Roland Pimpl, der Hamburg-Korrespondent der Medien- und Marketing-Fachzeitung „Horizont“, hat in der vorigen Ausgabe ein flammendes Plädoyer geschrieben gegen die „Missachtung dessen, was Verlage eigentlich so machen“.
Er staunt, dass Autoren wie „Don Alphonso“, Thomas Knüwer und ich uns angeblich „stets mit Furor an der Verlagswirtschaft abarbeiten“, aber „dann, wenn’s ums Geldverdienen geht, nun doch gerne mal an eines dieser ewiggestrigen Häuser binden“. Er lobt, was die Verlage alles tun und wie sie die Aufmerksamkeit für unsere Texte und unsere Einnahmen erhöhen. Und damit hat er auch nicht grundsätzlich Unrecht, außer dass er so tut, als täten die Verlage das uneigennützig und nicht, weil es ihr Geschäft ist.
Pimpl folgert daraus, dass es richtig und gerecht und notwendig ist, dass die Verlage ein eigenes Leistungsschutzrecht bekommen. Und dass sie auch in Zukunft einen Teil des Geldes bekommen, das zum Beispiel die Hersteller von Kopierern und Betreiber von Copy-Shops dafür zahlen müssen, dass urheberrechtlich geschützte Inhalte auf ihren Geräten vervielfältigt werden.
Diese pauschalen Vergütungen sammelt die Verwertungsgesellschaft VG Wort ein und schüttet sie an die Urheber aus — gibt aber einen erheblichen Teil (bei der sogenannten „Reprographieabgabe“ 30 Prozent) vorher an die Verlage weiter. Diese Praxis hat das Landgericht München in einem (noch nichts rechtskräftigen) Urteil vor einigen Monaten in Frage gestellt.
Roland Pimpl schreibt nun in seinem Plädoyer für die Verlage, dass es aufgrund ihrer Leistungen, von denen auch der Autor profitiert, „nur recht und billig ist, dass ebenso die Verlage an VG-Wort-Ausschüttungen beteiligt werden“
Denn, nur noch mal zur Erinnerung: Kein Autor, kein Journalist, kein Schreiber muss einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abschließen. Man kann auch auf eigene Faust nach Zweitnutzungen seiner Texte fahnden und Tantiemen eintreiben — dann würde der Verlag erstmal außen vor bleiben. Und, nochmals, man muss auch nicht für einen Verlag schreiben, sondern kann auch seine eigene Website betreiben — und dann alle Inhalte großherzig und netzweltig zum Kopieren freigeben. Viel Spaß mit diesem Geschäftsmodell, liebe Kollegen!
Der Schluss ist natürlich reine Polemik. Aber die Sätze davor zeugen von erschreckender Ahnungslosigkeit.
Man kann als Urheber eben nicht auf eigene Faust die Vergütungen für das Kopieren seiner Texte etwa in Copy-Shops eintreiben. Das ist auch nicht, wie Pimpl auf meine Nachfrage behauptet hat, bloß eine Frage der Praktikabilität, sondern des Gesetzes.
Im Urheberrechtsgesetz heißt es in Paragraph 54h:
Die Ansprüche nach den §§ 54 bis 54c, 54e Abs. 2, §§ 54f und 54g können nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.
Zu den genannten Ansprüchen gehören die Vergütungen für Hersteller und Betreiber von „Speichermedien“ wie Kopierern.
Um es mit der VG Wort selbst zu sagen:
Der Vergütungsanspruch der Urheber für Vervielfältigungen ihrer Werke zum privaten und eigenen Gebrauch ist im UrhG (§§ 54 – 54 h) geregelt.
Der Vergütungsanspruch kann allerdings nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Hier beginnt die Zuständigkeit der VG WORT. Sie legt die Vergütungshöhe fest, stellt Tarife auf und schließt Gesamtverträge mit den Verbänden der Vergütungspflichtigen ab.
Ich kann die mir als Urheber (und nicht dem Verlag) zustehenden Vergütungen also nur bekommen, wenn ich einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abschließe. Dann muss ich aber in Kauf nehmen, dass die VG Wort einen Teil des mir als Urheber (und nicht dem Verlag) zustehenden Geldes an die Verlage weiterreicht.
