Im Internet ist jeder Freiwild für „Bild“

Die Kollegen von Radio Eins hatten heute morgen Nikolaus Blome im Gespräch, den stellvertretenden „Bild“-Chefredakteur. Sie sprachen ihn auf die Berichterstattung über den gewaltsamen Tod einer jungen Frau in Berlin an. „Bild“ hatte den Fall versehentlich mit dem Foto einer ganz anderen jungen Frau illustriert. Dieses Foto hatte „Bild“ einfach aus deren Blog genommen.

Blome sagte, dass sei ein „Missgriff“ gewesen, aber er halte das nicht für das grundsätzliche „Funktionsprinzip“ von „Bild“. Das Gespräch ging so weiter:

Moderator: Unabhängig davon, dass es die falsche Person war: Ist es denn gut, dann einfach Fotos von irgendwelchen Internetseiten runterzuziehen? Statt zu versuchen, sich die von Angehörigen zu besorgen?

Blome: Na gut, dann hätten Sie uns vorgeworfen, wir würden irgendwelche Witwen schütteln, wie es früher hieß. Da sind wir in einer sehr grundsätzlichen Frage. Wenn Leute, Menschen — viele, viele Menschen offenkundig — ihr ganzes Privatleben im Internet ausbreiten, und das ist nun mal frei zugänglich, dann sind solche Folgen leider mit einzupreisen. Das heißt, dann müssen sich Menschen auch bewusst sein, dass sie sich öffentlich gemacht haben. Und das kann dann auch dazu führen, dass Zeitungen von diesen öffentlich zugänglichen Recherchefeldern, also zum Beispiel Facebook, also zum Beispiel Internet insgesamt, Gebrauch machen.

So ist das bei der Axel-Springer-AG. Der Konzern möchte kleinste Schnipsel, die er produzieren lässt, im Internet durch ein eigenes Recht schützen lassen, während sein wichtigstes Blatt Persönlichkeits- und Urheberrechte im selben Medium konsequent ignoriert.

(Man kann sich allerdings, wenn „Bild“ vom Internet entsprechend „Gebrauch gemacht“ hat, persönlich bei Dietrich von Klaeden von der Axel-Springer-AG beschweren, der sich dann nicht darum kümmert.)

58 Replies to “Im Internet ist jeder Freiwild für „Bild“”

  1. Wenn er das so sieht, möchte ich antworten:
    „Wenn [Verlage, Zeitungen] — viele, viele [Medien] offenkundig — ihre[n] ganzen [Inhalt] im Internet ausbreiten, und das ist nun mal frei zugänglich, dann sind solche Folgen leider mit einzupreisen. Das heißt, dann müssen sich die [Verlage] auch bewusst sein, dass sie sich öffentlich gemacht haben. Und das kann dann auch dazu führen, dass [Nutzer, Blogger, Suchmaschinen] von diesen öffentlich zugänglichen Recherchefeldern, also zum Beispiel [Google], also zum Beispiel Internet insgesamt, Gebrauch machen.“

  2. Das heißt, dann müssen sich Menschen auch bewusst sein, dass sie sich öffentlich gemacht haben. Und das kann dann auch dazu führen, dass Zeitungen von diesen öffentlich zugänglichen Recherchefeldern, also zum Beispiel Facebook, also zum Beispiel Internet insgesamt, Gebrauch machen.

    Bildschön. Damit andere Leute das mit den von Verlagen öffentlich gemachten Dingen nicht genauso halten können, kämpft man jetzt für das Leistungsschutzrecht. Die kommerziellen Interessen von Verlagen sollen also grundsätzlich höher bewertet und besser geschützt werden als die Persönlichkeitsrechte von Privatpersonen, die in den Fokus journalistischer (oder allzu oft auch „journalistischer“) Recherche geraten.

    Wer als Privatperson Bilder von sich öffentlich gemacht hat, soll kein Recht mehr haben, über die Verwertung dieser Bilder zu bestimmen. Abstruse Auffassung von Recht.

  3. Alles sehr merkwürdig. Springer biegt sich das alles so hin, wie es gerade passt. Bin gespannt, wann diese verbogene Büroklammern kaputt gehen.

  4. @ otnememento (#8): Neinneinnein, nur Bilder aus Verlagsprodukten. Die Bilder in sozialen Netzwerken sind ja öffentlich gemacht, die kann man nehmen. Dann ist da noch das Recht der Öffentlichkeit auf Information. Außerdem dürfen sie ja nicht mehr Witwen schütteln gehen, und irgendwo müssen sie die Bilder doch herkriegen!

  5. @ gnaddrig

    „Wer als Privatperson Bilder von sich öffentlich gemacht hat, soll kein Recht mehr haben, über die Verwertung dieser Bilder zu bestimmen.“

    Wenn ich richtig informiert bin, liegen die Verwertungsrechte der Bilder, die man bei Facebook postet, bei ….Facebook.

  6. Ich denke manchmal, schlimmer kann es nicht werden – und dann belehrt mich die BILD eines schlechteren. Es ist traurig, wie unsozial und verlogen Menschen sein können: Selbst dann, wenn sie über Tote berichten, fehlt denen jedes Maß an Mitgefühl und Verantwortung hinsichtlich journalistischer, ja ethischer Grundsätze.

    janar

    @4: Danke für die Erinnerung, Twipsy!

