Der Spiegel
Presserabatt, der: unproblematische Sonderbehandlung von Journalisten, die sich von Sonderbehandlungen nicht beeinflussen lassen.
Es ist leicht, das Journalistenleben zu romantisieren. Dabei ist es oft ein Fluch. Allein diese ganzen Privilegien!
Internetseiten wie Pressekonditionen.de bieten einen eindrucksvollen Einblick, welchen Zumutungen man sich aussetzen muss, nur weil man mit seiner Familie für 25 Prozent weniger in den Urlaub fliegen will. Es sind erschütternde Zeugnisse von verschwendeten Leben in Warteschleifen, emotionale Schicksalsberichte über nicht erfüllte Sonderwünsche bei der Platzwahl im Flugzeug.
Man kann hier leicht den Eindruck bekommen, dass die Hälfte der Pressestelle von Air Berlin nur damit beschäftigt ist, vergünstigte Tickets für Journalisten auszustellen. Und die andere Hälfte damit, Reklamationen zu beantworten und geduldig zu erkären, dass es zwar die tolle kostenlose Pressekarte mit besonderen Vorzügen nicht mehr gibt, aber das Angebot, die „Card Silver“ mit ähnlichen Vorteilen zu kaufen, auch noch ein besonderes Entgegenkommen darstellt. „Sehr kundenunfreundlich“, nennt ein Andreas im Forum das.
Schon als Air Berlin vor zwei Jahren beschloss, den Rabatt von 50 Prozent auf 25 zu halbieren, erkaltete die Beziehung vieler Profirabattnehmer zu der Fluggesellschaft. Manche scheinen seitdem die Sonderangebote nur noch widerwillig in Anspruch zu nehmen. Man mag sich nicht ausmalen, wie viele freundliche Erwähnungen von Air Berlin in Artikel-Nebensätzen seitdem weggefallen sind.
Die Sorge muss sich die Deutsche Bahn zum Glück mangels freundlicher Erwähnungen nicht machen. Insofern dürfte ihr die Entscheidung leicht gefallen sein, demnächst keine Journalisten-Bahncard zum reduzierten Preis mehr anzubieten. Sicherheitshalber nutzte sie dafür den Windschatten der Debatte um Christian Wulff, in der manche Journalisten beim Echauffieren über Vergünstigungen, die der ehemalige Bundespräsident angeblich in Anspruch nahm, so dicke Backen machten, dass man mit dem ganzen Wind von Berlin nach Hannover fliegen könnte.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) wies die Forderung der Anti-Korruptionskämpfer „Transparency International“ nach einem generellen Verzicht auf Presserabatte zurück. Sein Sprecher sagte, das sei „Sache eines jeden Journalisten, ob er Presserabatte annimmt oder nicht. Da bedürfen wir keiner Belehrung durch andere Organisationen.“ Auch was Transparenz und Selbstkritik angeht, pochen Journalisten auf Rabatt.