahren zu schaffen?!
BlueKO: sie gehen davon aus, dass es möglich wäre, den jeweils Verantwortlichen für irgend etwas im Sender zu bestimmen und dann auch noch dessen Kontaktdaten herauszufinden? Sie haben offenbar noch nie eine größere ÖR-Institution von innen betrachten müssen.
Bin ich eigentlich der Einzige, der sich an dem Namen EinsLike an sich stößt, weil es beim WDR noch so einen kleinen, unbedeutenden Radiosender namens Eins Live gibt?
EinsLike wird wohl eine super crazy Abwandlung von dem hippen Teeny-Sender EinsLive sein ;)
Mich nervt dieses Mediatheken-Wirrwarr der ARD gewaltig. Wieso hat jede Anstalt ihre eigene Mediathek, in der sowieso das gleiche wie in der ARD-Mediathek ist?
Warum leitet man dort nicht einfach auf die ARD-Mediathek und ihren Regionalsender-Unterpunkt weiter?
Womöglich würde das sogar auch noch Geld sparen.
Überhaupt könnte man sich vor allem bei der Navigation und Übersicht mal einiges vom ZDF abschauen. So macht man es nämlich richtig.
Auch schön: Ich habe aus Interesse nach der Erwähnung der „Tageswebschau“ mal danach gegoogelt: Der 1. Treffer „www.tagesschau.de/tageswebschau/“ führt zu einem 404er.
off topic:
Schillern musste ich erst mal googeln um es zu verstehen. Ist aber ein sehr schönes Wort. Vielen Dank!!
Werde mich jetzt für einen Job bei der ARD bewerben. Das muss ein Leben sein.
„Wir müssen alle Videos die mit einem Schlagwort versehen sind auf einer Landingpage sammeln und anzeigen. Deadline ist in 5 Jahren“
Die öffentlich rechtlichen sind oft besser als Comedy Serien ala Stromberg und „Parks and Recreation“.
Wenn sie das mal selber merken, können sie über sich selbst sowas drehen und mal junge, hippe Selbstironie an den Tag legen.
Das Problem ist, dass »die ARD« kein Sender ist, sondern eine »Gemeinschaft von Anstalten«, die sich bisweilen eher um sich selbst und einander kreisen, so dass kaum Energie für wirklich wichtige Projekte effektiv genutzt wird. Dann kommt DAS (s.o.) dabei raus: Das Ergebnis von unzähligen Sitzungen und Arbeitskreisen, in denen Leute sitzen, die da schon ziemlich lange sitzen und die sich ihr Wissen von »diesem jungen, Hippen Publikum« angelesen haben. Ich möchte hier eigentlich nicht pauschal urteilen, aber wenn man sich das Ergebnis dieser 5 Jahre Strategietüftelei anschaut, kommt man nicht umhin, genau das zu tun. Es ist so schade…
Jan Metzger hat sich übrigens um die WDR-Intendanz beworben. Soll nicht zufällig heute darüber entschieden werden?
Mit meinen 25 bin ich aus diesem jung™ vielleicht auch schon wieder raus, aber ich habe das Gefühl, dass die ARD die Jungen für ein bisschen doof hält.
Ich kann mir meine Inhalte doch selber suchen…? Und ich werde garantiert nicht etwas gucken, nur weil da jung™ drangetaggt ist. Heißt das im Umkehrschluss, dass ich jetzt keine Politmagazine und Reportagen mehr gucken darf…?
Im Ernst, ich finde sowas einfach unnötig. Wenn die ARD es nicht schafft, im normalen Programm auf diese Inhalte aufmerksam zu machen, dann hat sie ein Problem, das sich so sicher nicht lösen lässt.
Und die Vereinheitlichung/Zusammenführung der Mediatheken wäre echt mal ’ne Idee…
Torsten B:
Den ersten Versuch dafür haben sie ja mit dem „Frühstücksfernsehen“ schon gewagt. Ob Alibi oder nicht…?
Allein der Titel dieser Mediathek, „Einslike“, sagt doch eine Menge aus über die Institution ARD. Zum Beispiel der krampfhafte Versuch, „contemporary“ zu sein und die „Eins“ mit einer Catchphrase aus dem Internet zu verbinden. Insofern: Einsfail hätte da auch – oder gar besser – gepasst.
