Martensteins gefühltes Wissen

Manche Dinge sieht man besser, wenn man nicht so genau hinschaut. Wenn man, anstatt mit der Nasenspitze drauf zu stoßen, ein paar Schritte zurücktritt.

Um einen Hindernisparcours mit dem Fahrrad oder Motorrad langsam zu durchfahren, hilft es, nicht auf die Hütchen zu starren. Den Schlüsselbund auf dem Schreibtisch findet man oft am besten aus dem Augenwinkel.

Es ist also nicht von vornherein eine schlechte Idee, dass Harald Martenstein in seiner „Zeit“-Kolumne über die Reaktionen auf die Nazimorde schreibt, obwohl er erklärtermaßen wenig davon erlebt hat. Er war in den vergangenen Wochen in den USA, wo er wenig von dem ganzen Getöse mitbekommen hat, und brachte etwas mit, das uns fehlt: Abstand. Und gesundes Nichtwissen.

Das lässt sich mit etwas Geschick in gefühltes Wissen verwandeln. Gefühltes Wissen ist das, was Kolumnisten wie Martenstein auszeichnet und lesenswert macht.

Deshalb wäre es auch Unsinn, ihm Recherchefaulheit vorzuwerfen, wenn er Sätze schreibt wie:

In den USA hatte kein Sender und keine Zeitung [über die Nazimorde] berichtet, zumindest habe ich nichts mitbekommen. Vielleicht stand in der New York Times eine Kleinigkeit, die ich übersehen habe.

Natürlich könnte er in etwa fünf Sekunden feststellen, dass in der „New York Times“ ein größerer Artikel stand, und zwar am 14. November auf Seite 4, aber man kann ernsthaft darüber streiten, ob diese exakte Information die Wahrheit wirklich treffender beschreibt als das Gefühl: nirgends stand irgendwas.

Die amerikanischen Medien waren stattdessen voll von einem spektakulären Missbrauchsfall „in einem wichtigen Sportverein“ (er meint das Football-Team der Penn-State-Universität, aber das zu nennen, wäre schon wieder die Scharf-Nah-Einstellung einer Linse, also nichts für Martensteins unfokussierten Blick). Das bringt ihn zu der Beobachtung, dass der Missbrauchsfall ja auch bei uns hätte stattfinden können, und die Nazimordserie in den USA, denn:

Es kann ja fast alles Furchtbare fast überall passieren.

Das ist natürlich richtig. Aber um das festzustellen und bei dieser Feststellung stehen zu bleiben und nicht wenigstens zu fragen, warum bestimmte Dinge trotzdem hier passiert sind und nicht woanders und andere woanders und nicht hier, muss man schon einen großen Willen zum Nichtwissenwollen mitbringen.

Auch jemand, der aussieht wie Winston Churchill kann 91 Jahre alt werden, aber wenn das passiert, ist es kein Beweis dafür, dass Ernährung und Bewegung keinen Einfluss auf die Lebenserwartung haben.

Jedenfalls kam Martenstein also aus den USA zurück und staunte, dass sich Deutschland in seiner Abwesenheit verändert hatte, weil die Menschen erfahren hatten, dass eine Gruppe von Neonazis in diesem Land jahrelang relativ unbehelligt Morde begehen konnte.

Martenstein schreibt:

Nicht selten wurden die Morde mit dem Rassismus der Deutschen oder zumindest vieler Deutscher in Verbindung gebracht oder damit, dass man den Naziterror in Deutschland notorisch unterschätzt. Moment mal, war nicht ein paar Monate vorher etwas ähnlich Furchtbares in Norwegen passiert? Es kommt mir immer widersprüchlich vor, wenn man gegen den Rassismus anschreibt und dabei einem bestimmten Volk, zum Beispiel den Deutschen, einen gewissermaßen in der Rasse angelegten Hang zum Bösen unterstellt.

Hier ist Martensteins Prinzip der Vagheit ein Ärgernis, denn ich wüsste gerne, wo er das gelesen hat. Mein gefühltes Wissen unterscheidet sich fundamental von seinem gefühlten Wissen, denn mir kommt es nicht so vor, als seien die Ausländermorde dieser Bande als Beweis dafür diskutiert worden, dass die Deutschen chronisch latent ausländermörderisch seien. Nach meiner Wahrnehmung war das besondere Entsetzen über die Taten ein Ausdruck davon, dass es ausgerechnet uns passieren konnte, die Gefahr rechtsextremer Gewalt anscheinend relativ kollektiv zu unterschätzen.

Martenstein aber vergleicht die reale Pauschalverurteilung von Muslimen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 mit der von ihm wahrgenommenen Pauschal(selbst)verurteilung der Deutschen, und das ist auf so vielen Ebenen abwegig, dass ich nur vermuten kann, dass er seinen gesunden Menschenverstand noch unausgepackt im Koffer hat.

Es kommt aber noch schlimmer:

Wegen der Nazimorde, las ich, habe der Bundestag sich bei den Hinterbliebenen entschuldigt. Ich fand das seltsam. (…) Indem die Volksvertretung sich entschuldigt, dachte ich, identifiziert sie sich irgendwie mit den Mördern, sie schafft ein falsches „wir“. Wir Deutschen, ihr Migranten. Als ob das sauber zu trennen wäre. Genau das wollen die Nazis doch. Der Staat soll die Nazis jagen und einsperren und nicht an ihrer Stelle Entschuldigungen abgeben.

