Ein aserbaidschanischer Held

Am 18. Februar 2004 kauft sich der aserbaidschanische Soldat Ramil Safarov eine Axt. Er ist mit Militärangehörigen aus anderen Ländern in Budapest, um an einem Nato-Fortbildungsprogramm teilzunehmen. In der übernächsten Nacht nimmt er die Axt, geht ins Zimmer eines schlafenden Teilnehmers aus dem verfeindeten Nachbarland Armenien und erschlägt ihn im Schlaf. Die Obduktion wird ergeben, dass er ihn sechzehn Mal im Gesicht trifft und den Kopf fast vom Rumpf trennt.

Danach macht sich Safarov auf den Weg, einen weiteren armenischen Soldaten im Gebäude zu töten. Bevor er in dessen Zimmer eindringen kann, wird er von der Polizei verhaftet.

Ein ungarisches Gericht verurteilte Safarov 2006 zu lebenslänglicher Haft. Frühestens 2036 sollte er begnadigt werden können. Der Richter begründete das Urteil mit der Brutalität der Tat und dem Fehlen jeder Reue.

Am vergangenen Freitag wurde Safarov von Ungarn nach Aserbaidschan ausgeliefert. Nach Angaben der ungarischen Regierung hatte ihr das aserbaidschanische Regime zugesichert, dass Safarov den Rest seiner Strafe würde verbüßen müssen.

Unmittelbar nach seiner Ankunft in Baku begnadigte Präsident Ilham Aliyev den Mörder. Er wurde von jubelnden Menschen empfangen und als Volksheld gefeiert. Das Regime in Baku hatte Safarovs Taten nie verurteilt und Medien und Organisationen im eigenen Land ermuntert, ihn als prominente Persönlichkeit zu behandeln.

Safarov besuchte nach seiner Rückkehr ins Land die Märtyrer-Allee und legte Blumen am Grab von Heydar Aliyev nieder. Der aserbaidschanische Verteidigungsminister stellte ihm kostenlos eine Wohnung zur Verfügung, zahlte ihm den in den vergangenen acht Jahren entgangenen Lohn nach und beförderte ihn in den Rang eines Majors.

· · ·

Es kommt mir im Nachhinein so naiv vor, dass wir im Mai beim Eurovision Song Contest annahmen, dass in einer Disco, die Teil des offiziellen Programms war, Musik aus Armenien gespielt werden könnte. Mir erscheint aber auch der Gedanke absurd, dass eine armenische Delegation in diesem politischen Klima in diesem Land an dem Grand-Prix hätte teilnehmen können.

Es stimmt: Das aserbaidschanische Regime hatte dem Veranstalter, der European Broadcasting Union (EBU) versprochen, dass sie für die Sicherheit der Delegationen bürge. Aber vermutlich wusste es damals schon, dass man dieser Organisation folgenlos alles versprechen konnte.

Ende Mai ist ein norwegischer Reporter, der sich am Rande des ESC über die politische Situation im Lande lustig gemacht hatte, bei der Ausreise am Flughafen eine Stunde lang festgehalten, bedroht und misshandelt worden. Auch das widersprach den Garantien, die Aserbaidschan der EBU gegeben hatte. Die angeblich laufende „Untersuchung“ des Vorfalls durch die EBU ist bis heute, über ein Vierteljahr danach, zu keinem Ergebnis gekommen.

60 Replies to “Ein aserbaidschanischer Held”

  1. Begnadigung nach 8 Jahren. Nun ja, das hört sich kurz an, aber wie sieht es aus, wenn ein Deutscher Verbrecher nach langjähriger Haft im Ausland wieder nach Deutschland kann.

    Mich würde ja interessieren, was in dem Beitrag zur (Mord)Tat gesagt wird.

  2. Natürlich war es naiv zu glauben der ESC würde auch nur irgendwas ändern. Fast schon eine Dummheit so etwas anzunehmen

    Großveranstaltungen wie der ESC, die Fussball-EM/WM ändern nichts daran, dasss ein Regime böse ist. Solche Veranstaltungen dienen rein zur Selbstdarstellung.
    Diese Lektion sollte man spätestens seit 1936 gelernt haben.

  3. Sehr interessant, die politischen Begleitumstände solcher Großereignisse werden in Deutschland zu wenig diskutiert – außer hier natürlich, dankenswerter Weise.