Dem Hamburg-Korrespondenten der Medien- und Marketing-Fachzeitung „Horizont“ scheint das nicht bekannt zu sein. Auch auf meinen Einspruch hin wiederholte er in verschiedenen, aber gleichermaßen falschen Variationen:
Sie als Autor müssen keinen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abschließen, sondern Sie können Ihre laut Gesetz Ihnen als Urheber zustehenden Vergütungen auch alleine eintreiben. Das heißt: Bei allen Copyshops kontrollieren, wer Ihre Texte kopiert und Ihre Ansprüche geltend machen. (…) Mir ist schon klar, dass das kaum praktikabel ist, weil die Transaktionskosten für jeden einzelnen Autor höher sind als die zu erwartende Vergütung. Für eine saubere Diskussion ist es aber wichtig festzuhalten: Es ist (de jure) möglich – aber eben ineffizient. (…)
Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, ob es „gerecht“ ist, dass die Verlage einen Teil der Einnahmen abbekommen, wenn Autoren freiwillig (!) die VG Wort mit der Wahrnehmung ihrer Rechte betrauen. (…)
Unabhängig davon, wie man zum Leistungsschutzrecht und zur Verlagsbeteiligung an den Ausschüttungen der VG Wort steht, ist Pimpls Argumentation sachlich falsch.
Nun hätte ich mich daran vermutlich nicht so abgearbeitet, wenn der Axel-Springer-Oberlobbyist Christoph Keese, der in seiner Freizeit für seinen Arbeitgeber bloggt, diesen Artikel nicht stolz zweitveröffentlicht hätte. Weil Pimpls „pointierter Text“ nach seiner Meinung „illustriert, was Verlage tun und welchen Beitrag in der Wertschöpfungskette sie erbringen“.
Keese hatte schon im März dieses Jahres zunächst falsch behauptet: „Geräte- und Kopierabgaben fließen nur den Autoren zu, nicht den Verlagen.“
Und nun veröffentlicht er diesen Text mit diesem zentralen sachlichen Fehler. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder hat Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer „Public Affairs“ der Axel-Springer-AG, keine Ahnung, wie die VG Wort funktioniert. Oder er schreckt nicht davor zurück, die Unwahrheit zu verbreiten, wenn sie der Sache seines Verlages und der Verlage insgesamt dient.
Bezeichnend ist doch, dass die wenigsten großen Verlagswebseiten ein Pixel der VG Wort eingebaut haben. Wären die ja auch schön blöd, dann würden die echten Urheber ja Geld bekommen…
Ach, es ist alles so lächerlich…
@Stefan Niggemeier: Danke für das korrekte Zitieren des Urheberrechtsgesetzes (bitte nicht verwechseln mit der Selbstdarstellung der VG Wort). Dort – im Gesetz – steht: Die Ansprüche „… können nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.“ Das ist eine Formvorschrift, mehr nicht. Denn da steht NICHT: nur durch die VG Wort. Mit anderen Worten: Die VG Wort mit ihrer konkreten Vertragsausgestaltung (Teil-Ausschüttung an die Verlage), die Sie so kritisieren, hat KEIN Monopol. Autoren und anderweitig Bewegte könnten also eine alternative Verwertungsgesellschaft gründen, andere (oder keine) Ausschüttungsverträge mit den Verlagen vereinbaren und um Autoren werben, dort – und nicht mit der VG Wort – ihre Wahrnehmungsverträge abzuschließen. Tatsächlich gibt es ja jetzt schon andere VGs, etwa die PMG. Noch mal: Der Weg der Gründung anderer VGs ist wenig praktikabel – aber möglich. Und ich kann mich nicht erinnern, zur Unterschrift unter den Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort gezwungen worden zu sein.
Vielleicht hätten sie vorher mal den Anwalt ihres Vertrauens fragen sollen. Dieser Artikel zeigt dass sie das Gesetz nicht wirklich verstanden haben. Ich jedenfalls kann keinen Fehler in sachlichen Argumentation von Herrn Pimpl erkennen, jedoch scheinen Sie zu glauben, dass NUR die VG Wort diese Rechte geltend machen könnte.