Ich stelle mir die Namensfindung ungefähr so vor: Da diskutieren die Gremienvorsitzenden über die RB-Vorlage.
Einer: „#jung? Was soll denn das für ein Name sein?“
Ein anderer: „Keine Ahnung. Wer ist denn hier der Jüngste und kann das erklären?“
Betretenes Schweigen. Da fällt der Blick auf die Getränke.
GMVK-Vorsitzende: „Moment mal bitte… *über Telefon* Frau Sowieso, kommen Sie doch mal bitte herein…“
Frau Sowieso tritt ein, mit besorgtem Blick:
„Ist der Kaffee leer? Entschuldigung, ich koche sofort neuen…“
GMVKV: „Nein nein, keine Sorge, Frau Sowieso. Sie machen hier ein Volontariat?“
Frau Sowieso: „Ja, das stimmt.“
GMVKV: „Gut, gut. Wie alt sind Sie?“
Frau Sowieso: „26.“
GMVKV: „Sehr schön. Da Sie ja noch sehr jung sind, werden Sie es uns sicher erklären können: Was hat es mit diesem komischen Zeichen da auf sich?“
Frau Sowieso: „Das ‚#‘? Das ist ein Hashtag. Von Twitter.“
Ein anderer: „Twitter? Ist das dieser komische SMS-Dienst?“
Frau Sowieso nickt, wissend, dass es ohnehin zu kompliziert wäre, das den Anwesenden zu erklären.
Ein weiterer: „Das sind böhmische Dörfer für mich.“
Zustimmendes Nicken aus der Runde.
GMVKV: „Danke, Frau Sowieso, Sie können wieder gehen.“
Noch ein anderer: „Dieses SMS-Haschisch da… das passt nicht zur ARD! Da muss was Hippes hin. Irgendwas mit ‚Eins‘, sonst erkennt ja keiner, dass das eine Mediathek von uns ist.“
Wieder ein anderer: „Ich hab da mal von sowas anderem gehört, da in diesem Internet. Fratzenbook oder so. Da sollen sich viele Leute rumtreiben. Ich musste mal was zur Piratenpartei überprüfen – was für eine Partei das ist, setze ich mal als bekannt voraus…“
Hastiges Nicken und fragende Blicke.
Einer: „‚EinsBook‘ vielleicht?“
Ein weiterer: „Nein, das ist markenrechtlich problematisch.“
GMVKV: „Hat hier jemand dieses Facebook bei sich installiert?“
Noch ein weiterer anderer meldet sich: „Ja, meine Tochter hat das mal auf meinem Telefon installiert. Aber ich komm mit diesem neumodischen Kram nicht zurecht…“
GMVKV: „Dürfen wir mal gucken?“
Sie dürfen. Und entdecken etwas.
Ein anderer: „Hey, sehen Sie mal hier: Ein Daumen hoch. Das ist doch nett. Sowas wollen wir doch für unser Programm. Das sieht hip aus.“
GMVKV: „Und heißt das auch irgendwie?“
Ein anderer: „Ja, Moment …. äääh, ‚Like‘.“
Ratlose Blicke.
Einer: „Ähm, ich glaube, das ist Englisch und heißt ‚Mögen‘.“
Ein weiterer: „Hmmm… Die Leute sollen Eins mögen.. Eins like…“
GMVKV: „Das ist es!“
Ein weiterer: (irritiert) „Wie bitte?“
GMVKV: „Das ist es doch! ‚Einslike‘ !!!“
Einer: „Das ist genial!“
Im Chor: „Das nehmen wir!“
So ungefähr dürfte das wohl abgelaufen sein.
Na ja, ist es nicht vielleicht auch ein wenig piefig, sich derart über den Namen Einslike zu mokieren?
Mir wäre wichtiger, dass so etwas dann auch vernünftig funktioniert. Auch wenn fünf Jahre sehr knapp bemessen sind – aus ARD-Sicht ;-)
Piefig ist es eher, wenn die „Zu meiner Zeit war die Jugend noch nicht so verdorben“-Generation ihrer Nachkommengeneration ein pseudoverjüngtes Programm vorsetzt, weil sie genau zu wissen meint, was Menschen U30 angeblich sehen wollen.