  4. Dass der Mann in Aserbaidschan früher als vereinbart freigelassen werden würde, hätte ich erwartet. Dass man ihn aber so dreist entgegen offizieller Vereinbarung direkt nach der Ankunft nicht nur begnadigt, sondern gleich noch opulent belohnt und zum Volkshelden macht, ist schon starker Tobak. Deutlicher hat Aliyev nicht machen können, was er von Rechtsstaatlichkeit und dem ganzen Menschenrechtsdingens hält. Deprimierend, das.

    @5zjunge: Ich glaube kaum, dass ein Deutscher, der in Ungarn für ein vergleichbares Verbrechen in einem rechtsstaatlichen Standards genügenden Gerichtsverfahren zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt wurde, schon nach acht Jahren auf freien Fuß käme.

  5. „Wir waren naiv.“ ist eine wunderbare Ausrede, nachdem man wider besseren Wissens sich die geile Paaarty im Unrechtsstaat nicht hat entgehen lassen wollen.

  6. Vor dem Song Contest wurde sich empört, nach dem Song Contest wird sich weiterempört. Aber währenddessen war man da und hat gefeiert und hat sich zum Teil dieser Inszenierung gemacht. Ich empfinde das als reichlich verlogen.

  7. Ich habe nie verstanden, warum man einen Eurovision Song Contest in Aserbaidschan veranstalten oder durch seine Teilnahme – auch als Journalist, und natürlich auch als Konsument – unterstützen kann. Wir werden irgendwann einmal einsehen müssen, dass diktatorische und korrupte Regime auch ein ihnen entsprechende kulturelles Umfeld schaffen, bzw. dass beides zusammen ein sich gegenseitig erhaltenes System ist. Demokraten, die an solche Systeme im Vertrauen auf das Einhalten von Versprechungen herangehen, haben von vornherein verloren. Dabei war alles Wissensnotwendige über diesen Staat bekannt, bevor es zum Schauplatz eines ESC wurde. Es wäre interessant zu erfahren, wie deutsche Medienvertreter, die an diesem PR-Zirkus eines Unrechtsstaates teilgenommen haben, sich angesichts der von Ihnen beschriebenen Vorgänge heute fühlen. Eine Ahnung davon vermittelt ja nun Ihr Text.

  8. @Nager Wumbaba: „Aber währenddessen war man da und hat gefeiert und…“
    …wurde nicht müde, die Menschenrechtslage immer wieder zum Thema zu machen und über Aktionen der Regimegegner zu berichten, wollten Sie eigentlich schreiben, nicht wahr?
    Gern geschehen.

  9. Das ist doch alles Schwarzmalerei. Jan Feddersen fand es dort ausgesprochen freundschaftlich, gastverehrend und kommunikativ. Wenn ein Journalist sich angesichts der Behandlung bei der Ausreise in seiner Arbeit durch die dortigen Offiziellen missverstanden fühlte, muss die EBU tätig werden – nötigenfalls diskret, um niemanden zu beschämen. Da muss man den Leuten nicht wegen eines Menschenrechts-Mulm-Gefühls die Laune verderben.

  10. @12, Klaus: Jan Feddersen würde sich wohl auch in Nordkorea wohlfühlen, wenn dort die richtige Musike spielt.
    Denn nach seinen Berichten aus Aserbaidschan glaube ich, dass er ein sehr genügsamer und bewundernswerter Mensch ist: Ob er in einer Demokratie oder Diktatur lebt, dürfte ihm egal sein, so lange alles nur schön bunt ist.

  11. Gleich kommen die Baukräne im Iran, wetten? Nazikeule von rechts war schon da (#3 Fosco)

    #1 5zjunge
    Gute Frage, welcher Deutsche saß je in einem deutschen Gefängnis, nachdem er im Ausland verurteilt wurde? Noch besser: Welcher Deutsche wurde hier je verurteilt aufgrund von ausschließlich nicht-deutschen Zeugenaussagen. Die gelten nämlich vor deutschen Gerichten grundsätzlich als befangen und wenig glaubwürdig.

    #6 gnaddrig
    Schön naiv. Du hast die Lösung selbst erkannt, wie es funktioniert. Man zweifelt die Rechtsstaatlichkeit des ausländischen Gerichts an.

  12. Gut dass ich Dank Sinan A. jetzt weiß, dass Axtmord in Aserbaischan ganz normal, ja sogar eine Heldentat ist. Zumal die Tatsache dass Safarov einen Armenier erschlagen hat ja gar nicht angezweifelt wird. Ich kann mir jedenfalls denken, wes Geistes Kind Sinan A. wohl ist. Gruselig…

  13. @BazookaJoe + Nager Wumbaba: Stefan Niggemeier ist hingefahren und hat – nicht nur diesen – Artikel über Aserbaidschan geschrieben. Wir alle hier haben sie gelesen. Das ist sehr viel mehr, als es scheint.