@Roland Pimpl: Sie haben nicht geschrieben, dass ich mit anderen eine neue Verwertungsgesellschaft gründen könnte. Sie haben explizit geschrieben:
Und auf Nachfrage wiederholt:
Nein. Kann ich nicht. Ich brauche dafür eine Verwertungsgesellschaft.
@Roland Pimpl: Und die PMG ist nach eigener Auffassung gerade keine Verwertungsgesellschaft. Wäre sie eine, bräuchte sie eine Erlaubnis des Deutschen Patent- und Markenamtes, die sie nicht hat, vgl. http://www.urheberrecht.org/news/m/Schlagworte/s/Elektronische+Pressespiegel/p/1/i/793/
Jemand aus dem Hause Springer verbreitet die Unwahrheit? Also das ist mir nun doch ein wenig weit hergeholt!
@wonko: Das halte ich auch für eine gewagte These. Zumindest in der „Bild“ hätte man da ja mal merken müssen… Einigen wir uns darauf, dass er keine Ahnung hat. Wer würde das bestreiten wollen?! ;-)
Ich sitze immer wieder staunend vor dem Bildschirm, wie nach so vielen Jahren des Internets es immer noch Leute gibt, die unter Ihrem Klarnamen derartig offensichtlich ihre Ahnungslosigkeit zur Schau stellen wie Herr Pimpl, als wäre es bei der schieren Masse der Nutzer nicht völlig utopisch zu glauben, es käme schon keiner mit Ahnung vorbei und würde den Stuss entlarven. Man muss doch merken, wenn man zum LSR zwar eine Meinung hat, sich aber eigentlich noch nicht besonders mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auskennt?
Die Argumentation kann man doch wunderbar umdrehen…
„Er lobt, was die Suchmaschinen alles tun und wie sie die Aufmerksamkeitfür die Texte der Verlage und ihre Einnahmen erhöhen.“
„Er folgert daraus, dass es richtig und gerechnet und notwendig ist, dass die Suchmaschinen ihr eigenes Vergütungsrecht bekommen. Und dass sie auch in Zukunft einen Teil des Geldes bekommen, das zum Beispiel die Hersteller von Kopierern dafür zahlen müssen, dass sie irgendwo Werbung treiben dürfen.“
„Und, nochmals, man muss auch nicht seine Inhalte für eine Suchmaschine freigeben, sondern kann auch seine eigene Suchmaschine betreiben – und dann alle Suchergebnisse großherzig und netzweltig zum Ansehen freigeben. Viel Spass mit diesem Geschäftsmodell, liebe Kollegen.“
„Sie als Webseitenbetreiber müssen keinen Crawling-Vertrag mit Google abschließen, sondern Sie können Ihre Besucher auch alleine auftreiben. Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, ob es gerecht ist, dass die Verlage einen Teil der Einnahmen abbekommen wollen, wenn Verlage freiwillig Google mit der Indizierung der eigenen Inhalte betrauen.“
@Roland Pimpl:
„Noch mal: Der Weg der Gründung anderer VGs ist wenig praktikabel – aber möglich.“
Ich reibe mich immer wieder daran, wenn jemand probiert, mit Zusätzen wie „Noch mal“ oder ähnlichem zu suggerieren, das nun Gesagte sei eine Wiederholung vorangegangener Äußerungen. Herr Pimpl, dieses „Noch mal“ Gesagte ist eine Erstäußerung. Vorher sprachen Sie vom eigenständig eintreibenden Autor.
Was bleibt? Herr Niggemeier hat ihren Argumentationsfehler entdeckt, sachlich angesprochen und korrigiert. Da darf man dann auch gerne mal Eier in der Hose haben und zurückrudern.
@Christoph:
Auch wenn ich bei der ganzen Diskussion ganz sicher nicht auf Seiten der Verlage stehe, ich sehe bei diesem einen Argument im Grunde schon den Herrn Pimpl im Recht. Theoretisch wäre es doch denkbar, dass jeder Auto seine eigene Verwertungsgesellschaft gründet dann durchaus die Gebühren persönlich (persönlich im Sinne einer physischen Person, nicht rechtlichen) eintreibt.