Das ist der Fluch des gefühlten Wissens: Wenn Martenstein etwas in der Welt wahrnimmt, das ihm „seltsam“ vorkommt, dann schaut er sich als Reaktion nicht genauer die Sache in der Welt an, sondern das Gefühl in seinem Kopf. So mag er hin und wieder zwar zu originellen Erkenntnissen kommen. Deren Verbindung zur Realität lässt sich aber in diesem Fall durch eine schlichte zweiminütige Recherche kappen.

Die „Entschuldigung“ des Bundestages, die Martenstein so seltsam vorkam, lautet nämlich wie folgt:

Im Namen des ganzen Hauses, aller Mitglieder des Deutschen Bundestages, will ich unsere Trauer, Betroffenheit und Bestürzung zum Ausdruck bringen über die erschreckende Serie von Morden und Anschlägen einer kriminellen neonazistischen Bande.

Wir sind beschämt, dass die Sicherheitsbehörden der Länder wie des Bundes die über Jahre hinweg geplanten und ausgeführten Verbrechen weder rechtzeitig aufdecken noch verhindern konnten. Unsere Anteilnahme gilt den Angehörigen und eine besondere Bitte der Entschuldigung für manche Verdächtigungen von Opfern und Angehörigen, die sie während der Ermittlungen vor Ort erleben mussten.

Wir wissen um unsere Verantwortung. Wir sind fest entschlossen, alles mit den Mitteln des Rechtsstaates Mögliche zu tun, die Ereignisse und ihre Hintergründe aufzuklären und sicherzustellen, dass der Schutz von Leib und Leben und die von unserer Verfassung garantierten Grundrechte in diesem Land Geltung haben — für jeden, der hier lebt, mit welcher Herkunft, mit welchem Glauben und mit welcher Orientierung auch immer.

Gleich drei gute Gründe enthält diese Erklärung dafür, warum der Bundestag der Opfer gedachte. Erstens weil es staatliche Organe waren, die massive Fehler gemacht haben (und deren Mitarbeiter sogar, was der Bundestag allerdings nicht erwähnt, im Verdacht stehen, in die Morde verwickelt zu sein). Zweitens weil die Opfer zu Tätern gemacht wurden, indem ihnen — aufgrund ihrer Herkunft — unterstellt wurde, in dunkle Geschäfte verwickelt zu sein (der „Spiegel“ hatte noch im August suggeriert, hinter den Morden stecke „die mafiöse Organisation türkischer Nationalisten in Deutschland“: „Die Morde, so viel wissen die Ermittler, sind die Rechnung für Schulden aus kriminellen Geschäften oder die Rache an Abtrünnigen.“) Und drittens weil der Staat eine Verantwortung für die Menschen hat, die hier leben, und für die Minderheiten in besonderem Maße. Es hat eine andere Qualität, wenn Ausländer um Leib und Leben fürchten müssen, nur weil sie Ausländer sind, oder wenn Staatsvertreter als Staatsvertreter von Terroristen ins Visier genommen werden.

Von einer „Entschuldigung“ für die Taten selbst oder gar einer Entschuldigung an Stelle der Neonazis ist in der Bundestags-Erklärung keine Rede; sie aber hat Martenstein aus seinem Viertelwissen erfühlt und damit auch die Identifikation — „irgendwie“ — mit den Mörden.

Ein falsches „wir“ schaffe sie, „wir Deutschen, ihr Migranten“, „als ob das sauber zu trennen wäre“. Das war leider tatsächlich furchtbar sauber zu trennen: Die Morde an den Türken und dem Griechen wurden „Döner-Morde“ genannt — ein Begriff, den anscheinend die „Bild“-Zeitung früh geprägt hat, der aber von anderen Medien kritiklos übernommen wurde und viel darüber aussagt, wie wir Deutschen die Türken wahrnehmen.

Die Deutschen haben sich nach meiner Wahrnehmung in den letzten Wochen nicht als immer noch latentes Nazi-Volk erkannt. Die Deutschen sind einfach nachvollziehbar erschrocken, wie unfähig oder untätig ihre Sicherheitsorgane im Kampf gegen rechtsradikale Gewalt sind und wie bereitwillig wir vielleicht alle waren, in ganz falscher Weise die Ermordung von Menschen durch ihre Nationalität zu erklären.

Aber Harald Martenstein war in den USA und hat sich hinterher etwas anderes zusammengereimt. Oft hilft es ja, sich Sachen genau anzuschauen, und dann erst ein paar Schritte zurückzutreten.

125 Replies to “Martensteins gefühltes Wissen”

  1. Martenstein schreibt: „Für die Morde der RAF hat es nie eine solche Entschuldigung des Bundestags gegeben, obwohl es auch da Fahndungsfehler der Polizei gab. Helmut Schmidt hat gesagt, er fühle sich mitschuldig am Tod von Hanns Martin Schleyer, das ist eine andere Geschichte.“

    Es gab für Schleyer ein Staatsbegräbnis.

    Kolumnen der Art „Ich komme gerade aus der großen Welt zurück nach Hause und wundere mich, was hier abgeht“ konnte ich wegen der darin enthaltenen Eitelkeit aber sowieso noch nie leiden.

  2. Ich hatte mich neulich schon gefragt, ob Franz Josef Wagner hinter diesem Martenstein steckt.
    Bei seiner Kolumne über neue Lernmethoden in der Grundschule sind mir alle Zehennägel hochgeklappt, zum Glück hatte ich schon da beschlossen, nie wieder was von diesem Dummschwätzer zu lesen…
    http://www.zeit.de/2011/48/Martenstein

  3. martenstein wegen einem oder zwei geistigen vollaussetzern mit wagner gleichzusetzen ist putzig, aber blendet völlig aus, dass bei den ergüssen des zweiten häme, zielgerichtete bösartigkeit, herabsetzung von personen und unerträglicher schreibstil der texte mit einem arbeitgeber blöd kumulieren.
    so please.