    @Oliver: Wenn Sie noch nicht einmal verstehen, warum der ESC 2012 in Aserbaidschan ausgetragen wurde, dann ist Ihnen nicht zu helfen.

  14. @17, SvenR: Hier will ich Oliver mal kurz beispringen: Ich finde schon, dass wir die Sinnfrage stellen können. Denn grundsätzlich hat er in meinen Augen Recht: Solche Veranstaltungen in einer Diktatur helfen nur den Unterdrückern, nie den Unterdrückten.
    Wer in seinem Alltag nur die westliche Demokratie kennengelernt hat, mag vielleicht daran glauben, dass ein Grand Prix in Aserbaidschan das Regime durcheinanderwirbelt.
    Doch Diktaturen haben ihre eigene niederträchtige Logik, vor der viele Demokraten scheitern, weil sie womöglich zu anständig denken.
    Nach wie vor glaube ich: Boykott ist die einzige richtige Reaktion, sowohl kulturell als auch wirtschaftlich.

  15. @SvenR. Ich weiß nicht genau, womit ich Ihre Arroganz verdient habe, aber wenn Sie die naheliegende Antwort meinen: Aserbaidschan wurde als Austragungsort gewählt, weil Aserbaidschan den ESC gewonnen hat. Glauben Sie nun, dass mir evtl. doch zu helfen ist? Sie hätten der ursprünglichen Frage natürlich auch weiter auf den Grund gehen können: Muss man denn ein Land wie Aserbaidschan eigentlich zum ESC zulassen? Sie hätten auch inhaltlich zur Debatte beitragen können. Aber so haben sie mal in einem prägnanten Satz einem anderen User gezeigt, dass er im Gegensatz zu Ihnen keine Ahnung hat. Glückwunsch.

  16. @gnaddrig

    „für ein vergleichbares Verbrechen“ und „schon nach acht Jahren“. Für ein nicht ganz so schweres Verbrechen oder nach ein paar Jahren mehr sieht das ganz schon wieder anders aus. Und sicher nicht 2036.

    Dieser Unterschied im Detail belegt noch keinen Mangel an Rechtsstaatlichkeit.

  17. @ 5zjunge (#20): Nein. Der hypothetische Deutsche wäre nach hiesiger Praxis behandelt worden. Zuerst hätte man verbindliche Zusagen an Ungarn eingehalten. Dann hätte man sicher geprüft, wie lange er noch zu sitzen hat, und ihn u.U. irgendwann nach Hause geschickt. Ich weiß nicht, wieviele Jahre man für so eine Tat in Deutschland gekriegt hätte, aber sicher mehr als acht Jahre.

    Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen, aber in Sachen Rechtsstaatlichkeit spielen Deutschland und Aserbaidschan ganz sicher nicht in derselben Liga. Nicht einmal denselben Sport. Und ich weiß genau, wo ich weniger gern vor Gericht landen würde!

  18. Wie wird man eigentlich zum ESC zugelassen? Nach meiner Kenntnis genügt es, geografisch irgendwie zu Europa zu gehören. Ein Demokratie-Führerschein wurde bisher nicht verlangt.
    Ich bin aber dafür, neutral über die Vorgänge in allen Ländern zu berichten. Der beschriebene Vorfall ist ekelhaft. Ich sehe trotzdem nicht, warum man das dem ESC anlasten muss.

  19. @21, Es gab da mal einen Fall, eine Chemnitzerin wurde in Oman zu lebenslänglich verurteilt, wegen Mord an ihrem eigenen Vater, vielleicht googeln Sie mal.

  20. @Nobilitatis: Ich laste der Eurovision an, dass sie den Grand Prix in einem Land stattfinden lässt, das nicht einmal dafür garantieren kann, dass Journalisten, die darüber berichten, bei der Ausreise nicht misshandelt werden. Ich laste der Eurovision an, dass sie nicht einmal den Anstand hat, gegen diese Verletzung der Garantien zu protestieren. Ich laste der Eurovision an, dass sie den Grand Prix in einem Land stattfinden lässt, in dem sie nicht einmal dafür sorgen kann, dass an offiziellen Veranstaltungsorten Lieder eines anderen Eurovisions-Landes gespielt werden können. Ich laste der Eurovision an, dass ihr der entsprechende Eklat vollständig egal war. Ich laste der Eurovison an, dass sie Aserbaidschan geholfen hat, sich als ein Land darzustellen, dem Menschenrechte nicht völlig egal sind.

    Ich könnte weitermachen, aber ich schreib mich nur in Rage.