  7. @ superglue (#11): Ja, das stimmt. Aber das ist ein anderes Problem, das mit dem Verhalten von Bild nichts zu tun hat. Außerdem darf man wohl davon ausgehen, das Bild sich auch an Bildern von privaten Homepages und Blogs schadlos halten oder in Netzwerken wie Diaspora jagen und sammeln gehen würde.

  8. Die betroffene Frau sollte vielleicht eine Gegendarstellung durchsetzen: in gleicher Größe und an gleicher Stelle.

    Ich habe gehört, dass Bild solche Gegendarstellungen nicht gerade liebt und in der Regel bemüht ist, diese zu verhindern.

    Wenigstens bliebe ihr dann in einer Ausgabe ein bisschen weniger Platz für ihren Dreck.

  9. @ gnaddrig

    Ich finde nicht, dass dies ein anderes Problem ist.
    Ich frage mich nämlich, ob, wenn Bild aus Facebook Bilder ungefragt nutzt, die Rechte der Abgebildeten tatsächlich noch berührt werden oder ob die Abgebildeten überhaupt eine juristische Handhabe hätten, gegen die Verwendung vorzugehen. (Ich bin ja kein Jurist, kann also nur spekulieren.) Möglicherweise wäre das eine Sache, die Bild allein mit Facebook aushandeln müsste. Aber solange diese sich an der wahrscheinlich unauthorisierten Verwendung nicht stören, ist nicht zu erwarten, dass bei Bild überhaupt ein Unrechtsbewusstsein entsteht. Und was die Persönlichkeitsrechte angeht: Auch diese werden ja in den vereinigten Staaten (wo die Verwertungsrechte im Falle Facebooks liegen und es die europäische Vorstellung des „Rechts am eigenen Bild“ meines Wissen nicht gibt) anders gehandhabt.
    Ich bin mir einfach nicht sicher, ob Blome auf eine perverse Art nicht sogar ein klein wenig richtig liegt….(auch, wenn er es vermutlich selbst nicht genau weiß).
    Meist sind solche Angelegenheiten unter rein juristischen Gesichtspunkten betrachtet- wesentlich komplizierter.

    Hier war es ja wohl offensichtlich ein Bild aus dem Blog der Frau. Sie dürfte also nach europäischer Auffassung die Rechte am eigenen Bild besitzen.

  10. @ Stefan Niggemeier

    Ich nahm immer an, das Recht auf eine eigene Gegendarstellung bliebe durch eine freiwillige „Richtigstellung“ unberührt.

  11. Sorry…nochmal @ Stefan Niggemeier…

    interessant wäre eigentlich nur noch die Frage, ob die „Richtigstellung“ „redaktionell gleichwertig“ geschehen ist….

    Ich kann mich dunkel an einen Fall erinnern, wo Bild trotz einer zunächst „kleingedruckten“ und quasi unauffindbaren Richtigstellung, verurteilt wurde, eine weitere ziemlich fette an prominenter Stelle abgedruckte Gegendarstellung zu veröffentlichen…wer diese durchgesetzt hat, ist mir leider entfallen.

  12. Ich frage mich nämlich, ob, wenn Bild aus Facebook Bilder ungefragt nutzt, die Rechte der Abgebildeten tatsächlich noch berührt werden oder ob die Abgebildeten überhaupt eine juristische Handhabe hätten, gegen die Verwendung vorzugehen.
    Hm, da haben Sie recht. So hatte ich das noch gar nicht gesehen. Allerdings ist das immer noch nichts, was mit dem Verhalten von Bild zu tun hat, sondern mit dem von Facebook (und darüber kann man sich auch die Tasten heißtippen).

  13. @gnaddrig

    Die Frage ist nicht wirklich ob Bild sich unethisch verhält (davon kann man ausgehen – ist nix Neues), die Frage ist, ob die Zeitung sich dabei im strafrechtlichen Sinne schuldig macht.

    (Facebook tut sich da leichter: Die lassen sich die Rechte an den Bildern einfach abtreten und können damit frei über sie verfügen.)

    Im Falle der „Untoten“ liegt wohl ein Straftatsbestand vor, der auf Antrag verfolgt werden muss:

    § 33 KunstUrhG
    (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen den §§ 22, 23 ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt.
    (2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

  14. „Wenn Leute, Menschen — viele, viele Menschen offenkundig — ihr ganzes Privatleben im Internet ausbreiten, und das ist nun mal frei zugänglich, dann sind solche Folgen leider mit einzupreisen.2“

    Blome verkennt also hier – aus Unwissenheit? – die deutsche Rechtslage:
    Selbst wenn ich meinen Müll an den Straßenrand stelle, darf ihn trotzdem nicht jeder mitnehmen. Das ist halt immer noch Diebstahl.
    Wenn Blome also demnächst in einem schicken Restaurant bei einem Gang auf die Toilette, sein teures Jackett mitsamt Brieftasche überm Stuhl hängen lässt, kann ich ja dies mit den Worten: „Wenn Leute ihre sieben Sachen frei zugänglich herumhängen lassen, dann sind solche Folgen leider mit einzupreisen“ einfach mal an mich nehmen.

    Mal schauen, ob Blomes Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit dann immer noch achselzuckend lautet: Selber schuld!

