Das Sympathische an Schafen ist, dass sie es nicht übertreiben mit der Intelligenz. Sie sind Vizemeister im Auf-der-Wiese-Stehen und Gras-Kauen mit guten Platzierungen in den Disziplinen Hinter-anderen-Schafen-Herlaufen, Herumliegen und Unnötig-in-Aufregung-Geraten. Vor allem glänzen sie aber durch ihr Talent, sich in jedem beliebigen Gelände in ausweglose Situationen zu bringen. Ein Bauer hat mir einmal erzählt, Schafe wollten nur eins: sterben. Kaum drehte man sich um, hätte wieder eines den Kopf so durch ein Gatter geschoben, dass der Hals lebensbedrohlich festhängt. Das klingt unfair und unnötig drastisch, aber im Dritten Programm lief neulich eine Dokumentation über einen großen Schaftreck in Norddeutschland, in der prompt ein Schaf einen ungefähr zwei Zentimeter langen Abhang herunterkugelte, auf dem Rücken landete und in dieser Position liegen blieb, offenkundig überzeugt, dass dies nun sein unabänderliches Schicksal sei.
Das Sympathische an der Serie „Shaun, das Schaf“, die sonntags morgens in der „Sendung mit der Maus“ läuft, ist, dass die Knetschafe hier nur ein bisschen intelligenter sind als im wahren Leben. Die meisten Mitglieder der Herde, die auf einem kleinen Hof lebt, sind vollauf damit beschäftigt, vor sich hin zu kauen, wobei die Augenstellung irgendwo zwischen halb und viertel vor acht darauf hindeutet, dass sich ihr Gehirn in den Stand-By-Modus verabschiedet hat. „Dumm“ wäre das falsche Wort, „genügsam“ trifft es besser.
Das Sympathische an dem Titelheld Shaun schließlich ist natürlich, dass er anders ist. Er ist aufgeweckt, was ein großes Wort ist für ein Schaf. Es ist vermutlich eine Frage des Alters, er hat ungefähr die Rolle eines vorwitzigen und tendenziell hochbegabten Achtjährigen, der die anderen aus ihrer Lethargie reißt. Wobei auch seine Ambitionen angenehm begrenzt sind. Er schmiedet keine großen Ausbruchspläne, plant nicht die Schafrevolution. Er weiß einfach nur, wie man, wenn einem ein Kohlkopf vor die Füße rollt, einen netten Nachmittag mit Gemüsefußball verbringen kann, oder auf Kosten des gutmütigen Wachhundes oder des Bauern seinen Spaß haben kann.
Seit eineinhalb Jahren zeigt die ARD die wenige Minuten langen Geschichten aus dem Haus der Macher von „Wallace & Gromit“. Es sind, vor allem wegen der liebevoll gekneteten Figuren mit ihren unfassbar ausdrucksstarken Augen und Gesichern, Filme, die sich nicht nur Kinder immer wieder ansehen können. Dabei sind die Geschichten, wie ihre Protagonisten, nicht überambitioniert. Sie haben, abgesehen von der Anspielung auf große Filme, oft nicht einmal einen doppelten Boden, eine ironisch gebrochene zweite Ebene für die Erwachsenen. Sie brauchen sie nicht. Ihr Charme und Witz, ihre Liebe zum Detail reicht völlig.
(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Ich fürchte: lief. Waren ja auch nicht so fürchterlich viele Episoden.
Ansonsten habe ich mich beim Lesen gerade Deines ersten Absatzes von meinem Zwei-Zentimeter-Abhang gekugelt und liege noch immer auf meinem Rücken. Vor Lachen, versteht sich.
Psst, die gibt es zum Glück alle in lang auf You-tingsa. ,-)
Stefan, alleine der erste Satz, wunderschön: made my day!
Okay, vergiss die Antwort – trotz Blaubär kommt’s ja nächsten Sonntag wieder. (Erst lesen, dann posten, ich weiß…)
Mögliche Paralellen zwischen „Shaun das Shaf“ und „Wickie und die starken Männner“ sind natürlich rein zufällig. ;)
…und ja: auch ich liebe die Werke der Aardman Studios.
Nett geschrieben – aber, hmm, wie soll ich’s sagen…. wurde vielleicht doch Zeit, dass du wieder aus Northumbria nach Hause zurückkehrst ;-)
Wir sind bekennde Shaun-Liebhaber und haben in der Tat alle bisher erschienenen DVDs erworben. Die gucken wir dann häppchenweise und streiten darum, ob wir noch eine Folge mehr gucken. Oder für den nächsten Tag aufheben.
Meine absolute all-time-Lieblingsfolge ist „Shaun und die Diskothek“. Das absolute HighLight. Wirklich.
Verharre auch (zumindest mental) vor Lachen rücklings auf dem Boden liegend. Ein zwei Zentimeter langer Abhang war nicht nötig, eher ein acht Zentimeter langer Absatz. Gleichwohl ein beachtenswertes Ergebnis.