  21. Ich gebe Ihnen Recht und kann Ihre Empörung nachempfinden. Mit einer Einschränkung: Ich glaube nicht, dass man den ESC hätte einfach nicht stattfinden lassen können. Es weht ein Hauch von Olympia-Boykott durch diese Idee.
    Aber man hätte unbedingt klare Worte finden müssen für das, was in dem Land los ist, einschließlich jedes Beispiels, welches Sie genannt haben. Und da haben Sie die Kriegstreiberei noch gar nicht erwähnt. Oder die Schwulenfeindlichkeit. Und wer weiß was noch alles.
    Auf der anderen Seite haben eine Reihe von aufrechten Journalisten einen Anlass gefunden, aus dem Land zu berichten, die es sonst nicht getan hätten. Vorher waren die Zustände dort völlig unbekannt.

  22. @Oliver + rog: Aserbaidschan hat seit wie vielen Jahren beim ESC mitgemacht? Und da habe Sie auch jedesmal kritisch hinterfragt, ob denn Sänger aus Diktaturen mitmachen dürfen? Oder kommt es erst dann aufs Tapet, wenn dann gewonnen wird?

    Mal angenommem, es hersche Einigkeit darüber, dass Aseris nicht teilnehmen sollten, was genau würde es der Wohnbevölkerung Aserbaidschans nutzen? Wäre der Mord an dem Armenier nicht geschehen? Wäre der Mörder nach seiner Überführung nicht entlassen, befördert und gefeiert worden?

    Es war in meinen Augen richtig und wichtig, dass der ESC in Baku stattgefunden und das Stefan berichtet hat und auch weiter berichten wird.

  23. @gnaddrig
    Vielleicht nicht nach acht Jahren, sicher auch nicht erst nach 32 Jahren. Ein ungarisches Jahr wäre wahrscheinlich auch anders bewertet worden, als dieselbe Zeit in Deutschland.

    Natürlich spielen Deutschland und Aserbaidschan in Sachen Rechtsstaatlichkeit weder dieselbe Liga, noch denselben Sport. Aber an den Zahlen auf der Anzeigetafel lässt sich das ziemlich schlecht festmachen.

  24. @23
    Lebenslang für Mord in Oman, nach sieben Jahren begnadigt, davon zwei in Oman, der Rest in Deutschland. Die Begnadigung wurde auch mit ebensolchen in Oman begründet.

  25. @26, SvenR: Natürlich sollten Künstler aus Aserbaidschan in anderen Ländern auftreten können. Aber wenn dieses Land selbst den Grand Prix ausrichtet, besteht die Möglichkeit für Delegationen aus dem Westen, nicht daran teilzunehmen.
    Das meine ich mit Boykott.

  26. Kleiner Nachtrag: Dass ein Journalist in dieses Land fährt und über die Menschen dort berichtet, habe ich ja nirgends kritisiert. Im Gegenteil: Das halte ich für unbedingt nötig.

  27. @5zjunge und andere:
    Es geht ja nicht nur darum, dass er begnadigt, sondern als Held empfangen wurde: Er wurde sofort zum Major befördert, er bekommt seinen vollen Sold aus den 8 Jahren rückwirkend ausgezahlt, er bekommt eine kostenlose Wohnung usw. Jeder, der das mit einem in Deutschland vorzeitig aus der Haft entlassenen Straftäter vergleicht, hat ordentlich einen an der Waffel Perspektivprobleme.

  28. Schade, dass weder dpa noch dapd oder afp diese Geschichte verbreitet haben. So bleibt sie hierzulande leider einem kleinen Kreis vorbehalten.

  29. #31 Alberto Green

    Ante Gotovina, verurteilter Kriegsverbrecher, in Kroatien als Nationalheld verehrt.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Ante_Gotovina

    Oberst Klein, in Deutschland entlastet und anschließend befördert.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Klein_%28Offizier%29

    Die Mörder von Solingen. Nach wenigen Jahren entlassen und anschließend von deutschen Behörden abgeschirmt.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Brandanschlag_von_Solingen

    und so weiter und so fort…

  30. @ Klaus Thomas Heck: Auf wdr5 kam gestern ein längerer Bericht darüber, dass die Geschichte den nun ja Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien gefährlich verschärft.

  31. Nachtrag zu 36: Aber die Fixierung der z.B. Tagesschau auf den Arbeitskampf der Saftschu Flugbegleiter_innen ist dagegen schon sehr merkwürdig.