Oder?
@Stefan Niggemeier
@Christoph
Wenn Sie meine Ursprungstexte lesen, dann erkennen Sie, dass es mir um etwas ganz anders ging (ich wiederhole das jetzt nicht mehr). Die Frage, WIE die Formvorschriften (VG-Gründung, Anmeldung, und sicher muss man auch alles per Einschreiben verschicken), lauten, mit denen Autoren ihre Rechte durchsetzen können, die ist, finde ich, zweitranging.
Anderes Beispiel: Ich behaupte, jeder hier in diesem Land darf ein Unternehmen gründen und grundsätzlich Auto fahren, falls er über 18 Jahre alt ist.
Jetzt werden Sie wohl sagen: „Falsch! Man muss ein Gewerbe anmelden und den Führerschein machen.“
Tja, was soll ich da noch sagen: Sie haben total Recht.
@ Mathias (#11): Selbst wenn ein Autor eine Ein-Mann-VG gründet (mal angenommen, das sei rechtlich möglich, da kenne ich mich nicht aus) und dann selbst durch die Copyshops patroulliert um zu prüfen, ob da jemand seine Texte kopiert, würde er eben nicht in seiner Eigenschaft als Autor und Urheber dort auftreten, sondern als Vertreter der zuständigen Verwertungsgesellschaft. Das ist rechtlich nicht dasselbe, auch wenn er beide Posten in Personalunion ausfüllt.
Außerdem hatte Her Pimpl ursprünglich nicht von einer Ein-Mann-VG gesprochen. Das mit der eigenen Verwertungsgesellschaft hat er, soweit ich das nachvollziehen kann, erst später nachgeschoben. Vielleicht hat er von vornherein an so eine alternative VG gedacht, aber geäußert hatte er das zunächst nicht, auch nicht, als er konkret auf diesen sachlichen Fehler angesprochen wurde.
Lieber Herr Niggemeier, die Verwertungsgesellschaften sammeln die Vergütungen ein, die die Schrankenregelungen des Gesetzes vorsehen. Die Schranken schränken aber nicht nur das Urheberpersönlichkeitsrecht ein, sondern insbesondere die Nutzungsrechte. Weil die Urheber in der Regel die Nutzungsrechte an Verlage (oder andere Verwerter) übertragen haben, greift die Schranke in die Rechte von Urheber und Verlag ein (erkennbar auch am drei Stufen Test), weshalb die Vergütung ohne jeden Zweifel auch beiden zusteht. Das wurde in der VG Wort meines Wissens noch nie von den Autorengremien bezweifelt. Man streitet sich, ob die Verteilung 50:50 oder 60:40 oder 40:60 sein soll.
Sachlich ist aber Ihre Aussage, die Tantiemen stünden in Wahrheit ausschließlich den Urhebern zu und die Verlage verschaffen sich hier unrechtmäßig einen Anteil falsch.
Man müsste also (die Aufklärung des Pimplschen Petitesse einmal beiseite gelassen) die Überschrift Ihres Beitrags abändern in „Im Kampf gegen die Verlage und gegen die Wahrheit“.
„Der Weg der Gründung anderer VGs ist wenig praktikabel – aber möglich.“
Ich find es toll wie Leute sowas selber feststellen, das aber trotzdem als (Schein)Argument verwenden. Wenn meine Möglichkeiten „wenig Praktikabel“ (also mir quasi nichts bringen oder in einem schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen) sind macht es keinen Sinn für mich diese Wahrzunehmen.
@14 Matthias Ulmer
Wo schreibt SN denn das?
@Mathias #11
Mein Kommentar bezog sich nur am Rande auf den Inhalt des Themas. Das wiederum hat Kommentar #15 sehr gut auf den Punkt gebracht.
@Roland Pimpl
Innerhalb einer sachlichen Diskussion muss es immer jemanden geben, der auf die These
„… jeder hier in diesem Land darf (…) grundsätzlich Auto fahren, falls er über 18 Jahre alt ist.“
mit
„Falsch! Man muss (…) den Führerschein machen.»“
antwortet.