  15. Facebook wird nur die Nutzung der eingestellten Bilder erlaubt. Das ist auch logisch, denn wie soll FB sonst die Daten auf ihren Seite (unter dem Namen des Users) veröffentlichen, wenn man ihnen das nicht extra erlaubt?

    Ansonsten heisst es ganz klar: „Du bist Eigentümer aller Inhalte und Informationen, die du auf Facebook postest. „

  16. @superglue
    „…mit den Worten: »Wenn Leute ihre sieben Sachen frei zugänglich herumhängen lassen, dann sind solche Folgen leider mit einzupreisen« einfach mal an mich nehmen.“

    Das funktioniert allerhöchstens im Internetcafe ;-)

  17. Mal abgesehen davon, das Blomes Ausrede ungefähr die ist:
    Die sind schuld, das ich geklaut habe, weil sie es mir nicht geschenkt haben.

  18. @ Chräcker

    Zwischen Eigentum und Besitzrechten besteht aber ein Unterschied.
    Denn, selbst wenn die Inhalte des Facebookprofils formal im Besitz der Nutzer bleiben, sicher sich Facebook doch das Recht, diese kommerziell zu nutzen und die Nutzungsrechte an Dritte weiterzugeben.

    Außerdem ist das mit dem „Eigentum“ bei digitalen Inhalten tatsächlich eine komplizierte Sache….

    Facebook macht sich da wahrscheinlich durch die relativ ausgeklügelten Formulierungen in den terms of use einen schlanken Fuß. Man wird denen im Zweifelsfall juristisch vermutlich nur schwer beikommen.

    Bild allerdings begeht in Deutschland „kackfrech“ mit Strafen belegte Verletzungen der Persönlichkeitsrechte. Damit kommen sie wahrscheinlich nur deshalb so häufig durch, weil sich selten einer die Mühe macht, juristisch dagegen vorzugehen…(Heißt ja nicht jeder Caroline Grimaldi)…

    @ meykosoft

    In Internetcafés würde ich nie im Sakko gehen…..und überm Stuhl würd´ ich das dort schon gleich garnicht hängen lassen…

  19. @superglue
    Wenn ich es richtig verstanden hab, war ja auch von Blome die Rede. Blome ohne, geht vermutlich gar nicht! Aber der geht wahrscheinlich auch gar nicht ins Internetcafe. Und überhaupt. Blödelkram. ;-)

  20. BILD macht das, was es immer gemacht hat: das Ignorieren von Persönlichkeitsrechten 1. nach dem Motto „Wenn sich niemand beschwert, geht es durch“ und 2. nach dem Motto „… woll’n doch mal seh’n, wer sich beschwert“. Ich erinnere immer wieder gern an den Film „Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann“, eine Erzählung von Heinrich Böll, verfilmt 1975 von Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta.

  21. Interessante Diskussion aber nicht wirklich zielführend.
    Journalistisch und rechtlich zu unterscheiden sind in zwei Schritten die Beschaffung des (Bild-) Materials und die Veröffentlichung.

    Die Beschaffung kann (und darf) über alle zugänglichen Quellen erfolgen (z.B. durch Betroffene, Angehörige, Freunde, Vereine, Arbeitgeber, aus dem Opferumfeld – wie eh und je durch „Witwenschütteln“ oder eben auch über Archive und Internetrecherche). Bis auf Hausfriedensbruch und Diebstahl ist soweit erst mal alles zulässig.

    Danach ist die Zulässigkeit der Veröffentlichung zu klären: Gar nicht, verpixelt oder offen; honorarfrei oder gegen Bezahlung.
    Beim Opfer eines spektakulären Verbrechens kann man öffentliches Interesse annehmen, also ist die Veröffentlichung per se zulässig, gemäß den Richtlinien des Presserates soll sie „zurückhaltend“sein , also verpixelt; Und es ist eine Honorarzahlung an den Inhaber der Urheberrechte zu leisten.

    Entgegen der landläufigen Meinung ist das nicht der Abgebildete sondern zumeist der Fotograf oder sonstige Rechteinhaber. Im vorliegenden Fall könnte das tatsächlich Facebook sein. Oft sind es aber auch die „Qualitätsmedien“, die vergleichbare Fotos immer schon gerne an den Boulevard oder an Illustrierte verhökert haben.

    Insofern hat Blome Recht: Wer auf der sichern Seite sein will sollte sich noch nicht mal von seiner Lokalzeitung bei den Kaninchenzüchtern oder beim Tennisturnier ablichten lassen, geschweige denn im Internet.

  22. @ kritikus

    Naja,

    aber die abgebildete Person war eben nicht das „Opfer eines spektakuläten Verbrechens“ an dem ein berechtigtes öffentliches Interesse möglicherweise gegeben wäre!
    Insofern sticht Ihr Argument nicht.
    Auch die Bewertung „öffentliches Interesse“ ist mittlerweile recht streng geregelt. Ein Mord- oder Unfallopfer wird nicht automatisch zur „Person der Zeitgeschichte“ (siehe §23 KunstUrhG, und die weiteren Bestimmungen der sog. „Caroline-Urteile“ des BGH, BVerfG und des EuGHMR).

    „Entgegen der landläufigen Meinung ist das nicht der Abgebildete sondern zumeist der Fotograf oder sonstige Rechteinhaber.“

    Das stimmt so nicht.