  4. Jetzt ist es raus!
    Wagner übernimmt „Wetten, dass“.
    Martenstein übernimmt die Kolumne für Bild und übt schon mal auf zeit.de.
    Der Duktus passt schon, an der Textlänge muss er noch arbeiten.

  5. @ jan: Weshalb?
    Ich frage, weil ich mich angesichts dieser Wir-schreiben-erstmal-wie-wir-lustig-sind-Methode ganz schoen gegruselt habe und nur ueber Achtelwissen verfuege (Erlebnisberichte von Freunden und ein wenig Lehrerfahrung mit Schulkindern).

    Aber wenn ich aus einem ziemlich langen Schlaf aufgewacht nur Martensteins Quark zum Thema Rechtsterrorismus gelesen haette, waere ich vllt aehnlich verstoert zurueck geblieben.

  6. @Jan
    Fand den Schultext schon sehr treffend, und einen der guten von Martenstein, versteh nicht was daran zum Zehennägel hochklappen ist.

  7. Jetzt wird mir klar (Martenstein sei Dank), warum sich die türkische Regierung so schwer damit tut, sich für den Völkermord an den Armeniern zu entschuldigen:
    Sie würde sich ja im Nachhinein mit den Tätern identifizieren und ein falsches „wir“ schaffen!
    Leider erfahren „die Australier“ das zu spät. Die haben sich bei „den Aborigenes“ nämlich schon entschuldigt…

  8. @Horst
    Weil der auch nicht recherchiert, sondern nur gefühlt war. So ist es gerade der Sinn der Methode, den Kindern Rechtschreibregeln dann zu erklären, wenn sie danach fragen (nur nicht vorher). Die von Martenstein aufgeschriebene – und ja wirklich absurd klingende – Forderung, die Orthographie nie und auf keinen Fall zu korrigieren, hab ich noch nie von einem Pädagogen gehört.

    Aber so wars natürlich lustiger.

  9. Wer so wie Martenstein den permanenten Ehrgeiz hat, sich als Querdenker zu positionieren, der muss sich Vorgänge in seiner Umwelt halt so konstruieren, dass sie zu den Kommentaren passen.

    Dass trotzdem bei ihm meist stromlinienförmige Kommentare rauskommen halte ich für ausgleichende Gerechtigkeit.

  10. Die in den Kommentaren aufkommenden Schmähungen Martensteins als eine Art Wagner der Zeit sind vollkommen abwegig und lächerlich. Ich war nie ein Freund der Martenstein-Kolumnen, in der er oft mit seiner gespielten Naivität und Dummheit kokettierte. Solange die Richtung jedoch opportun war, wurde er dafür gefeiert; die Ungenauigkeiten wurden lässig übersehen. Jetzt greift er fehl (man fragt nach der Redaktion) – und alle kühlen sich ihr Mütchen an ihn.

  11. @Gregor Keuschnig, #14

    Hab ich da was verpasst? Martenstein hat eine „Richtung“? Die war mal opportun? Er wurde gefeiert?

  12. Ich habe den ganzen Text von Martenstein jetzt nicht gelesen sondern nur das, was hier im Post zitiert wird, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass sich da eine gängige und gefährliche Einstellung einschleicht: „Wir (die Gesellschaft) können nichts dafür, wenn Nazis ein paar Ausländer ermorden, darum müssen wir uns auch nicht damit auseinander setzen oder sogar Konsequenzen daraus ziehen.“ Diese Haltung ist ja nun nicht neu, sie fällt hier vermutlich aber deswegen auf, weil sie mal alleine steht und der Rest der Medien diese nicht teilen.

  13. Okay, der hier analysierte Martenstein-Artikel ist offensichtlich grottig. Allerdings hebt sich Martenstein mit vielen Artikeln auch sehr positiv von seinen Kollegen ab, wenn diese mal wieder nur im dumpfen journalistischen Gleichschritt marschieren. Deshalb bezeichnet Stefan Niggemeier Martenstein wohl auch nicht ohne Grund als „lesenswert“, und das ist er in vielen Fällen in der Tat. Auch ich finde deshalb das hier in den Kommentaren einsetzende Martenstein-Bashing – so als ob dieser Mensch ständig nur Müll schreiben würde – nervig und dumm. Wer Martensteins Artikel ernsthaft mit dem Niveau von BILD-Wagner gleichsetzen will, hat sich vermutlich in seinem ganzen Leben nie ernsthaft mit Textanalyse befasst.

  14. Sommer- äh, Winterloch? Ist in China gestern kein Reissack umgefallen? Herr Niggemeier, liebe empörte Blog-Kommentatoren – kriegt Euch wieder ein. Es soll durchaus noch weitere Leute geben (außer Martenstein, meine ich), die angesichts der politisch-korrekten Bundestags-Verlautbarung ebenfalls ein nicht genau definierbares, in jedem Fall aber ungutes Gefühl im Bauch hatten.

    Meister Martenstein hat’s geschafft, dieses dumpfe Gefühl in klare Sätze zu packen. Dafür gebührt ihm Dank.

    Wirklich übel wird mir hingegen, wenn so mancher hier mit Blut in den Augen Martenstein mit Wagner vergleicht. Echt total tolerant, gar nicht polemisch-dumpfbackige Sitten hier…

  15. Ach, Martenstein. Wenn er gut drauf ist, steht er mit ungläubigem Blick vor einem Phänomen, das er nicht versteht, und schafft es, mir als Leser diesen Blick zu vermitteln. Wenn er schlecht drauf ist, spielt er den Querdenker, und in der deutschen Diskussion ist der Weg leider nicht weit vom Querdenker zum Maverick, der gegen angebliche Denkverbote, gegen den angeblichen Terror der Political Correctness anschreibt. Und dabei blind vor Begeisterung nach rechts rennt, mit dem gleichen Unverständnis wie zuvor.