@Matthias Ulmer:
„Ohne jeden Zweifel“ im Sinne von: außer den Zweifeln, die das Landgericht München in seinem Urteil gegen die VG Wort ausgedrückt hat, und außer den Zweifeln, die sich aus der Luksan-Entscheidung des EuGH ergeben?
Vielleicht ist es juristisch nicht richtig, so zu argumentieren, es macht den Unterschied aber klar: für Gesetzgeber, Urheber, Verwerter bestehen keine Zweifel daran, dass die angemessene Vergütung aus Schranken Urhebern und Verwertern zusteht. Das bestätigt sich in jedem Gesetzgebungsverfahren, in dem der Drei Stufen Test fragt, in wie weit eine Schranke in die primären Verwertungsrechte eingreift, das bestätigen Bereichsausnahmen bei Schranken, das bestätigen zahllose Tarifverhandlungen zwischen öffentlicher Hand auf der einen und Vertretern von Urhebern und Verwertern auf der anderen Seite oder auch die Formulierungen im Gesetz für die Verwertungsgesellschaften.
Dass Herr Vogel in der Novelle des Urhebervertragsrechts eine Änderung einschummelte, die erst niemandem aufgefallen war (die übrigen Probleme dieser Novelle waren und sind ja schon groß genug), sondern dass in der Folge, nachdem Vogel alle Welt darauf hingewiesen hat das von allen kopfschüttelnd ignoriert wurde zeigt, dass Vogels Lesart zwar im Wortlauf steckt, in der Intention des Gesetzgebers aber nicht. Und offensichtlich war es jahrelang auch nicht die Lesart von Urhebern oder Autoren. Da musste Vogel schon selbst klagen, damit seine Intention aufgegriffen wird. Das LG hat – das kann man einem LG nicht verdenken – sich an den Wortlaut gehalten.
Dass das Patentamt jetzt stumm bleibt zeigt (in meiner Interpretation), dass man auch dort (und verwerterfreundlich war man da in den letzten Jahren bestimmt nicht) die vogelsche Lesart nicht teilt, aber sieht, dass der Wortlaut das hergibt.
Der offensichtliche Formulierungsfehler wird in einer der nächsten Novellen (vermutlich) korrigiert. Bis dahin kann man nun streng nach Vogel gehen, was Chaos produziert und vermutlich die Ausschüttung an Verlage steigert, während die an die Urheber sinkt, weil eben im Bereich Fachzeitschriften, Wissenschaft, Fachbuch, Ratgeber etc. die Berechtigung nach vogelscher Lesart vermutlich eher beim Verlag liegt und nur in der Belletristik und im Sachbuch sie eher beim Autor ist, was aber umsatzmäßig der kleinere Teil ist.
Oder man versucht die Umsetzung der Konsequenz aus dem Urteil des LG solange zu negieren, bis der Formulierungsfehler korrigiert ist, was klüger, pragmatischer und angemessener wäre und was scheinbar das Patentamt und die Gremien der VG Wort auch befürworten.
Wie auch immer: aber dass die Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften den Verlagen zu Teilen gar nicht zustehen, das erkenne ich in dem gesamten Verfahren nicht.
Ich möchte an dieser Stelle auch mal einen Link auf eine Printveröffentlichung zu dem Thema „posten“ und auf die nicht völlig uninformative vorletzte Ausgabe der brandeins hinweisen:
http://www.brandeins.de/magazin/digitale-wirtschaft.html
Roland Pimpl:
„Autoren und anderweitig Bewegte könnten also eine alternative Verwertungsgesellschaft gründen“
Ja klar, „auf eigene Faust“, wie wir lesen durften.
Das ist so absurd wie „wer was gegen ARD und ZDF hat, kann ja einen eigenen öffentlich-rechtlichen Sender gründen“. Verwertungsgesellschaften stehen unter der Aufsicht des Patent- und Markenamtes, müssen hohe Anfangshürden überwinden und sind häufig wirtschaftliche Vereine kraft Verleihung.
Wer sich mit der Materie nur ein bisschen auseinander gesetzt hat, weiß, dass Ihr Ansatz völliger Blödsinn ist.