  32. Mich täte ja mal interessieren, was Herr Feddersen zum Sachverhalt zu sagen hätte.
    Allerdings dürfte ein Statement seinerseits mangels dem, was Ex-Fußballnationaltorwart Oliver Kahn einst als „Eier“ charakterisierte, wohl so wahrscheinlich sein wie die staatenrechtliche Vereinigung von Iran, Irak, Jordanien und Israel zur Biblischen Großrepublik…

  33. @ Sinan A. (#34): Und? Keiner der drei von Ihnen genannten Fälle hat etwas mit Ramil Safarov oder dem deutschen Rechtsstaat zu tun.

    Wenn ein Kriegsverbrecher in Kroatien als Nationalheld verehrt wird, ist das traurig. Vielleicht würde Kroatien ihn ähnlich behandeln wie Aserbaidschan den Axtmörder Safarov. Das wäre schlimm, sagt aber nichts über den deutschen Rechtsstaat aus.

    Bei den Mördern von Solingen sehe ich nicht, was das mit dem Safarov zu tun hat. Man mag die Strafen milde finden und das Verhalten des Meldeamts zweifelhaft, aber das dürfte alles gesetzeskonform sein. Eine Parallele zum Fall Safarov sehe ich nicht.

    Und der Fall von Georg Klein ist mit der Geschichte schon überhaupt nicht zu vergleichen. Ganz nebenbei ist der Mann auch nicht als Belohnung für ein heimtückisches Verbrechen befördert worden, sondern Jahre später, weil es laufbahntechnisch dran oder erforderlich war.

    Die von Nobilitatis (#23) erwähnte Chemnitzerin wurde übrigens unter der Bedingung nach Deutschland überstellt, dass sie hier mindestens fünf Jahre in Haft bleibt. Allerdings hat das Chemnitzer Landgericht entschieden, dass sie ihre Strafe in vollem Umfang verbüßen muss. Will heißen, hier läuft das deutlich anders.

  34. @Alberto Green, 31:
    Es wurde oben die Frage gestellt, wie derartige Fälle in Deutschland behandelt würden. Nun gibt es keine „vergleichbaren“ Fälle. Aber der genannte Fall zeigt doch die Verfahrensweise hier auf. Das ist keine Vergleichung zum Zweck der Relativierung. Ich bitte das auseinanderzuhalten. Sie können das.

  35. #39 gnaddrig

    Bei Oberst Klein kann man auch ganz anderer Meinung sein. Der Fall wurde halt so lange „zermittelt“, bis alle Klarheiten beseitigt waren. Und die anstehende Beförderung kann man durchaus als Anerkennung verstehen. Ich bin auch sicher, unter der Hand wird er bei den Militärs gefeiert.

    Bei dem Fall der Chemnitzerin ist ein entscheidender Unterschied. Das Opfer war ein Deutscher. Selbstverständlich muss sie diese Tat hier gesühnt werden. Anders wäre es, wenn das Opfer beispielsweise der fremdländische Ehemann gewesen wäre. In diesem Fall kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie dafür in Deutschland weiter in Haft wäre. Falls doch, würden EMMA und BILD Sturm laufen und SAT1 würde einen Film produzieren mit Veronica Ferres in Hauptrolle.

    #15 Stefan Niggemeier
    Ich meine die Methoden unterscheiden sich, aber am Ende ist nur entscheidend, was unterm Strich für Urteile gefällt werden. Aserbaidschan wird lernen, sich klüger darzustellen und Deutschland wird rauer werden in seinem Auftreten. Mit der Zeit werden sich die Verhältnisse angleichen.

    Wenn die Bundeswehr erst mal ihre Drohnen hat und vorsorglich potenzielle Gefahren per Joystick „ausschalten“ kann, wird sie auch davon Gebrauch machen. Die Soldaten jubelten bereits im Panorama-Forum nach dem TV-Bericht.

  36. Sinan,

    die Art, wie du hier in Missachtung aller Tatsachen und in Missachtung der deutschen Rechtspraxis versuchst, die aserbaidschanische Politik zu verharmlosen (Motto: die anderen sind ja auch nicht viel besser), lässt eigentlich eine weitere – ernsthafte! – Diskussion mit dir nicht zu.

    Man kann so versuchen, für ein Land Propaganda zu machen. Aber selbst unter diesem Vorzeichen erscheint mir deine Argumentationskette recht plump.

  37. ganz ehrlich: selbst als aserbaidshaner würde ich diesem menschen nicht zujubeln – einen arglos schlafenden, unbewaffneten feind mit der axt zu zerhacken hat so gar keine helden-qualitäten.