Die (Vor)Urteile junger Menschen über ältere Menschen haben sich in den letzten tausend Jahren offensichtlich auch nicht geändert.
„Jung “ bedeutet doch bei der ARD unter 50
@JJ Preston: [LIKE!]
@polyphem
Entweder gibt es im deutschen Politik- und Medienbetrieb (in Deutschland bei den ÖRs ein und dasselbe) eine eklatante Häufung von Verbiesterten (a.k.a. „Konservativen“) unter den Alten, deren Haltung auf ihre Zielgruppe unter den Alten abfärbt – oder im deutschen Politik- und Medienbetrieb findet sich ein Spiegel der Gesellschaft. Ersterer Fall würde alles erklären, was in der deutschen Medienlandschaft schief läuft.
Schlimm ist doch, dass die Einslike-Verantwortlichen für einen halbgaren „Jugend-Zusammenfassungs-Channel“ so viel Zeit brauchen und dem ganzen noch einen Namen verpassen, der irgendwie nach Facebook und Social Media klingt, nun, wo doch „liken“ ein Wort ist, das alle „Kids“ täglich gebrauchen. Und dahinter noch ein wenig abgerockte, blätternde Mauer legen, ohne zu fragen dem Irrglaube erliegen, alle jungen Erwachsenen hätten Piercings und auffälligen Lippenstift. All dies zeigt doch, dass die Gremienvorsitzendenstellverteterceodirectorchiefofpermanentoutgoingincomes vollkommen ratlos sind in Bezug darauf, wie ÖR-Programme beim Nachwuchs zu platzieren sind. Es wirkt gequält, es werden Klischees en masse bemüht und ein wenig Fremdscham ist wie immer auch dabei.
Es handelt sich hierbei doch eher um eine Lupe als um einen Filter. 5 Jahre hat’s gedauert weil die ARD die jugendlichen Inhalte selbst erstmal suchen musste.
@ Torsten B:
Willkommen auf dem „Lerchenberg“!
Man kann der hier vorherrschenden Meinung ja eigentlich nicht widersprechen. Trotzdem frage ich mich: Hat das denn jemals funktioniert, wenn Erwachsene versucht haben, die „Jugend“ oder das, was sie dafür halten, anzusprechen? Sträubt sich die „Jugend“ nicht per se gegen diese Vereinnahmung?
Der Fehler liegt m. E. eher darin, dass man hinter einer doch recht breiten Altersgruppe eine homogene (Interessen-)Einheit sieht, als darin, dass man Jugend mit Piercing, Pink und Englisch gleichsetzt. Anstatt also einfach ein gutes, vielseitiges Programm zu machen, macht man Sendungen, die mithilfe irgendwelcher komischen Schlagworte, visueller Gimmicks oder sonstiger semantischer Anker krampfhaft auf jugendlich gepolt sind. Die anvisierte Zielgruppe fühlt sich so einfach nicht Ernst genommen.
Wodurch erklärt sich der Erfolg jener Sender, deren Publikum jünger ist. Funktioniert die Ansprache der Jugendlichen von, let’s say, RTL2 wirklich besser? Oder würde man hier nicht auch davon sprechen, dass das alles ziemlich peinlich und gewollt ist? Ist ne ernst gemeinte Frage, ich weiß es nämlich auch nicht.
@ Nessa #33:
Nee, nee; mit ihren 25 Lenzen gehen Sie doch noch als Kind durch. An gleicher Stelle haben wir doch kürzlich gelernt, dass man bei der ARD noch bis 49 als „junger Erwachsener“ gilt (aber erst ab 30, versteht sich).
Ist nicht der eigentliche Witz das man so einen Popanz um einen Filter/Kategorie veranstaltet, statt erst mal bessere und vor allem mehr Inhalte für eine „jüngere Zielgruppe“ zu produzieren? Oder die fünf Jahre zu verwenden herauszufinden was das Publikum denn überhaupt sehen will?
Das was die ARD da als großes Ding verkauft, macht der Verantwortliche für die Webseite normalerweise an einem lauen Nachmittag wenn ihm keiner rein quatscht. Und wenn es gute Inhalte gäbe würden sie auch ohne tollen Filter gefunden werden.