    Hier war er zweifellos nicht gut drauf. Sei es drum, ich freue mich auf eine Kolumne, wo es wieder anders zugeht, lange wird es nicht dauern. Und, nein, mit Wagner hat das rein gar nichts zu tun.

  16. Stefan, Du schreibst:

    Es hat eine andere Qualität, wenn Ausländer um Leib und Leben fürchten müssen, nur weil sie Ausländer sind,

    Wie kommst Du auf „Ausländer“?
    Wer einen deutschen Pass hat, ist hier doch „Inländer“, auch wenn er oder sie „Öztürk“ heißt, oder?

    „Monsieur Dupont“ würden wir allenfalls „den Franzosen“ nennen, aber nie „Ausländer“

    Rassismus ist das Problem.

  17. Apropos gefühltes Wissen: Darf ich nochmal kurz zusammenfassen, in welcher Weise und welchem Umfang Martenstein hier von „allen“ in den Kommentaren geschmäht und gebasht wurde?

    Meykosoft schrieb vorsichtig, auf die konkrete Kolumne bezogen und samt Zwinkersmiley: „Das fühlt sich in etwa so an, als sei der Martenstein der Wagner der Zeit“, ich stimmte dem zu, jan hatte bei einer konkreten anderen Kolumnen denselben Gedanken, und andreas überdrehte den Gedanken ins Absurde.

    Und das ist jetzt ernsthaft ein Grund für eine größere Echauffierung, dass hier Martenstein unzulässiger- und gehässigerweise mit Wagner gleichgesetzt werde? Please!

    Ich glaube tatsächlich, dass vor allem diese Sätze Martensteins…

    Wir Deutschen, ihr Migranten. Als ob das sauber zu trennen wäre. Genau das wollen die Nazis doch. Der Staat soll die Nazis jagen und einsperren und nicht an ihrer Stelle Entschuldigungen abgeben.

    …genauso in einer Wagner-Kolumne hätten stehen können: von der Sprache, dem Inhalt und der Haltung her.

  18. Danke für diesen Beitrag. Ich war doch ein wenig überrascht, als ich Martensteins Artikel heute morgen im ZEIT-Magazin las. Leider fügt sich der in eine Reihe von Artikeln, in denen sich Martenstein voller Stolz eine Art Altersstarrsinn zusammenbastelt. „Political Incorrectness“ wird von ihm zum Prinzip erhoben und der gute Mann erfreut sich vor allem an der Reibung, die er produziert. Eigentlich schade. Mir gefiel Martenstein immer als scharfsinniger Beobachtung seiner Umwelt. Seine Innenwelt dagegen ist eher peinlich als spannend.

  19. Ich finde, es kann nicht schaden, mal darauf hinzuweisen, dass der Kisch-Preisträger hier ganz kleine Brötchen backt. Ich mag Martenstein im allgemeinen schon, aber seine wochenendlichen Kolumnen im Berliner Tagesspiegel sind meistens nur schwer erträglich. Nicht jedes Bauchgefühl ist eine interessante Beobachung und nicht jede Plattitüde ein Gedanke…

    Beispiel: http://www.tagesspiegel.de/meinung/die-politik-schafft-sich-ab-/5891846.html

  20. @ 18:

    „Wirklich übel wird mir hingegen, wenn so mancher hier mit Blut in den Augen Martenstein mit Wagner vergleicht. Echt total tolerant, gar nicht polemisch-dumpfbackige Sitten hier…“

    Was hat es mit Intoleranz zu tun, wenn man einen Journalisten aufgrund seines Stils kritisiert? Was mit Toleranz, wenn man das nicht tut, obwohl man es für angebracht hält?

    Diese Aufweichung des Begriffs „Toleranz“ ist mir schon lange ein Graus. Man ist nicht schon intolerant, wenn man eigenes Missfallen zum Ausdruck bringt. Auch dann nicht, wenn die Gründe für dieses Missfallen falsch sind (wie hier der Vergleich Wagner/Martenstein).

    Genauso wenig zeigt man Toleranz, wenn man sagt: „Ach, der Martenstein. Soll er halt machen.“

    De facto spielt die Frage von Toleranz/Intoleranz hier überhaupt keine Rolle. Intolerant wäre es, wenn die Kommentatorenschar bei Martenstein anklopfen würde und ihn daran hinderte, weiterhin seine Kolumnen zu schreiben. So weit ich weiß ist das nicht passiert. Martenstein schreibt seine Kolumne und Menschen reagieren dann darauf. Positiv und negativ, mit besseren und schlechteren Argumentationen.

  21. Der Vergleich mit Wagner triffts finde ich nicht ganz: die Pose ist eine andere. Wagner-typisch ist ein gewisser stiller Pathos, eine, naja, gewollte Gedankenschwere, die er versucht zu transportieren. Bei Martenstein isses eine kokette Ironie, ein reflexhaftes Anschreiben gegen fremde, natürlich vor allem linksliberale, Reflexe (er nennt das Reaktanz, die Zeit hat ihn darüber drei Seiten vollschreiben lassen vor ein paar Wochen). Der eine ist ein stummer Schreier, der andere ein Schreibzausel.