    Es geht hier nämlich nicht zuerst um den Fotografen und dessen Urheberrechte an dem Bild (völlig anderes Thema: der Urheber des Bildes könnte allerdings in der Tat ebenfalls Missbrauch geltend machen), sondern um die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten (und deren Recht auf „Informationelle Selbstbestimmung“ wie sie im sog. Volkszählungurteil von 1983 vom BVerfG dargelegt wurden).
    Auch ein Fotograf muss die Erlaubnis zur Veröffentlichung eines Werkes einholen, wenn auf seinem Bild lediglich eine kleine Gruppe von Menschen zu sehen ist, welche nicht als anonyme Menge zu charakterisieren ist. Wenn dann eine einzelne Person zweifelsfrei identifizierbar ist – und das muss nicht einmal das Gesicht sein, schon der unverwechselbare „Habitus“ – ist das ausreichend, um Persönlichkeitsschutz zu beanspruchen. Ausnahme wäre, wenn die oder der Abgelichtete für das Foto bezahlt wurde – oder im Falle einer „Person der Zeitgeschichte“ für die Aufnahme bewusst „posiert“ hat…Dann geht man von einer stillschweigenden Einwilligung zur Veröffentlichung aus. (nochmal §23 KunstUrhG und diverse Kommentare dazu.)

    In jedem Fall gilt:

    „KunstUrhG § 22“
    (Man lasse sich durch das „Kunsturheber“ nicht täuschen. Es geht nicht um Urheberrechte, sondern um Persönlichkeitsrechte.)

    Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.(sic!) Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.“

    Die „Untote“ war eine Privatperson, an der kein öffentliches Interesse zu begründen ist. Die Veröffentlichung ihres Bildes in der Bild – verpixelt oder unverpixelt – für welches sie (wahrscheinlich) nicht bezahlt wurde und dessen Verwertungsrechte sie (wahrscheinlich) nicht abgetreten hat, stellt insofern eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte dar. Das ist ein Straftatsbestand, der auf Antrag verfolgt wird.
    Dabei spielt es keine Rolle, ob sie selbst dieses Bild auf ihrer Website verbreitet.

  23. Kleiner Nachtrag – auf die Gefahr hin als obsessiv zu gelten:

    Es geht tatsächlich nicht um Moral, gute oder schlechte Sitten, sondern um Menschenrechte. Caroline Grimaldi hat nicht umsonst mit ihren Klagen bis hinauf zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte so etwas wie Präzedenzurteile erstritten.

    Manchmal stellen sich „Menschenrechtsfragen“ auch da, wo man sie zunächst vielleicht garnicht vermuten würde

  24. @superglue
    Vorweg: Dass die „Untote“, die kein Verbrechensopfer war, nicht hätte abgebildet werden dürfen und ihr entsprechende straf- und zivilrechtliche Wege offen stehen, versteht sich von selbst.

    Meine Ausführung bezieht sich auf die Annahme eines tatsächlichen Verbrechensopfers. Sie mögen mir gerne die wörtlichen Gesetztestexte zitieren – die ich natürlich kenne – aber auch nach Caroline-Urteil und neuerster EUGMR-Rechtsprechung gibt es nach wie vor in jedem Einzelfall die Abwägung zwischen (vermutetem) öffentlichen Interesse und individuellen Persönlichkeitsrechten.

    Ein Medium – und das gilt nicht nur für Bild – wird sich zunächst immer auf das öffentliche Interesse vermuten und sich darauf berufen und veröffentlichen. Sollte anschließend ein Gericht zu einer anderen Ansicht gelangen wird eben nachhonoriert. Ein starfrechtliches Risiko ist minimal – oder können Sie mir ein Urteil nennen, wo ein Reporter, Redakteuer oder Chefredakteur verknackt worden ist. Eben.

    Und nochmal, was den Rechteinhaber angeht: Wenn die Nutzungsrechte abgetreten werden bezieht sich das natürlich auf auch auf die Persönlichkeitsrechte. Also Augen auf beim Kleingedruckten (neuerdings EULA genannt)…

    Damit kein Mißverständnis aufkommt: Ich verteidige nicht die geschilderte Praxis. Als Pragmatiker will ich nur nicht mit dem Fahrrad die Vorfahrt vor einem 36Tonner erzwingen.

  25. Also, wenn ich mein Fahrrad (Foto) in der (die) Öffentlichkeit stelle, dann darf jeder (DeBIL-Mitarbeiter) damit machen, was er will, weil alles andere zu viel Arbeit macht.

    Aber wehe mir, ich würde das Gleiche mit der öffentlichen (sogar bezahlten) BILD-Zeitung machen!

    Sind das nicht zweierlei Maßstäbe?
    Ist es nicht genau das, was die Menschen an BILD,
    an dem Verleger-Pfennig so nervt?!

    Und was ist mit den Persönlichkeitsrechten eines Menschen?
    Sind diese weniger Wert als irgendwelche Rechte eines Unternehmens?! Scheinbar ja.

    Da sind wir nicht mehr weit vor Rassentrennung…
    nur eben Trennung nach Vermögenden und Armen.

  26. „oder können Sie mir ein Urteil nennen, wo ein Reporter, Redakteuer oder Chefredakteur verknackt worden ist. Eben.“

    Schauen Sie doch mal da:

    http://www.kommunikationundrecht.de/detail/-/specific/Axel-Springer-AG-Untersagte-Berichterstattung-ueber-165240508

    In dem Fall hat die Axel Springer AG sich offensichtlich die Mühe gemacht gegen die – für Sie negativen Urteile vor dem LG und dem OLG Hamburg – bis vor den EGHMR zu ziehen, wo ihr dann – zumindest in Teilen – recht gegeben wurde.