Vielen Dank für diesen sehr amüsanten und überaus treffenden Artikel. Ich habe Einslike und den Artikel hier in meinem Blog auch direkt mal aufgegriffen und komme zu dem gleichen Ergebnis :-) . Finde aber auch, dass dieser wenig ergiebige „Jugendfilter“ im 1980er-Pink-Design zeigt, wie planlos die Öffentlich-Rechtlichen mit dem Thema „Jugendliche“ umgehen. Vielleicht sieht man das aber auch schon daran, dass Jugendliche für die ARD offenbar Zuschauer von „14-30 Jahren“ sind.
[…] Das hat natürlich jeder, den es interessiert, schon gelesen, aber ich finde es zu zum Brüllen, um es nicht zu verlinken: Die ARD hat nun endlich »Neue Angebote für junge Publikumsgruppen erfolgreich eingefordert« […]
[…] Das hat natürlich jeder, den es interessiert, schon gelesen, aber ich finde es zu zum Brüllen, um es nicht zu verlinken: Die ARD hat nun endlich »Neue Angebote für junge Publikumsgruppen erfolgreich eingefordert« […]
Unsere 16jährigen Zwillinge (und deren umfangreiche Freundeskreise) schauen – leider – sehr viel fern. Ihre Geräte empfangen, weil digital terrestisch, nicht besonders viele Sender. Was mich immer wieder überrascht, ist, dass sie die Öffentlich-Rechtlichen nicht im mindesten wahrnehmen. Sie zappen einfach drüber weg, egal, ob ARD, ZDF oder die Dritten. Vollkommen ausgeblendet. Keine Ahnung, wie repräesentativ das Verhalten ist, aber man sollte der Gremienvorsitzendenkonferenzvorsitzenden mal stecken, dass ihr und dem stellvertretenden Gremienvorsitzendenkonferenzvorsitzenden, dem Gremienvorsitzendenkonferenkassenwart, dem Gremienvorsitzendenkonferenzschriftführer, den Gremienvorsitzendenkonferenzbeisitzern und den übrigen Mitgliedern der Gremienvorsitzendenkonferenz das Schicksal der Dinosaurier drohen könnte.
hier noch das fehlende „r“ in „terrestrisch“.
Also nachdem die ARD in diesem Winter gefühlt eine Schrillion mal mit dem Slogen „Warm anziehen!“ bebildert mit offenbar schwer verwirrten Wollfetischisten für ihr Programm geworben hat, ist „Einslike“ dagegen vergleichsweise doch schon eine Sternstunde an innovativ-kreativ-origineller Schaffenskraft ;-).
[…] sind, und dabei manchmal erstaunlich – sagen wir – minimalistische Ergebnisse erzielen. Hier geht es um eine Mediathek für junge Menschen, worunter auch ich etwas anderes verstanden […]
@Sven Glückspilz
Ich bin 28 und mir geht es nicht anders.
Da ist einfach die Erfahrung, dass auf den Sendern nur Müll kommt.
Wenn mal was gutes kommen würde, würde ich es auch nicht bemerken.
Da muss man hier schon vom Tatortreiniger erfahren.
warum schaut mich in den Highlights direkt Inka Schneider/ ZAPP an?
Was hat ZAPP mit jugendlichem Fernsehen zu tun? Das ist doch mittlerweile so verstaubt wie die Lindenstraße.
@Torsten B
Ich gehöre noch zu denen, für die Fernsehen mit zwei Programmen begonnen hat. Solche wie ich mussten umgekehrt lernen, die Fernbedienung zu handhaben. Das ist nicht allen gelungen. Das ZDF ist ja erst 1963 gestartet. Bis dahin gab es nur Ein- und Aus-, nicht aber Umschalten. Viele sind nach dreißig Jahren Privatsender immer noch nicht mit der Werbeunterbrechung versöhnt: die ignorieren umgekehrt alles außer den ÖR’s. Die Frau Gremienvorsitzendenkonferenzvorsitzende gehört vermutlich auch in diese Alterskohorte.
ach da hätte die ARD mal so richtig hip und unevil sein können, indem sie eine Altmake umdeuten und statt „einslike“ eben „eins+“ nehmen. *duck*
Wir jetzt der Rest mit #alt verschlagwortet?