Noch mehr Scharf-Content?
http://www.nichtlustig.de/toondb/071129.html
„You made my day“
Entgegen anderslautenden Meinungen gibt es Möglichkeiten, seine Wertschätzung von Dingen auch auf Deutsch auszudrücken.
Der Shaun-Artikel hat mir den Tag versüßt :-)
Auf google-video sind mittlerweile auch ein paar Folgen aufgetaucht, aber unter Shawn the Sheep (ein wenig verwirrend). Just dieses WE bin ich auch online auf diese Serie gestossen und habe es genossen meine Zeit mit dieser Serie zu verschwenden. Nun wünsch ich mir ein Knetschaf zu werden, wenn ich groß bin. :)
Nun, viele Menschen übertreiben’s auch nicht mit der Intelligenz, kommen aber dabei nur selten so sympathisch rüber wie Schafe. Vielleicht macht’s hier wirklich der Unterschied zwischen Dummheit und Genügsamkeit? btw ein unterhaltsamer Artikel.
Sind wir nicht alle ein bisschen Schaf?
So schlicht, so schön. Danke für diesen Text.
Meine Kater trampeln genauso wie Shaun, als er durch das Haus von W&G trippelte. Die Erinnerung zaubert immer wieder ein Lächeln auf mein Gesicht (die Kater allerdings auch).
Wunderbar geschrieben. Hat mich daran zurückerinnert wie ich einige Folgen von DVD während dem Zubereiten einer Hochzeitstorte gesehen habe. Kiloweise Puddingfüllung kochen dauert eben… :-)
Und was mich mit am meisten an deinem Artikel freut: Bei all der berechtigten Medienkritik, die es hier zu lesen gibt, ist es schön auch mal gute Beispiele aufgezeigt zu bekommen. Danke.
Ick könnt Dir knutschen für diesen schönen Text. Genau wegen Deiner letzten Sätze schaue ich jede Woche 25 Minuten die Maus (na gut – auch wegen der hübschen Sachgeschichten ;-).
Der Text ist grandios. Hatte beim Lesen ein Dauerschmunzeln auf dem Gesicht. Sehr schhön mit Witz und Worten jongliert… Herrlich! Mehr davon!
Danke für die verblüffenden Gedanken zum Thema Schaf. Sollte vielleicht mal wieder mit zuschauen, wenn mein Sohn die Sendung mit der Maus guckt. Er mag Shaun jedenfalls sehr.
Schließe mich Eullchen an. Bitte mehr davon. Määäääääääährrrrrrr….. :-)
Schon seit ein paar Jahren heißt die Wolle beim Siedler spielen mit meinen Geschwistern „Shaun“. Und zwar völlig zurecht.
Also, äh, das soll Sympathie ausdrücken, falls das so nicht so klar ist. Wir sind Shaunfans.
Bei dem Artikel musste ich an „Glennkill“ denken. Dem wohl berühmtesten Schafskrimi.
„… mit ihren unfassbar ausdrucksstarken Augen und Gesichern“ – das stand doch nicht etwa inklusive dieses Fehlers in der FAS?
(Ich vermute dieser Kommentar übersteht die Zensur nicht, darum nicht mehr Inhalt.)
Wie schön, mal ein lobender Artikel. Dazu noch für ein Programm, dass das Lob wirklich verdient hat. Sehr angenehm, weiter so, mehr davon! :)
(Kleine Anregung: Wie wärs mit einem positiven Artikel über How I met your mother?)
@Valeska: Ich hab’s noch nicht gesehen, aber mein „Fernsehlexikon“-Partner Michael hat’s sehr gelobt: http://www.fernsehlexikon.de/2497/so-lernte-ich-eure-mutter-kennen/
Aaaahhhhh… Ich freue mich grad Halbtot daran dass du den hier hingestellt hast! Ich wollte den aus der FAS kopieren und an Leute schicken… jetzt reicht der Link hier aus, klasse!
Immer wieder genial wie du schreibst!
Rumpelgrüße dalasse
Ich weiss ja nicht ob das wirklich so schlimm steht um die Intelligenz der Schafe. Zumindest dieses hier laesst auf etwas mehr Grips schliessen: Crafty sheep conquer cattle grids.
Armin,
da war er doch gerade im Urlaub. ;-)
[…] in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” vom 7. September 2008, die auch in diesem Blog veröffentlicht wurde, habe ich die Behauptung aufgestellt, dass Schafe „es nicht übertreiben mit der […]
so, habe angeregt durch diesen Artikel jetzt auch endlich Glennkill gelesen und bin auf dem besten Weg zum Schaf-Fan. Mir fehlt bloß noch die passende Wiese zum welche hinters Haus stellen ;-)
[…] Immerhin der Preisträger für das beste Kinder- und Jugendprogramm ist dank Ki.Ka und der Sendung mit der Maus im Ersten auch in Deutschland populär: Shaun das Schaf. […]
Schade, daß in diesem Artikel verschwiegen wird, daß die Ausstrahlungen in der „Sendung mit der Maus“ gegenüber den im Kinderkanal gesendeten Originalfassungen um bis zu einer Minute gekürzt sind.