  38. @ martin III:
    Glauben Sie das wirklich, wenn Sie den Fall nur von der aserbaidschanischen Propaganda und nicht aus der Washington Post kennen würden. Dort gelten die Details: »arglos schlafend«, »unbewaffnet« und »mit der Axt zu zerhackt« als nebensächlich und nicht erwähnenswert. In der aserbaidschanischen Propaganda ließt sich der Fall in etwa so:

    Safarov, 34, wurde zu einer lebenslangen Haftstraffe mit Recht auf Begnadigung frühstens nach 30 verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen den armenischen Soldaten Gurgen Markarian getötet zu haben, der während eines NATO-Lehrgangs in Budapest die aserbaidschanische Fahne verunglimpft hat. Die Aserbaijanische Öffentlichkeit verurteilt die harte Strafe des ungarischen Gerichts, welche nach einem langwierigen Prozess gesprochen wurde.

    Safarov stammt aus Jabrayil, einer der aserbaidschanischen Regionen, die unter armenischer Besatzung steht. Er wurde Zeuge von Folter gegen seine Landsleute und gehörte zu den Aserbaidschanern, die während des brutalen Krieges mit Armenien in den frühen 1990er Jahren aus ihren Häusern vertrieben wurden.
    20 % des aserbaidschanischen Territoriums waren unter armenischer Besetzung …

    Und das ist nur die englischsprachige Presse. In der aserbaidschanisch-sprachigen Presse wird die »Beleidigung des aserbaidschanischen Staates durch den armenischen Soldaten« sicher eine noch größere Rolle spielen und auch Safarov’s »Verteidigung der Aserbeidjanischen Ehre« wird sicher noch heldenhafter dargestellt sein.

  39. Weshalb schreibt nur die ausländische Presse von dem Vorfall, während die deutsche Presse hierzu nicht das geringste veröffentlicht?

  40. Selbstverständlich ist die Begnadigung nicht zu verteidigen.

    Allerdings erwarte ich die gleiche kritische Meinung auch gegenüber dem deutschen Gericht in Berlin, der die Mörder von Talat Pascha 1921, freigesprochen hatte.

    Dieses Thema wird von interessanterweise nirgends, in keiner Reportage, in keinem Geschichtsbuch thematisiert…

  41. Das ist eine SCHANDE für Europa und NATO sehr peinlich. Ungarische und Aserbeidganische Regirung gehören zum Gefängnis, (Geld + Korupt) .Einfach unglaublich so was. Sory!!Armenien hat so was nicht verdint!

  42. @Mesut/47:

    1921. Das ist 91 Jahre her. Wir reden hier aber über einen aktuellen Fall.

    Im Übrigen ist Talat Pascha einer der Hauptverantwortlichen für den Völkermord an den Armeniern, der von der Türkei bis heute wider besseren Wissens geleugnet wird. Wollen Sie dieses Fass hier jetzt ernsthaft aufmachen und die beiden Fälle vergleichen? Das ist eine geschmacklose Verhöhnung der Opfer.

  43. @Klaus Thomas/49:
    …dass es 91 Jahre her ist, ändert nichts an der Tatsache, dass hier vom Deutschen Justiz Unrecht getan worden ist und dieses Unrecht nicht eingestanden wird. Talat Pascha war ein Mensch und er ist ermordet worden, ohne dass seine Mörder schuldig gesprochen wurden.

    Im Übrigen wird die Armenische Tragödie in den meisten westlichen Ländern leider nur einseitig betrachtet. Denn Tatsache ist, dass das Osmanische Reich sich damals im Krieg mit Russland befand. Osmanischer Bürger mit armenischer Herkunft verbündeten sich mit den Russen und massakrierten Osmanische Bürger muslimischer Herkunft, wonach die Osmanische Regierung, nach Beratung mit ihrem Verbündeten Deutschland, den Transport der armenischen Bevölkerung in andere Landesteile als eine Lösung sah. Was hätte sie denn ansonsten tun sollen? Was hätte man damals in anderen Ländern mit Verrätern getan??

    Wieso werden nie die Terror-Akte der ASALA zur Sprache gebracht.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Asala

    Es wird von euch so getan, als ob Armenien und Armenier eine weiße Weste hätten.

    Wieso werden die Massaker der Armenier vor 1915 an der muslimischen Bevölkerung nie zur Sprache gebracht?

    Wie steht ihr eigentlich zum Völkermord der Armenier erst vor 20 Jahren in Aserbaidschan?
    http://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Xocal%C4%B1

    Wie bewertet ihr die illegale Inbesitznahme von Bergkarabach durch Armenien, dass völkerrechtlich eigentlich Teil von Aserbaidschan ist? Wieso wird dies von keinem westlichen Land kritisiert und zur Sprache gebracht?????