    Und es muss ja nicht gleich „verknacken“ des Chefredakteurs sein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Axel Springer AG schon sehr viele Prozesse wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten geführt hat und dabei unterlegen ist. Meist resultiert das in Geldstrafen. Das zahlen die wahrscheinlich aus der Portokasse.

    Das eigentlich ekelerregende an so Typen wie Blome ist, dass die selbstverständlich von ihren Rechtsabteilungen sehr genau über die Problematik in Kenntnis gesetzt werden und im Grunde ziemlich gut Bescheid wissen. (Das obige Urteil zur Frage von Persönlichkeitsrechten versus Öffentliches Interesse stammt aus diesem Jahr.) Hier wird einfach systematisch der Rechtsstaat getestet und herausgefordert. Das sind keine natürlich durch Ahnungslosigkeit verursachten „Missgriffe“, sondern darin spiegelt sich ein „Funktionsprinzip“ der Bild. Insofern sind die flapsigen Sprüche, die der Herr absondert, eben nur bestenfalls kalkulierte Blauäugigkeit. Während er mit seiner Naivität kokettiert, ist er sich der Unrechtmäßigkeit seines Treibens in Wahrheit sehr wohl bewusst. Das ist Desinformation und Täuschung.

  27. „Als Pragmatiker will ich nur nicht mit dem Fahrrad die Vorfahrt vor einem 36Tonner erzwingen.“

    Und genau auf diese Haltung kann die Bild offensichtlich zählen. Das zu Ende gedacht, lässt allerdings den Rechtsstaat und den Ethos erodieren…Die Gesellschaft wird zur Wildbahn erklärt, in der -weil´s pragmatisch ist – das Recht des Stärkeren gilt…die Menschen darin werden zu Freiwild….
    Hannah Arendt hat mal gesagt. „Man ist auch für seinen Gehorsam verantwortlich.“
    Egal ob aus Desinteresse, Feigheit, Bequemlichkeit oder Opportunismus: Wer sich der vermeintlichen Macht des Faktischen allzu willfährig unterwirft, wird sich spätestens dann wundern, wenn es ihm selbst mal an den Kragen geht und alle ganz pragmatisch wegsehen. Das muss man dann wohl „einpreisen“.

  28. @ kritikus

    Ein wenig stört mich schon die Ungenauigkeit Ihrer Argumentation. Zum Teil ist diese schlicht sachlich falsch. Mit Verlaub, aber ähnlich unscharf und halbwahr wie Sie redet auch Blome.

    “ Sollte anschließend ein Gericht zu einer anderen Ansicht gelangen wird eben nachhonoriert.“
    Falsch! Es wird nicht „nachhonoriert“. Wird von einem Gericht eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten festgestellt, ist die Zahlung an den Kläger eine Entschädigung bzw. Geldstrafe und bestimmt kein „Honorar“.

    „Und nochmal, was den Rechteinhaber angeht: Wenn die Nutzungsrechte abgetreten werden bezieht sich das natürlich auf auch auf die Persönlichkeitsrechte.“

    Wieder falsch.
    Der Paparazzo erwirbt an einem heimlich geschossenen Foto eines Prominenten oder einer unbekannten Person keine Persönlichkeitsrechte, kann diese folglich auch nicht Abtreten, selbst wenn er das Foto verkauft und die Verwertungsrechte an einen Verlag überträgt. Persönlichkeitsrechte lassen sich per definitionem nicht „erwerben“. Der Abgebildete gibt höchstens unter bestimmten Voraussetzungen seine stillschweigende Zustimmung zur Veröffentlichung.

    „Meine Ausführung bezieht sich auf die Annahme eines tatsächlichen Verbrechensopfers.“

    Auch hierzu hat der EuGHMR ausdrücklich festgestellt, wie eng die Grenzen der zuläsigen Berichterstattung im Falle von nicht öffentlichen Personen sind. Die Abwägung bei sogenannten „Relativen Personen der Zeitgeschichte“ fällt in der Regel eher zugunsten des Schutzes der Privatsphäre aus. Ich behaupte: Auch hier wäre ein unverpixeltes Foto des tatsächlichen Opfers nicht statthaft gewesen – zumal wenn keine Erlaubnis der Angehörigen eingeholt wurde. („Witwenschütteln“ mag man unsensibel oder unethisch finden, aber es ist legal. Was Bild tut, ist „pragmatisch“ aber illegal.)

    Richtig ist, dass eine Abwägung in jedem Fall vorgenommen werden muss (!), aber die Kriterien dafür sind Blome und der Bild nur allzu gut bekannt…und so ungenau, dass diese schwierig zu verstehen wären, sind sie nicht. Die diesbezüglichen Rechtsbrüche und -beugungen von Bild (die gibt´s genug – das wird der Hausherr besser wissen, als ich. Mir fällt spontan der Fall Charlotte Roche ein.) sind deshalb systematisch. Die Bild ist ein notorischer Wiederholungstäter, der für den Profit und die Aufmerksamkeit auf den Rechtsstaat scheißt. Das ist nicht Ausdruck von Demokratie und Meinungsfreiheit, sondern bestenfalls ihr Totenglöckchen.