Alelrdings Blödsinn, der der Leserschaft wahrscheinlich entgegenkommt. Horizont ist ja durchaus auch ein Lobbyblatt und singt das Lied der Brotgeber. Das ist mir schon viel zu oft aufgefallen.
„,, und sicher muss man auch alles per Einschreiben verschicken..“ (aus #12)
Demagogie und Ironie, eine perfide Kombination mit übler Tradition.
… und noch immer ist meine Ursprungsfrage nicht beantwortet: Warum veröffentlichen Autoren, die den Verlagen verlagseigene Eigentums- (LSR) und Verwertungsrechte (VG Wort) am journalistischen Endprodukt (Heftseiten, Titel-Websites) mit Verve absprechen – warum veröffentlichen auch diese Autoren ihre Texte eben über jene Verlagsplattformen? Und nicht auf dem direkten Weg über eigene Hefte oder, viel einfacher, über die eigene Website? Dank Internet wäre das so leicht wie nie. Was genau ist das, was einen Text auch und gerade für Autoren offenbar irgendwie „werthaltiger“ macht, wenn ein und derselbe Text über eine Verlagsplattform veröffentlicht wird anstatt über die private Website? Wodurch entsteht dieser Mehrwert? Wer produziert ihn (den Mehrwert, nicht den Text)? Und was ist die zentrale Voraussetzung dafür? Für Produktion überhaupt? Ich denke, es sind eigene Eigentums- und Verwertungsrechte, wie überall in der Wirtschaft.
Warum gründen denn die Verlage keine eigene Suchmaschine im Internet? Wäre wohl auch eher unpraktikabel…
… und noch immer ist meine Ursprungsfrage nicht beantwortet: Warum veröffentlichen Verlage, die den Suchmaschinen suchmaschineneigene Verwertungsrechte am Suchindex mit Verve absprechen – warum lassen auch diese Verlage ihre Texte eben über jene Suchmaschinenplattformen indizieren? Und nicht auf dem direkten Weg über eigene Suchmaschinen oder, viel einfacher, über die eigene Website? Dank Internet wäre das so leicht wie nie. Was genau ist das, was einen Suchindex auch und gerade für Verlage offenbar irgendwie „werthaltiger“ macht, wenn ein und derselbe Text über eine Suchmaschinenplattform indiziert wird anstatt über die private Website? Wodurch entsteht dieser Mehrwert? Wer produziert ihn (den Mehrwert, nicht den Suchindex)? Und was ist die zentrale Voraussetzung dafür? Für Produktion überhaupt? Ich denke, es sind eigene Reichweiten- und Entwicklungsleistungen, wie überall in der Wirtschaft.
Auch Drehbuchautoren (für Film- und Fernsehproduktionen) wird seitens der VG Wort ein pauschaler Verlegeranteil von ihren Tantiemen-Ausschüttungen abgezogen. Obwohl diese aus keinerlei Leistungen der Verlage irgendeinen Nutzen ziehen. Also: Quid, pro quo? Hier zielt Herrn Pimpls Argumentation ins Leere.
Lese ich das gerade richtig? Die Empfehlung von LSR-Befürwortern ist, den Verlagen den Rücken zu kehren? Die LSR-Befürworter befürchten dann nicht, dass diese Journalisten durchaus genug Erfolg haben, um damit leben zu können und sei es dadurch, dass man nur teilweise in einem eigenen kommerziellen Blog veröffentlich und den Rest der Zeit Verlage abmahnt, die versuchen, diese Artikel aufzugreifen um dann nicht vertraglich zugesicherte Rechte über das LSR auf diese Artikel einzufordern? In der Tat, das dürfte, sollte das LSR tatsächlich kommen, ein sehr lukratives Geschäftsmodell sein, wenn man sich mit einem Anwalt zusammen tut.
Hmm, etwas Offtopic zwar, aber das sprang mir ins Auge, als ich den Link zum Presseschauder von Chr. Keese öffnete:
http://img.dnc.cc/v/793034d757.jpg
Wusste ich doch, dass WebOfTrust ein nützliches Firefox-Plugin ist ;-)
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