  22. Wenn man die inhaltliche Ebene verlässt („WAS hat er eigentlich gesagt/gemeint?“) und seinen Gegenüber mit Vergleichen zu treffen versucht (überspitzt dargestellt: „Pöh, das liest sich ja als ob’s der pöse BILD-Wagner hingeschmiert hätte…“), verlässt man die sachliche Ebene und betritt die Bühne der persönlichen Angriffe (mit einem „argumentum ad hominem“ eben).

    Man nennt das umgangssprachlich auch „Nazi-Keule“. Gern gebraucht, sehr effektiv, trotzdem unintelligent. Dass SN jedoch auch noch auf diesen Zug aufspringt, erschreckt mich.

  23. wagner, martenstein … wer sind diese gestalten? und sind sie in irgendeiner weise relevant? oder zu was gut?
    wer seinen kompass nur mithilfe von kolumnen bekennender querdenker norden kann, sollte mal nachdenken, ob da nicht was schiefläuft.

    nurmalso

  24. @Panama, #12:

    Ich habe davon durchaus schon gehört, allerdings fallen mir dazu auf Anhieb keine konkreten Quellen ein und ich halte eine solche Methode auch für sehr riskant.
    Es wäre falsch, Kindern solche Experimente aufzusetzen, von denen nicht wirklich bekannt ist, ob sie sich letztlich positiv auswirken oder noch größeren Schaden anrichten.
    Zumal es schwierig sein dürfte, die ganzen Sprachpuristen, die gerne mal auch Deutsch lehren dürfen, davon zu überzeugen …

  25. @ Stefan: Naja, aber von Gregor Keuschnigs gewohnt scharfem und MalHalblangs dumpfbackigem Kommentar auf eine größere Echauffierung zu schließen, ist aber auch ein wenig übertrieben.

  26. Lieber Herr Niggemeier,

    ohne es zu ahnen, habe ich bereits vor ein paar Wochen eine Art Antwort verfasst. Ein Auszug, Und herzliche Grüße.

    Der Schweizer Unternehmer und Autor Rolf Dobelli hat die drei typischen Reaktionen auf abweichendes Denken beschrieben: die Ignoranzannahme, die Idiotieannahme und die Bosheitsannahme. Bei der Ignoranzannahme vermuten wir, dass der oder die andere einfach nicht informiert ist. Ihm fehlen wichtige Informationen. Wir müssen ihn nur aufklären, dann wird er sehr bald unsere Meinung teilen. Die Idiotieannahme geht davon aus, dass der andere einfach nur dumm ist, ein Depp. Er kapiert es halt nicht. Die Bosheitsannahme beruht auf der Vermutung, dass der andere wider besseres Wissen die Unwahrheit sagt, vielleicht, weil er seine Interessen schützen will, oder aus anderen finsteren Absichten. Im Grunde weiß der andere genau, dass ich Recht habe, er gibt es nur nicht zu.

    Dobelli vermutet die Ursache des Problems in der Tatsache, dass wir nur in uns selbst hineinblicken können, in die anderen aber nicht. Wir schauen also in uns hinein und stellen erfreut fest, dass wir nicht allzu dumm sind, nicht wirklich böse und recht gut informiert über Themen, zu denen wir uns äußern. Nur von uns selbst wissen wir es ganz genau. Folglich müssen wir Recht haben. Unserer eigenen Meinungsfindung vertrauen wir. Bei allen anderen sind wir misstrauisch.

    Leider ist es aber so – man leidet wie ein Hund, wenn man daran denkt – , dass andere Leute unvernünftige, schädliche oder kuriose Ansichten haben können, obwohl sie ähnlich intelligent, ähnlich moralisch hochstehend und sogar ähnlich informiert sind wie man selbst. Womöglich hängt es mit ihren Lebenserfahrungen zusammen, mit den verdammten Hormonen oder mit ihrem Umfeld, oder im Gehirn sind die Synapsen anders gelagert. Die denken irgendwie anders. Dass nicht alle genauso denken wie man selbst, bleibt ein Ärgernis, welches nur vom Wetter, von der Endlichkeit des Lebens und von der Deutschen Bahn übertroffen wird.

  27. Als ich Kolumne gestern Abend las, hätte ich beinah etwas gemacht, was ich noch nie getan habe: einen Leserbrief geschrieben. Hab´s dann doch gelassen, stattdessen mach ich jetzt etwas, was ich ebenfalls noch nie getan hab: mich bei einem Blogger für einen Artikel bedanken. DANKE!

  28. @Harald Martenstein, #30

    Ich hab kein Problem mit „abweichendem Denken“ sondern mit Leuten, die ihren ganzen Ehrgeiz darauf richten, dass ihr Denken „abweichend“ ist. Dann kommt halt gelegentlich so ein Mist raus wie bei Ihnen.

    Statt darüber nachzudenken, ob die Kritik eventuell berechtigt war, kokettieren Sie nur mit Ihrem Schwimmen gegen den Strom. Zur Minderheit zu gehören ist aber kein Wert an sich.

    Wenn Sie in Gefahr geraten, eine „Mehrheitsmeinung“ zu vertreten, dann wechseln Sie die einfach mal. Wie öde.

  29. Nachtrag, an Herrn Martenstein: Ich weiß nicht, ob Sie Ihre „Antwort“ für originell halten. Ich fürchte schon. Eine Auseinandersetzung mit den Argumenten von Herrn Niggemeier wäre ja auch zu unkolumnistisch. Weiterhin viel Spass beim Fühlen!

  30. Zur These von Herrn Dobelli füge ich noch hinzu: mir fallen mindestens noch zwei weitere Gründe ein, weshalb es „abweichendes Denken“ gibt:

    1. Weil Menschen unterschiedliche Lebensweisen haben und deshalb die Welt unterschiedlich interpretieren. Manche Leute haben ein neoliberales Weltbild, andere sind meinetwegen linksradikal.