  29. Nochmal @ superglue
    Wir könnten vermutlich noch ewig aneinander vorbeiargumentieren. In der Bestandsaufnahme bin ich durchaus Ihrer und Niggemeiers Ansicht. Nur ist meine Schlussfolgerung daraus ist eben anders. Manchmal kann man durch Perspektivwechsel zu einer eigenen Conclusio kommen.

    Wenn Blome in einer Mischung aus Offenheit und Zynismus sagt: “ Wenn … Menschen … ihr ganzes Privatleben im Internet ausbreiten … sind solche Folgen leider mit einzupreisen,“ dürfen Sie ihn ruhig wörtlich nehmen. Da wird auch eine (in der Regel kleine) Entschädigung oder Geldbuse im Falle einer Klage zum „Honorarbestandteil“.

    Wenn sie einen hundert Euro Schein auf einer Parkbank liegen lassen behalten Sie rechtlich gesehen trotzdem das Eigentum daran. Wenn Ihr Schein nach einer halben Stunde nicht mehr da liegt können wir natürlich trefflich über Tatbestände wie Fundunterschlagung und Diebstahl sprechen oder über Ehrlichkeit und Anstand philosophieren – und über Naivität und Lebenswirklichkeit. O.K. – bevor Sie wieder die Unschärfe meiner Ausführungen feststellen: alle Beispiele hinken. Immer.

    Jedenfalls werde ich einen Teufel tun und einen Facebook-Account eröffnen oder private Fotos und persönliche Daten im Netz vagabundieren lassen. Und die meisten meiner – ebenfalls langjährig medienschaffenden Freunde – sehen das auch so.

  30. @kritikus: Derjenige, der den 100 EUR einsteckt, wird das dann aber vermutlich nicht öffentlich in Radio Eins verkünden, als wäre er quasi irgendwie von den Umständen und so dazu gezwungen worden.

  31. @kritikus:

    Wenn Ihr Schein nach einer halben Stunde nicht mehr da liegt, können wir natürlich trefflich über Tatbestände wie Fundunterschlagung und Diebstahl […] philosophieren .

    Es kann aber auch sein, dass der Weg ins Fundbüro sehr lang ist, weil Vergleiche hinken (nicht die Beispiele).

    Zusatzfrage: Warum conclusionanieren Sie? Es gibt auch schöne deutsche Wörter, die einen starken Abgang verursachen können.

    Disclaimer: Habe soeben den Text von Stefan zu 50/60 Jahre „Bild“ gelesen. Seine Schilderungen und die Tatsache, dass immer mehr Menschen und „Intellektuelle“ sich von diesem Blatt vereinnahmen lassen, haben mein Sodbrennen verstärkt.

  32. „wir natürlich trefflich über Tatbestände wie Fundunterschlagung und Diebstahl sprechen “

    Nur das Diebstahl kein Tatbestand ist sondern eine Straftat, zu deren Begehung man Tatbestände(zB fremde sache) erfüllen muss.

    Darüber muss man auch nicht philosophieren oder sprechen, genauso wenig darüber das das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zum Glück ein hohes Gut in Deutschland ist und Bild dieses gerne mit den Füßen tritt in der irrigen Annahme im Recht zu sein.

  33. Hallo Herr Niggemeier,

    warum wartet mein letzter Eintrag noch immer auf Moderation?

    Hab ich was falsch gemacht oder „Bin ich schon drin?“..;-)

  34. Ganz ehrlich:
    Menschen, die es für nötig oder chic halten, sich in Internetforen solche Namen zu geben, die eine kritische(re) Grundhaltung (als die der anderen Kommentatoren) zum Ausdruck bringen sollen, wecken schon beinahe reflexhaft meinen Widerspruchsgeist. (Zumal, wenn diese auf der Basis fehlerhafter Informationen unsauber argumentieren und das Ganze auch noch mit Latinismen gariert wird.) Aber das nur am Rande.

    Ich finde nicht, dass wir aneinander „vorbeigeredet“ haben. Das würde unterstellen, ich hätte Sie nicht korrekt verstanden oder falsch zitiert. Welche Conclusio Sie aus der Lektüre von Herrn Blome ziehen, wie Sie ihn interpretieren wollen, was Sie im Internet heute und in Zukunft zu tun oder unterlassen gedenken, ist in der Tat Ihr Privatvergnügen. Das war auch gewiss nicht das Thema meiner Kommentare. Allerdings haben Sie in mehreren Beiträgen apodiktische Aussagen getroffen, die alle – betrachtet man die aktuelle Gesetzeslage – schlicht sachlich falsch waren . Diese Aussagen habe ich mir erlaubt, meinerseits kritisch zu kommentieren bzw. zu korrigieren.