  44. @Mesut:

    Ihre Argumentation ist so voller Propagandalügen, dass sich eine ernsthafte Diskussion mit Ihnen nicht lohnt. Daher nur kurz:

    Das Geschworenen-Urteil von 1921 zeigt in meinen Augen sehr gut den Konflikt von Recht und Gerechtigkeit. Ich halte sein Zustandekommen zumindest für nachvollziehbar.

    Eine Verschwörung von Russen und Armeniern und Massaker an Muslimen in der von Ihnen genannten Größenordnung hat es nie gegeben. Das war eine geschickt eingefädelte Propagandalüge der Jungtürken um Talat Pascha. Und was Sie hier so sympathisch den „Transport in andere Landesteile“, waren Deportationen und Todesmärsche in die Wüste, ins Niemandsland. Und es waren keine „Verräter“, wie Sie schreiben, sondern völlig unschuldige Menschen.

    Ich empfehle Ihnen die Dokumentation „Aghet“, in denen diese Propagandalügen genau entlarvt werden und in denen Sie jede Menge Quellen für den Völkermord finden – wenn Sie sie denn sehen wollen.

    http://www.youtube.com/watch?v=5JZUsd4nQSI

  45. @Klaus Thomas:

    Bevor Sie meine Argumentationen als Propagandalügen bezeichnen, recherchieren Sie lieber einmal aus unterschiedlichen Quellen selber. Aber dies Bedarf einem gewissen Intellekt und einer Objektivität.

    Die Annahmen von Ihnen sind einseitig, stammen NUR aus armenischen Quellen. Wenn Sie wirklich objektiv sind, betrachten Sie auch türkische Quellen vorurteilsfrei.

    Denn, dass „Aghet“ auf Propaganda-Lügen basiert, genauso wie alle anderen Quellen der Armenier, wurde vielfach von türkischer Seite, wie auch von unparteischen Akademikern, wie bspw. Prof. Justin McCarthy von University of Louisville, bestätigt.

    Aber vor Ihren Augen und Ohren ist ein unsichtbarer Schleier, Ihnen sind nur Argumente recht Türken und Muslime schlecht zu reden.

    Ihre Heuchlerei und anmaßende Besserwisserei über die Geschichte anderer Völker und Nationen zu urteilen, ist einfach abscheulich!!! Ich könnte kotzen!

    Ihre Behauptung dass es keine türkischen/muslimischen Opfer von Armeniern gibt, ist ein Beweis hierfür. Mit dieser Aussage verhöhnen Sie die Opfer. Sprechen Sie doch mal mit Menschen aus Osttürkei, dazu müssen sie gar nicht in die Türkei reisen, Sie können sie auch in Deutschland finden. Aber falls Sie sich die Mühe machen und in die Osttürkei reisen, können Sie auch Massengräber besichtigen aus denen Opfer der armenischen Massaker geborgen wurden.

  46. Jemand, der bei einem Artikel über einen Axtmörder nichts beizutragen hat als „Aber du hast auch mal Pippi ins Bett gemacht…“ und das auch offenbar auch noch als gutes Argument und eine Entschuldigung für den Axtmord ansieht, sollte nicht so viel über Intellekt und erst recht nicht von Objektivität schreiben.

  47. Okay, biegen wir wieder ab Richtung Thema. Als Überleitung würde ich gern noch ergänzen, dass Armenien auch seine Volkshelden hat. Zum Beispiel Monte Melkonian, Asala-Terrorist und verantwortlich für eine Reihe von Mordanschlägen auf türkische Diplomaten. (Vielleicht sogar direkt beteiligt, ich weiß nicht.) Die blutige Liste ist lang. In Frankreich wurde Melkonian seinerzeit gefasst, aber nie an die Türkei ausgeliefert. In Armenien wird er heute verehrt, sicher nicht nur für seinen späteren Einsatz in Karabach, sondern für sein Lebenswerk.

    Aber endgültig zurück zum Thema. Dieter (#44) hat schon eine sachliche Bestandsaufnahme geliefert, wieso es eigentlich nicht angemessen ist, sich hier zu empören. Nur wird das von der Belegschaft gepflegt ignoriert. Sooo objektiv sind die Leute hier.

  48. Momentan feiert Armenien ganz andere (friedliche) Helden.
    Sie heißen Levon Aronian, Sergei Movsesian, Vladimir Akopian, Gabriel Sargissian und Tigran L. Petrosian.
    Geht also auch!