    2. Es gibt Leute, die denken aus Prinzip anders, weil das ihre „Marktlücke“ ist.

  31. Kleine Anmerkung aus der Schweiz: Hier ist man tatsächlich landläufig der Meinung, dass viele deutsche verkappte Nazis sind und fühlt sich durch die letzten Ereignisse darin nur bestätigt.

  32. @Harald Martenstein: Das ist aber ein billiger rhetorischer Kniff, den Sie da versuchen. Natürlich ist es gut, nicht blind der Meute hinterherzurennen, sondern abweichende Gedanken zuzulassen und sogar zu suchen. Das heißt aber nicht, dass abweichende Gedanken denen des (gefühlten) Mainstreams schon deshalb überlegen sind, weil sie abweichende Gedanken sind.

    Im übrigen sind Sie selbst doch derjenige, der in der aktuellen Kolumne mit seiner Ignoranz (in Amerika hat man ja nichts mitgekriegt) kokettiert. Und sie dann durch das nachweisliche Unwissen, wie und wofür sich der Bundestag entschuldigt hat, noch bestätigt.

    Lesen Sie mal Kommentar #18 für eine Ahnung davon, wie Ihre Kolumne wirkt. Anstelle aufzuklären, wofür sich der Bundestag wirklich entschuldigt hat, bestätigen Sie Leute, die es auch nicht besser wissen, in ihrem dumpfen Gefühl. Macht Ihnen das keine Sorgen?

  33. Hallo Leute, niemand muss die Texte von Martenstein mögen (ich mag sie meistens), aber ihn mit Wagner zu vergleichen finde ich schlicht bescheuert. Könntet Ihr da vielleicht mal auf dem Teppich bleiben?

    Wilfried

  34. Kleine Anmerkung in die Schweiz: Hier hat man tatsächlich landläufig die Meinung, dass viele Schweizer offensichtlich islamophob und generell fremdenfeindlich sind und fühlen sich immer mal wieder durch aktuelle Ereignisse bestätigt.

  35. Warum sollte es im Land, das den Nationalsozialismus erfunden hat, diese völlig ausgestorben sein? Je nachdem, wie man den Begriff definiert wird man fündig werden.

    Das ist aber nicht das Thema: die Frage ist, wie damit umzugehen ist.

  36. Martenstein ist eben ein wirklicher Kopfarbeiter: Er erlebt oder liest oder sieht oder hört was. Und dann denkt er darüber nach. Mehr nicht. Seine Gedanken schreibt er dann auf.
    Recherchieren oder ähnliches wofür man mehr als seinen Kopf braucht (z.B. einen Computer oder ein Telefon oder einfach nur die Stimme) findet nicht statt.
    Darin ähnelt er meines Erachtens sehr Robert Basic. Außer das Basic nicht so lustig ist.

    Viele Grüße von Zippo!

  37. @ 21

    Herr Martenstein, jetzt war ich ja schon fast zuerst ein bisschen gewillt, sie zu verteidigen, aber wenn das Ihr Kommentar zu dem Artikel von Niggemeyer ist, dann ist ja alles noch viel schlimmer, als Niggemeyer es vermutet hat.

    Ich hoffe, Sie sind sich wenigstens bewusst, dass das, was Sie hier als Reaktion auf abweichendes Denkens psychologisiert haben, sie selbst offenbar in Ihrer Reaktion wieder in den eigenen Schwanz gebissen hat.

    Mal ein weiterer Tipp: Schopenhauers „Die Kunst Recht zu behalten“. Es geht darum, wie man eine Diskussion gewinnen kann, ohne Recht zu haben. Das vielversprechendste Mittel ist die „Diversion“ (Schopenhauer nennt das „Kunstgriffe“). Ich darf zitieren:

    „Merkt man, dass man geschlagen wird, so macht man eine Diversion: d.h. fängt mit einem Male von etwas ganz anderem an, als gehörte es zur Sache und wäre ein Argument gegen den Gegner. … Unverschämt ist die Diversion, wenn sie die Sache quaestionis ganz und gar verlässt …. Denn da gehört sie gewissermaßen zum „Persönlicheren“, davon in dem letzten Kunstgriff die Rede sein wird. Sie ist genau genommen eine Mittelstufe zwischen dem daselbst zu erörternden argumentum ad personal und dem argumentum ad hominem.“

    Mit dem Thema des Artikels und den Argumenten der Kritik haben Sie sich nicht wirklich auseinandergesetzt, sondern eine allgemeine Psychologisierung des Autors vorgenommen.

    Daher eine Frage noch zum Schluss: Was ist denn nun Ihre Annahme hinsichtlich des Textes von Stefan Niggemeyer. War Herr Niggemeyer nicht richtig informiert? Ist er ein Idiot? Oder gar boshaft?

    Bitte nochmal richtig Stellung nehmen.

  38. ich entschuldige mich für die automatische Rechtsschreibkorrektur:

    es gehört zum „Persönlichwerden“

    und es geht natürlich um das „argumentum ad personam“

  39. Ich mag Martenstein meistens, gestern mochte ich ihn nicht so wahnsinnig. Dass Autoren/Publikationen, die man eigentlich mag es leider ab und zu mit der Faktenrecherche nicht übermäßig genau nehmen ist ärgerlich aber menschlich.