    Wenn ich Ihre abschließenden hinkenden Vergleiche und Ihre daraus gezogene Schlussfolgerung allerdings überdenke, komme ich doch zu dem Eindruck, dass Sie nichtsdestoweniger glauben, dass derjenige, der Informationen von sich im Internet öffentlich macht, sich eben auch nicht wundern darf, wenn andere diese missbräuchlich nutzen.
    Meine Conclusio – oder meine Perspektive – ist eben eine andere. Weniger „pragmatisch, sondern wahrscheinlich eher politisch oder idealistisch: Gegen diese Art von illegalem Missbrauch müsste schlicht viel vehementer und konsequenter vorgegangen werden. Dann braucht es wahrscheinlich mehr als den zahnlosen Tiger des deutschen Presserates. Vielleicht müsste man sogar darüber nachdenken, deratig eklatante Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht von Amts wegen und nicht nur auf Antrag zu verfolgen.
    Es kann – und hier kommen wir wieder auf den obigen Text des Hausherrn zurück – außerdem tatsächlich nicht sein, dass Verlage wie der von Axel Springer einerseits für sich – weitgehend ungestraft – das Recht des Stärkeren für sich in Anspruch nehmen, in den Weiten des WWW zu wildern – während sie sich gleichzeitig neue Gesetze von eben jenem Rechtsstaat zu ihrem Schutz zimmern lassen, über den sie sich – wenn´s für sie opportun und „pragmatisch“ ist, nonchalant hinwegsetzen.

    Würden alle Ihrer „Logik“ und Conclusio folgen und sich aus Furcht vor dem oder mit vorauseilender achselzuckender Akzeptanz des möglichen ungesühnten Missbrauchs einer neuen Technologie, deren Vorteile und Möglichkeiten jedesmal komplett von vornherein versagen, dann würde dies langfristig kulturellen und technologischen Fortschritt massiv behindern.
    Nur weil es Betrug im Internet gibt, „preise“ ich weder den unverschuldeten Verlust von Geld ein, noch höre ich auf Online-Banking zu nutzen. Ich erwarte vielmehr, dass mir die Bank oder das Kreditkarteninstitut den Verlust ersetzt.
    Wo wären wir heute, wenn sich niemand aus Angst vor möglichem Terror durch störende Werbung jemals ein Telefon oder Email zugelegt hätte? Wir würden uns vielleicht alle mächtig pragmatisch vorkommen, aber wahrscheinlich immer noch Briefe schreiben.
    Nur weil ein mächtiger Verlag, sich systematisch über geltendes Recht hinwegsetzt und einem den Spaß und die Möglichkeiten verleidet, kann das meiner Meinung nach nicht den Rückzug ins Vor-Internet-Zeitalter begründen.
    So schnell sollte man da nicht vor einer vermeintlichen Übermacht kapitulieren. Das könnte dann am Ende doch wieder ganz pragmatisch die bessere Conclusio sein.

  35. Lasst dieses Blatt in Frieden sterben. 60 Jahre sind genug, die freie Postwurfsendung mit dieser medialen Beachtung ein letztes Aufbäumen vor dem verdienten Ableben. Bild hat viel dafür getan, dass Menschen ungebildet, unkritisch und charakterlos bleiben – und es doch nicht geschafft, das Konzept ‚Volksverdummung‘ in die Zukunft zu retten.

    Wie wäre das Befinden, die Signalwirkung, wenn die Bild-Zeitung Insolvenz beantragen müsste? Wäre das nicht ein Triumph der Aufklärung, ein real existierender ‚Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit‘?

  36. @ superglue. Meine Güte – da haben Sie sich aber in Rage geschrieben. Dabei haben mich vollig richtig verstanden:

    „… derjenige, der Informationen von sich im Internet öffentlich macht, sich eben auch nicht wundern darf, wenn andere diese missbräuchlich nutzen.“ > Stimmt.

    „…Dann braucht es wahrscheinlich mehr als den zahnlosen Tiger des deutschen Presserates.“ > Stimmt auch.

    „…Aussagen getroffen, die alle — betrachtet man die aktuelle Gesetzeslage — schlicht sachlich falsch waren .“ > Warten wir doch ab, was aus den angekündigen Verfahren der „Untoten“ wird.

    Weil allzu idealistische Perspektiven schon beinahe reflexhaft meinen pragmatischen Widerspruchsgeist wecken:

    „Würden alle …aus Furcht vor dem … möglichen ungesühnten Missbrauchs einer neuen Technologie, deren Vorteile und Möglichkeiten jedesmal komplett von vornherein versagen, dann würde dies langfristig kulturellen und technologischen Fortschritt massiv behindern.“ >Sehen Sie das bei Gen-Technik, CCS und Nanotechnologie genau so?

    „… kann das meiner Meinung nach nicht den Rückzug ins Vor-Internet-Zeitalter begründen.“ > Kein Widerspruch.
    Aber die Nutzung eben nicht ohne bewußte (!) Risikoabwägung. Haben sie eventuell erwogen, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt?

    „…Ich erwarte vielmehr, dass mir die Bank oder das Kreditkarteninstitut den Verlust ersetzt.“ > Wenn Sie beim Banking im Umgang mit personenbezogenen Daten so wie mit Facebook … – na, lassen wir das.

    Zu guter Letzt:
    „… Menschen, die es für nötig oder chic halten, sich in Internetforen solche Namen zu geben…“ > Solche? Ganz ehrlich? Sind Internetnamen wirklich wegweisend? „Polyphem“, der Vielgerühmte, war diesmal schon vergeben und auch als „Fahrradbesitzer“ konnte ich micht mehr outen. „Gesichtsbuch-Doof-Finder“ war zu lang. Aber gerade rätsele ich noch welche Haltung „superglue“ wohl zum Ausdruck bringen mag? Superklebrige Kommentare? Vetreter für Cyanoacrylat? Besonders anhänglich?