# 58 – You made my day…
[…] http://www.stefan-niggemeier.de/blog/ein-jugendfilter-fuer-die-ard/ […]
Bitte schreiben Sie über SHOW UP!, den neuen Ausbeuterwettbewerb des ZDF. Danke!
Vergesst dieses Einslike, der wahre Jugendmagnet kommt zu großen Sportereignissen in der ARD: Teletwitter! Auf Tafel 777 im Videotext (!) gibts da eine Art Ticker mit den Tweets zum Thema. Und wenn erst das LSR in Kraft getreten ist, lasse ich mich zum Presseverleger machen und hole mir von der ARD die GEZ zurück. Muhahaha!
Wäre toll wenn die Mediathek Sendungen > 7 Tage vorrätig halten würde.
@63 Dann müssen Sie sich an den VPRZ oder die Ministerpräsidenten wenden, an der ÖR Sendern liegt das ausnahmsweise nicht.
Mehr junge Leute wird man auch nicht anlocken können, wenn man Carolin Kebekus wegmobbt. Natürlich stecken wieder die Gremlins dahinter, vermutlich der Rundfunkrat mit seinen „gesellschaftlich relevanten Gruppen“. Oder blinder Gehorsam vor denen. Haleluja!
http://www.dwdl.de/nachrichten/41097/ich_moechte_mich_von_der_sendung_distanzieren/
Also gestern liefen ja Live Übertragungen von „Rock am Ring“auf EinsPlus, was schon mal sehr löblich ist. Jetzt würde ich als junger Mensch aber gerne einen Auftritt von gestern noch mal online ansehen. Dreimal darf geraten werden ob das funktioniert.
@BlueKO (17): Ich habe am 28. Mai mal eine Email an radio@wdr.de geschrieben mit dem Hinweis, in einer CSS Datei einfach mal einen Block auszutauschen, damit man die Überschriften etwas lesbarer hat.
Jetzt, einen Monat später, habe ich nochmal auf die Seite geschaut – und schwupps, man kann es wirklich besser lesen. Man hat zwar nicht meinen Vorschlag angenommen, die Schrift einfach von Weiß nach Schwarz zu ändern, aber man hat immerhin die Hintergrundfarbe der Überschriften zu so einem hellen Braun geändert. Darauf lässt sich eine weiße Schrift deutlich besser erkennen.
Kann natürlich auch sein, dass meine Anregung ignoriert wurde und das Design der Seite turnusmäßig eh‘ grade geändert wurde :-)
@Jens: Die Farbänderung ist mir vor ein paar Tagen auch schon aufgefallen. Ein Zusammenhang mit deiner Mail (oder der Erwähnung hier im Blog überhaupt) halte ich aber für gut möglich.
Vor ein paar Monaten hatte ich die Sache schon mal bei radioforen.de erwähnt. Manchmal wird dort erwähnte Kritik recht schnell von den Sendern wahrgenommen und Fehler korrigiert, weil dort auch Sendermitarbeiter mitlesen und -schreiben. In dem Fall war das aber nicht so.
[…] Worauf ich im Endeffekt hinaus will ist, dass sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen eben wieder mit den jungen Zuschauern vernetzen muss und dafür gibt es heutzutage wesentlich bessere Wege, als die One-to-Many-Kommunikation über einen Fernsehsender. YouTube oder Onlinebewegtbild-Formate, die die drei Säulen des öffentlich-rechtlichen Auftrags Information, Kultur & Bildung sowie Unterhaltung erfüllen, wären doch denkbar. Formate, die aufeinander und den Nutzer eingehen, dabei hohe journalistische Qualität liefern ohne zu langweilen. Dieser Auftrag sollte sich nicht an ein Medium klammern, auch wenn viele Kräfte (Privatsender bis Verlger) genau dafür arbeiten. Junge Menschen einbeziehen, zum Nachdenken über unsere Politik anregen und ihnen beibringen das Netz und die Medien reflektiert für sich zu nutzen, ist etwas das ich mir vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk wünsche. Dazu reicht es nicht, die angestaubte Mediathek mit einem “Einslike-Banner” zu überkleben. […]
[…] Stefan Niggemeier hat in der Vergangenheit immer wieder gefordert, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mehr Programm für Jugendliche macht. […]