  49. Dieter hat nicht erklärt, wieso es nicht angemessen wäre sich zu empören. Dieter hat erklärt, wieso man sich nicht über die aserbaidschnische Bevölkerung empören soll. Das sehe ich generell genauso, denn die Presse in Aserbaidschan (und damit die Infos die die Bevölkerung bekommt) ist ja mehr so objektiv in eurem Sinne, soll heißen die Regimelinie wird strikt eingehalten. Natürlich gibt es auch in Aserbaidschan Leute, die das Regime begrüßen und unterstützen. Die will ich dann auch nicht von der Kritik ausnehmen.

    Denn über das Regime darf man sich mMn zurecht empören. Die haben nicht nur alle Informationen über den Mord (der ja von Safarov auch nicht bestritten wurde), sondern halten sich nicht an fest zugesagte Bedingungen für die Auslieferung und Ehren ihn auch noch für den Mord.

    Und dann kommen zwei Objektivitätsnasen, die es offenbar nicht aushalten, dass das Regime in Aserbaidschan kritisert wird, und meinen mit Kindergartenargumentation den großen Wurf gelandet zu haben. Erklär mir doch einfach mal, warum der Axtmörder Safarov zurecht gefeiert wird, anstatt auf irgendwelche anderen Ungerechtigkeiten zu verweisen. Macht es den Axtmord und das Unterdrückerregime in Aserbaidschan besser, weil Melkonian 1985 nicht in die Türkei ausgeliefert wurde und im franz. Gefängnis saß? Wobei das vielleicht ja auch damit zusammenhängt, dass zu dem Zeitpunkt in der Türkei in Gefängnissen eine Folterung nicht ausgeschlossen werden konnte Mit deiner Argumentation hätte ich jetzt wohl gefragt, wie denn die Menschenrechtssituation 1985 in Aserbaidschan aussah). Ich muss auch Melkonian nicht verteidigen um die Kausa Safarov zu kritisieren. Im Gegenteil, ich kann beides schlecht finden, aber hier geht es halt um Safarov.

    Wenn du über die Ungerechtigkeit in der Welt allgemein, und gegenüber den Aserbaidschanern im speziellen diskutieren willst, kannst du das gerne tun (vielleicht dein eigenes Blog aufmachen). Wenn du meinst dafür musst du einen Axtmord verteidigen, dann ist auch das selbstveständlich deine Sache. Ich denk mir halt dann meinen Teil und halte dich für einen internetüblichen Troll, der zum Thema nix beizutragen hat.

  50. Zum Thema beitragen, soso, darum geht’s. Vor allem aber um die Auswahl der Themen, nicht wahr? Was man gerne thematisiert und was weniger, wie engagiert die Leute bei der Sache sind, wie aggressiv sie werden. Darum geht’s mir, wo eventuell Stellvertreterkriege geführt werden. Denn die T-Frage weht hier bei dem Thema offensichtlich mit. Die ist immer der Knackpunkt. Ich weiß, was viele aufgeklärt-liberale Deutsche abends über Türken reden, wenn sie sich unbeobachtet fühlen, unter sich glauben.

    So gesehen könnten sich die Menschenrechtler hier gern etwas breiter positionieren. Nicht nur über WELT-Kommentatoren lästern. Das reicht nicht aus. BildBlog hat sich einmal mit Mely Kiyak solidarisiert, etwas halbherzig, aber immerhin. Aber da waren die beiden im Urlaub, eine Vertretung am Werk. Ansonsten kommt da wenig.

    Ich helf euch auch gern auf die Sprünge bei den Themen:
    http://www.stefan-niggemeier.de/blog/elmar-thevessen/#comment-349039

  51. @Sinan A.: Jetzt ist aber langsam mal gut. Vielleicht können Sie es wenigstens unmissverständlich formulieren: Sie meinen, dass ich diesen Eintrag geschrieben habe über den für mich unfassbaren Umgang eines Staates mit einem Mörder, weil ich heimlich etwas gegen Türken habe?

    Ja, es ist schon richtig, es hängt alles irgendwie mit allem zusammen, es hat alles eine Vorgeschichte und einen Kontext. Das ist gerade bei den Konflikten, um die es im Kaukasus geht, so, aber letztlich bei allen Konflikten. Wer aber vor lauter Starren auf die Vergangenheit, auf von anderen begangenes Unrecht, es nicht mehr schafft, ein einfaches, klares Urteil über eine bestialische Tat und ihren Täter zu fällen und sich ohne Relativierung von beiden zu distanzieren — der macht sich selbst blind und ist Teil des Problems.

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