Der Spiegel
Spitzer, Manfred, deutscher Hirnforscher und der Thilo Sarrazin unter den Psychiatern; spricht in der Pose des einsamen Mahners aus, was die meisten immer schon sagen und meinen: Computer sind Teufelszeug.
Das Gute an Manfred Spitzer ist, dass man sich mit ihm nicht auf das einigen kann, auf das sich alle anderen sonst immer einigen können. Wie viele Diskussionen über Risiken neuer Medien enden mit einem wohlfeilen gemeinsamen Appell, mehr für die Medienkompetenz zu tun, damit junge Menschen lernen, verantwortungsbewusst mit Internet, Handy, Spielkonsole umzugehen? Spitzer aber sagt: „Medienkompetenz ist ein Unbegriff“. Wer nach Medienkompetenztrainings für Kinder rufe, könne im Kindergarten oder der Grundschule auch gleich den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol trainieren.
Die einzige Möglichkeit, die Gefahren der neuen Medien zu minimieren, besteht nach Spitzer darin, uns und unsere Kinder so vollständig wie irgend möglich davon fernzuhalten. Das hat im Vergleich zum alltäglichen und allgegenwärtigen Kulturpessimismus immerhin eine fast erfrischende Radikalität, die sich auch von der damit verbundenen Realitätsferne nicht beirren lässt. Spitzer beginnt sein neues Buch „Digitale Demenz“ mit dem Zitat einer Leserzuschrift: „Herr Spitzer, Sie kämpfen gegen Windmühlen – nein, gegen ganze Windfarmen. Machen Sie bitte weiter!“ Es ist nicht ganz klar, ob ihm die Ironie des Vergleichs mit Don Quijote bewusst ist.
Ohnehin lässt sich der größte Gewinn aus der Auseinandersetzung mit Spitzer und seinen Thesen schlagen, wenn man ihn als als anschauliche Warnung vor einer wahnhaften Fixierung nimmt. Er ist so überzeugt vom Ziel seiner Argumention, dass ihm jeder Weg recht ist, es zu erreichen, egal wie oft er dazu aus der Realität abbiegen muss.
Er vergleicht den Medienkonsum mit dem Autofahren: Das sei ja auch erst ab 18 erlaubt. Und zwar deshalb, suggeriert Spitzer, weil nur Erwachsene in der Lage sind zu erkennen, dass es schädlich ist, nicht zu Fuß zu gehen, und deshalb, wenn sie verantwortungsbewusst sind, zwischendurch joggen gehen.
Er antizipiert den Einwand von Kritikern, es gebe die von ihm diagnostizierte „Digitale Demenz“ gar nicht, und pariert ihn dadurch, dass schon eine Google-Suche das Gegenteil beweise: Dort gebe es tausende Treffer für den Suchbegriff. Man kann nur hoffen, dass Spitzer nie nach „Rosa Elefanten“ googelt.