  37. @ Oberkritiker

    Ich schreibe mich in „Rage“? (Sie scheinen auch zu glauben, nur weil ein Text mehr als 3 Sätze hat, man habe sich in Rage geschrieben?) Conclusionieren Sie ruhig weiter.

    P.S. „Warten wir doch ab, was aus den angekündigen Verfahren der »Untoten« wird.“…Der Ausgang dieser Verfahren ändert rein garnichts an der aktuellen Gesetzeslage und Ihrer fehlerhaften Darstellung derselben. Aus der Nummer kommen Sie so nicht raus.

    PPS. „Sehen Sie das bei Gen-Technik, CCS und Nanotechnologie genau so?“
    Natürlich. Ich erwäge stets das Risiko, und bin mir bewusst, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt. (Offensichtlich besteht ja Ihre angeblich so differenzierte Haltung darin, sich z.B. die Möglichkeiten sozialer Netzwerke komplett zu versagen. „Jedenfalls werde ich einen Teufel tun und einen Facebook-Account eröffnen oder private Fotos und persönliche Daten im Netz vagabundieren lassen.“ In dieser Aussage sehe ich jedenfalls gerade keine Zwischentöne.“Haben sie eventuell erwogen, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt?“)

    Wenn sie sich für das Thema ernsthaft interessieren, empfehle ich übrigens immer wieder gerne das großartige Buch „Risiko – Über den gesellschaftlichen Umgang mit Unsicherheit“ von Renn, Schweizer, Dreyer und Klinke (besonders die Seiten 20 – 66 und 77-96).

    Ich nutze Facebook nicht bzw. kaum, da ich in anderen sozialen Netzwerken aktiv bin. Aber gegen missbräuchliche Nutzung meiner Daten durch eine Zeitung wie Bild würde ich mich natürlich im Vertrauen auf das deutsche Recht mit aller Schärfe zur Wehr setzen. (Das setzt natürlich voraus, dass man seine Rechte kennt – und diese auch richtig verstanden hat.) Wenn der Gesetzgeber dazu gebracht werden kann, ein LSG zu entwickeln, warum soll es nicht möglich sein, sich auch erfolgreich politisch für die Stärkung von Persönlichkeitsrechten einzusetzen? (Mal abgesehen davon, dass die rechtlichen Grundlagen ja da sind, man muss sie nur konsequent anwenden.)
    Ich glaube, so ganz haben Sie die Kernthese meiner Ausagen nicht begriffen. Wenn Sie das sich Beugen vor dem vermeintlich Stärkeren für pragmatisch und „differenziert“ halten, ist das ganz allein Ihr Bier. Aber Politik macht man so nicht.

    Übrigens: Nix gegen Leute, die sich für so kritisch und reflektiert halten, dass sie diesen Glauben wie eine Monstranz vor sich hertragen müssen, nur sollte doch dass, was sie schreiben, dann wenigstens einer inhaltlichen Prüfung standhalten;-) Dann – und nur dann – wäre ich bereit, über in meinen Augen tendenziell anmaßende Aliase wie „kritikus“, „kritiker“ und deren „Composita“ milde hinwegzusehen.

    Klebrige Grüße

  38. Ach, Herr @ Klebstoff. Auch wenn es mir jetzt schlaflose Nächte bereiten wird, dass Sie nicht bereit sind, milde über mich und meine Monstranz hinwegzusehen: Ich kann’s nicht ändern – „Kritikus“ ist kein bloßes Alias sondern (m)ein Beruf. Und der ist per Definition anmassend. Sie wissen doch, Besserwisser die grundsätzlich nichts begreifen, keine Ahnung haben worüber sie schreiben und dafür auch noch Geld bekommen.

    Und dem muss ich jetzt wieder ganz profan nachgehen. So gerne ich den anregenden aber leider brotlosen Dialog mit Ihnen noch fortgeführt hätte – das Buch muss fertig werden.

    Doch noch ein PS: Was Ihren Buchhinweis angeht, da haben Sie absolut Recht. Es wird Ortwin Renn sicher freuen, wenn ich ihm einen virtuellen „like“-Knopfdruck (ohne Datenmißbrauch) von einem Fan ganz old fashioned dieser Tage persönlich überbringe.

  39. @ 52

    Ohjeh…Kritiker von Beruf? Das tut mir leid….Das sind doch die Leute, die das worüber sie herziehen, selbst nicht besser machen können, oder?
    Dabei waren Sie oben noch „Medienschaffender“ – einer der (gleichermaßen arrogant) selbsternannten „Kreativen“…naja..sei´s drum…

  40. […] Mein persönlicher Höhepunkt in dieser Sache ist Nikolas Blome vom Axel Springer Verlag, der in einem Interview flockig zugab, dass sich BILD ohne Hemmungen an Facebook-Profilen bedient: Wenn Leute, Menschen — viele, viele Menschen offenkundig — ihr ganzes Privatleben im Internet ausbreiten, und das ist nun mal frei zugänglich, dann sind solche Folgen leider mit einzupreisen. Das heißt, dann müssen sich Menschen auch bewusst sein, dass sie sich öffentlich gemacht haben. Und das kann dann auch dazu führen, dass Zeitungen von diesen öffentlich zugänglichen Recherchefeldern, also zum Beispiel Facebook, also zum Beispiel Internet insgesamt, Gebrauch machen. (Dokumentiert bei Niggemeier.) […]

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