Der Norddeutsche Rundfunk hat seine ausführliche, schwärmerische Berichterstattung über ein neues Schiff des von ihm seit Jahren werblich-wohlwollend begleiteten Kreuzfahrtunternehmens „AIDA Cruises“ verteidigt. In einem Kommentar in diesem Blog weisen Fernseh-Chefredakteur Andreas Cichowicz und Norbert Lorentzen, Fernsehchef im Landesfunkhaus Kiel, den Vorwurf der Schleichwerbung sowie nicht näher genannte „weitere Unterstellungen“ zurück. Sie schreiben:
„Traumschiffe beflügeln die Phantasie – das gilt auch ein bisschen für Ihren blog-Artikel. Die Zitate, die Sie von mir verwenden, bezogen sich auf die Live-Übertragung einer Schiffstaufe bzw. einer halbstündigen Zusammenfassung. Im Fall der AIDAsol hat es weder eine Live-Sendung noch eine längere Programmstrecke im NDR Fernsehen gegeben. Daran, dass ich besonders darauf achte, dass werbliche Effekte möglichst vermieden werden, hat sich nichts geändert. Ebenso wenig geändert hat sich auch an der Tatsache, dass ich ausschließlich die Sendungen der Zentrale in Hamburg verantworte, die Landesmagazine aber in der Verantwortung der jeweiligen Fernsehchefs in den entsprechenden Landesfunkhäusern stehen. Für das Schleswig-Holstein-Magazin ist dies Norbert Lorentzen in Kiel.
Im Norden erfreuen wir uns an Kreuzfahrtschiffen. Sie sind nicht nur schön anzuschauen, sie sind auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor an der Küste, insbesondere für die Landeshauptstadt Kiel. 300.000 Menschen aus aller Welt kommen auf diese Weise in jedem Jahr nach Schleswig-Holstein. Eine Zahl, die sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt hat. Mit 14 Mio. € profitiert das Land von dieser Entwicklung. Auch das war Gegenstand und Anlass für unsere Regionalberichterstattung. Wenn mehrere zehntausend Besucher zu einer Schiffstaufe kommen, dafür zum Teil lange Anfahrtswege in Kauf nehmen und vollauf begeistert sind, dann können wir ein solches Ereignis nicht schlichtweg ignorieren. Wir haben deshalb über die Taufe der AIDAsol angemessen, professionell und in großer Unabhängigkeit berichtet – und zwar aus der Perspektive der Besucher, nicht aus der des Veranstalters.
Wie heißt es dazu in einem der Kommentare Ihres Blogs: ‚Also rein vom Journalistischen her kann man dem NDR da keinen Strick draus drehen.‘
Den Vorwurf der Schleichwerbung, wie er im Blog vereinzelt geäußert wird, und andere Unterstellungen weisen wir mit aller Entschiedenheit zurück. Und im Übrigen ist Ihre Behauptung, dass nicht bekannt ist, ob ein NDR Kamerateam für eine Reportage an Bord ist, falsch. Eine solche Sendung ist nicht geplant. Hätten Sie gründlich recherchiert und uns gefragt, wäre es auch Ihnen bekannt gewesen.
Und im Übrigen: Dass auf der faznet-Seite u.a. auch ein Artikel über Traumyachten, tollen Luxus und die Nobiskrug-Werft in Rendsburg (Schleswig-Holstein), die diesen Luxus produziert, zu finden ist, zeigt, dass wir mit unserer Berichterstattung im NDR fernsehen über maritime Themen nicht völlig falsch liegen …“
In Wahrheit hatte Andreas Cichowicz seine Aussage „Wir zeigen nicht jedes neue Schiff“ im Fernsehblog-Interview keineswegs auf Live-Übertragungen oder Zusammenfassungen von mindestens dreißig Minuten Länge beschränkt. (Die Ausgabe von „Schleswig-Holstein 18:30“, die das NDR-Fernsehen vor eineinhalb Wochen den attraktiven Annehmlichkeiten auf dem neuen AIDA-Kreuzfahrtschiffes widmete, war nur 15 Minuten lang.)
Natürlich darf und soll der NDR über eine Schiffstaufe berichten, zu der mehrere zehntausend Menschen kommen. Warum bereits die Tatsache, dass einige Passagiere in Betten lagen, in denen vorher noch nie jemand gelegen hatte, Tage zuvor einen Nachrichtenwert für die Regionalmagazine des NDR hatte, lassen Cichowicz und Lorentzen hingegen offen.
Und weil es so schön und phantasiebeflügelnd war, hier noch ein einmal der Blick auf den Versuch des NDR, in nicht weniger als fünf Sendungen über das Schiff und seine Taufe werbliche Effekte zu vermeiden: