Berlin. Das Kollektiv des FAZ.net-Fersehblogs hat auf seiner jährlichen Vollversammlung eine positive Bilanz des abgelaufenen Blogjahres gezogen. Bei der Zusammenkunft, die in diesem Jahr erstmals an einem historischen Ort stattfand, in einer Gartenlokalität der Nähe der ehemaligen Berliner Grenze zwischen den Stadtteilen Treptow und Kreuzberg, wurde bei zunehmend besserer Stimmung auch wieder das begehrte Bier ausgeschenkt. Die beiden Anwesenden gratulierten sich gegenseitig zu ihren gelungenen Beiträgen und zitierten Lieblingspointen aus ihren eigenen Texten. Die hohe Qualität der Einträge sei auch in Zukunft eine zentrale Voraussetzung für die Qualitätssicherung, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Nur so könne die Position des FAZ.net-Fernsehblogs als führendes Fernsehblog auf FAZ.net gewährleistet werden. „Der überragende Erfolg zeigt, dass es richtig war, den Forderungen nach einer stärkeren Berücksichtigung von Koch-Themen oder gar Hochkultur nicht nachzugeben“, betonten die Verantwortlichen und wiesen darauf hin, dass man so jung vermutlich auch nicht mehr zusammenkommen werde.
Und damit zu einem ganz anderen Thema.
In Hamburg fand gerade das jährliche ARD-Inlandskorrespondententreffen statt, bei dem erneut die „Tagesthemen-Awards“ für die besten Nachrichtenbeiträge verliehen wurden. Die besten Nachrichtenbeiträge der ARD, natürlich, wobei aus Sicht des Senderverbundes vermutlich das eine mit dem anderen eh identisch ist. Nun ist so eine interne Preisverleihung sicher eine schöne Sache, als Ansporn und Anlass, über die eigene Arbeit nachzudenken. Für die ARD scheint es aber auch so etwas wie die jährlichen Ernte- und Produktionssoll-Erfüllungsmeldungen der „Aktuellen Kamera“ des DDR-Fernsehens zu sein.
In einer Pressemitteilung des NDR heißt es:
Die Chefredakteure von ARD-aktuell, Dr. Kai Gniffke und Thomas Hinrichs, lobten das große Engagement der Kolleginnen und Kollegen in den Landesrundfunkanstalten und den Auslandsstudios. Die hohe Qualität der Beiträge seien Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Kurs der letzten Jahre.
Das ist keine Selbstverständlichkeit. Im Vorjahr zum Beispiel musste Herr Gniffke noch auf seinen Doktortitel und die weibliche Belegschaft auf ihre Erwähung ganz verzichten. Damals verlautbarte der NDR:
Die Chefredakteure von ARD-aktuell, Kai Gniffke und Thomas Hinrichs, lobten das große Engagement der Kollegen in den Landesrundfunkanstalten und den Auslandsstudios. Durch die hohe Qualität der Beiträge seien die Tagesthemen auch weiterhin erfolgreichem Kurs.
Nun gibt es aber nicht nur ARD-aktuell-Chefredakteure, sondern auch einen ARD-Chefredakteur. Was mag der sagen zur Qualität der Arbeit der „Tagesthemen“?
ARD-Chefredakteur Thomas Baumann würdigte die herausragende Qualität insbesondere der politischen Berichterstattung, die mehr als zwei Drittel der täglichen Sendezeit ausmache und die für die Glaubwürdigkeit der ARD von fundamentaler Bedeutung sei.
Oh, Verzeihung, das war seine Einschätzung im vergangenem Jahr. In diesem Jahr fällt sein Urteil wie folgt aus:
ARD-Chefredakteur Thomas Baumann würdigte die herausragende Qualität insbesondere der politischen Berichterstattung, die mehr als zwei Drittel der täglichen Sendezeit ausmache, und die für die Glaubwürdigkeit der ARD von fundamentaler Bedeutung sei.
Nun täte man den mehreren Dutzend Verantwortlichen in der ARD-Chefredaktion in München, bei ARD-aktuell in Hamburg, bei der ARD-Generalsekretärin in Berlin, in der NDR-Pressestelle und in der NDR-Intendanz, von denen die Erfolgsmeldung vermutlich abgesegnet werden musste, unrecht, wenn man so täte, als hätte da jemand einfach die Leerfloskeln vom letzten Jahr wiederholt (als Fanal gegen sinkende Gebühreneinnahmen, womöglich). Nein, im vergangenen Jahr erklärte der Zweite Chefredakteur Hinrichs den angeblichen Quotenerfolg seiner Sendung noch so:
„Gerade wenn man an einer seriösen Berichterstattung festhält, die Abstand nimmt vom süßen Gift der Boulevardisierung, ist man angewiesen auf erstklassig gestaltete Filmbeiträge“, so Thomas Hinrichs.
Der Einsatz einer Metapher galt angesichts des Legitimationsdrucks, unter dem die Öffentlich-Rechtlichen stehen, in diesem Jahr offensichtlich als zu kontrovers. Deshalb heißt es diesmal nur:
„Die Zuschauer haben Interesse an fundierten, seriösen Informationen. Eine Boulevardisierung von Nachrichten lehnen wir daher ab. Öffentlich-rechtlicher Informationsjournalismus muss erklären, einordnen und Orientierung geben,“ so Hinrichs.
Und darf, das fügen wir hinzu, keine Angst haben, sich zu wiederholen, prawdaeske Pressemitteilungen zu veröffentlichen und sich vollständig lächerlich zu machen. Übrigens: „Mit Witz und Charme führte die ARD-Moderatorin Linda Zervakis durch den Abend.“ Aber auch das wussten Sie ja schon.
Nachtrag, 5. Juli. Die Erfolgsmeldung ist heute nun auch – vermutlich entsprechend dem Fünf-Jahres-Jubel-Plan – im „Tagesschau“-Blog veröffentlicht worden. Dort kann man sich auch die ausgezeichneten Beiträge ansehen.