    Vor ein paar Monaten z.B. brachte ein großer deutscher Medienblog einen Beitrag über die Steuerpläne von Prof. Kirchhof bzw. über die Berichterstattung darüber in bild.de. Die Aussage von bild.de „weniger Steuerlast für alle“ wurde mit Zahlen aus dem selben Artikel widerlegt. Nun konnte man mit Kopfrechnen oder Taschenrechner schnell herausfinden, dass die von bild.de angegebenen Beispielzahlen schlicht falsch waren (was eigentlich nicht so wahnsinnig verwundert). Mit etwas mehr Nachrechnen konnte man (und kann man immer noch) erkennen, dass die Überschrift so ganz falsch nicht ist, zumindest aber nicht so falsch wie der Schlussabsatz des Blogbeitrags.

    Ich habe den Autor seinerzeit darauf hingewiesen und er hat mir bestätigt, dass das mit den Zahlen wohl tatsächlich Blödsinn ist. Der Blogbeitrag findet sich aber heute noch genauso wie am Anfang im Netz.

    Warum? Keine Ahnung, vielleicht weil eine ganz saubere Richtigstellung etwas komplizierter ist, vielleicht auch weil das Ergebnis nicht so richtig in die herrschende mediale Wahrnehmung passt.

    Wie auch immer, den Blog lese ich trotzdem noch regelmäßig und meistens mit Gewinn.

  40. @Oliver (#29): (off Topic)
    Quellen „fallen“ einem nun mal nicht einfach so „ein“, sondern man muss nach ihnen suchen. Aber die „Ich-glaube-nur-das-was-sich-für-mich-gut-anfühlt-solange-bis-mir-jemand-eine-Quelle-zum-Beleg-des-Gegenteils-hinterherträgt-aber-nur-wenn-sich-die-Quelle-für-mich-gut-anfühlt“-Haltung ist natürlich bequemer. Wenn man keine Lust hat, sich zu informieren, könnte man vielleicht auch der Abwechslung halber mal einfach den Fachleuten glauben.

  41. Herr Niggemeier schreibt: „Mein gefühltes Wissen unterscheidet sich fundamental von seinem gefühlten Wissen…“
    Das ist es. Mehr nicht. Und vielleicht noch die Eitelkeit und Ruhmsucht beider Autoren.

  42. @Alberto Green: Fragt sich nur, ob die abweichende Meinung zur Schreibweise von „Niggemüller“ auf Ignoranz, Dummheit oder Boshaftigkeit beruht. Freilich käme hier auch Schussligkeit in Betracht.

  43. niggemann hat mal bei fortuna köln gespielt.

    und von Martensteien eine inhaltliche Erklärung seiner Kolumne zu erwarten, hieße, dass sich eine hochbezahlte Zeit-Koryphäe auf das Niveau von Blogfritzen hinunterlässt. Das geht doch gar nicht. –

  44. Was mich an so Tüpen wie Martenstein am meisten ankotzt stört, dass die nicht in der Lage sind zu sagen „oh, da habe ich was nicht bedacht, jetzt ist mir auch klar, dass das so nicht richtig ist“ und statt dessen den Überbringer der relevanten Hinweise anpissen angehen müssen.

  45. Die Zeit vergeht.
    Meist von allein,
    doch manchmal auch dank Martenstein.
    (es kann auch Don Giovanni sein.)

  46. Den Beleg, den Sie fordern, liefern Sie doch selbst. Wenn es bei Niggemeier heißt, die Deutschen seien ein „immer noch latentes Nazivolk“ – das ist es, was ich meine und wogegen ich mich wende. Ich nenne auch das Rassismus
    (unbeabsichtigten, unüberlegten, ich schätze N. ja).
    Ich finde auch nicht, dass es eine „andere Qualität“ hat,
    ob jemand wegen seiner Nationalität erschossen wird oder
    wegen seines Jobs als Polizist oder als Fahrer von
    Herrn Schleyer.
    Man macht auch nicht die Opfer zu Tätern, wenn man bei einem ungeklärten, neuartigen Verbrechen sich zuerst
    einmal an die Verbrechen erinnert, die man aus der jüngeren Vergangenheit kennt. Nazikiller dieses Kalibers waren im Nachkriegsdeutschland bisher unbekannt,
    bisher unbekannt, Mafiamorde dagegen hatte es schon
    gegeben. Außerdem wäre ein Gastronom, der von der
    Mafia erschossen wird, weil er Schutzgelder verweigert,
    alles andere als ein Täter. Oder denken Sie, dass nur
    Deutsche, wegen ihrer Gene, zu Morden imstande sind?
    Dass Nazis in Deutschland generell verharmlost oder schöngeredet werden, hält ebenfalls keiner Überprüfung stand. Da ist die öffentliche Reaktion auf die Nazimorde
    doch der beste Beweis.

  47. @gebimmel #56: „Tüpen“ ist wie „schrub“ oder „upgedated“ normale Internetsprechschreibdiarrhoe, da ist die neue Rechtschreibung ausnahmsweise unschuldig.

    @Harald Martenstein #58: Ach, Martenstein, Sie lenken schon wieder ab.

  48. @58 Harald Martenstein:
    Das, was Sie in Anführungszeichen setzen, steht gar nicht in Niggemeiers Text. Falsches Zitieren sollte man unterlassen.
    Niggemeier sagt genau das Gegenteil dessen, was Sie ihm unterstellen, er sagt, die Deutschen sind nicht besonders ausländermörderisch und man ist deswegen besonders schockiert, weil ausgerechnet hier, mit unserer Vergangenheit, die Behörden so geschlafen haben.
    Zu vermuten, Opfer seien von einer Mafia ermordet worden obwohl es keinen Hinweis darauf gibt und geben kann, nur weil es bereits irgendwann Mafiamorde gegeben hat? Das ist unlogisch und perfide.

  49. @Gwenskoyen, #60

    Ich zitiere mal den kompletten Satz: „Die Deutschen haben sich nach meiner Wahrnehmung in den letzten Wochen nicht als immer noch latentes Nazi-Volk erkannt.“

    Das könnte man so lesen: sie sind es, wollen es nur nicht erkennen. Dazu müsste man aber den gesamten restlichen Text ausblenden. Das darf man, zumindest als Querdenker.

  50. Niggemeier hin, Negemüller her.

    Herr Martenstein, ich danke für Ihre Stellungnahme, um die ich Sie ja gebeten habe. Ich denke Herr Dobelli wird sein Weltbild noch um einen Pinselstrich erweitern müssen. Manchmal verstehen sich Leute auch einfach überhaupt nicht weder weil einer oder sie beide blöd sind, noch weil sie unwissend sind, noch weil sie boshaft sind, sondern weil der eine dem anderen auch einfach gar nicht richtig zuhört und/oder viel zu viel zwischen den Zeilen des anderen lesen.

    Sie haben nun schon wieder abgelenkt, behauptet die Kritik Ihrer Kolumne würde Behauptungen aufstellen, die sich dort gar nicht finden („die Deutschen seien ein „immer noch latentes Nazivolk“; “ Oder denken Sie, dass nur
    Deutsche, wegen ihrer Gene, zu Morden imstande sind?“) und gleichzeitig kontern sie wieder nur mit ungeprüften Behauptungen („Nazikiller dieses Kalibers waren im Nachkriegsdeutschland bisher unbekannt“). Es wirkt ein bisschen, als diskutieren Sie nicht mit Herrn Niggemeier, sondern mit einem imaginären Disputanten, der Ihnen offenbar gang ungeheuerliche Sachen an den Kopf geworfen hat.

    Eine Sache noch, weil man Ihnen ja hier schon sogar „Wagnerismus“ vorgeworfen hat. Ist es da ein Versehen oder augenzwinkernde Absicht, dass Sie von „Nazikillern“ sprechen?

  51. Eine Kolumne ist kein Nachrichtenstück. Gott sei Dank, sonst wären sie langweilig.
    Gott sei Dank dürfen Kolumnen-Autoren aus ihrem Erleben und Empfinden heraus argumentieren. Und wie oft – gerade bei Harald Martenstein – stellen unzählige Menschen fest: Genau so habe ich das auch immer gesehen. Komischerweise haben aber immer irgendwelche Menschen, die gefühlt etwas wissen, mit fragwürdigen erstellten oder fehlinterpretierten Umfragen dagegengehalten. Menschen, die dem Irrglauben erliegen, menschliches Verhalten ließe sich bis ins Letzte hinein statitisch erfassen.

    Auch Stefan Niggemeier gesteht dieses Recht Kolumnisten generell zu. Warum er einen einzigen, wie ich finde, missglückten, Text von Harald Martenstein, darum gleich zum Aufhänger für solchen einen langen Artikel nimmt, weiß ich nicht.

    Was ich weiß ist: Das Verhalten der Foristen, die glauben, deswegen undifferenziert jemanden wie Harald Martenstein plump zu beschimpfen, oder gar mit Franz-Josef Wagner zu vergleichen, lässt sich nur mit einem Wort beschreiben: grotesk

  52. @Martenstein #58:

    Um Gottes Willen! Ihr letzter Absatz ist ja dermaßen furchtbar. Alle reden darüber, wie es so lange dauern konnte, bis man den rechtsextremen Hintergrund vieler Taten erkannte, Journalisten recherchieren Opferzahlen, die weit über den offiziellen Zahlen der Länder liegen und die öffentlich Reaktion auf die Nazimorde ist vor allem auch eine öffentliche Reaktion auf das Versagen der zuständigen Institutionen.

    Und dann möchte ich Ihnen auch noch mein gefühltes Wissen entgegenhalten: Es wundert mich schon lange, wie oft linke Gewalt in den Medien auftaucht, wenn mal wieder Autos angezündet wurden, aber wie vergleichsweise selten bei Personendelikten auf rechte Gewalt geschlossen wird.
    Und man staune: Nach allem, was in den letzten paar Tagen so hochgespült wird, fühle ich mich in meinem Gefühl bestätigt. Nicht alle Autoanzünder Linke, nicht alle Mörder von Personen mit Migrationshintergrund Rechte, aber beides nie in angemessener Relation zueinander behandelt worden.

    Dieses mein persönliches Gefühl und die Fakten der letzten Tage sprechen für mich dafür, dass der Unfug Ihres letzten Absatzes in #58 immens ist.

  53. #58, Harald Martenstein:

    „Außerdem wäre ein Gastronom, der von der
    Mafia erschossen wird, weil er Schutzgelder verweigert,
    alles andere als ein Täter. Oder denken Sie, dass nur
    Deutsche, wegen ihrer Gene, zu Morden imstande sind?“

    Bin ich zu nüchtern, um den Sinn ihrer Worte nicht zu verstehen?

    @57, polyphem:
    Ich verneige mich. Großartig!

  54. Also Herr Martenstein, wer lesen kann ist doch wirklich klar im Vorteil. Herr Niggemeier schreibt genau das Gegenteil dessen, was Sie ihm hier unterstellen. Sehr schwach :/

  55. @63, Claus:
    Es gibt hier keine „Foristen“, weil das hier kein Forum ist. Es gibt hier Kommentatoren in einem Blog.

  56. @Harald Martenstein: Ich halte die Deutschen gerade nicht für ein immer noch latentes Nazi-Volk und bestreite auch, dass die meisten Deutschen das nach den jetzt bekannt gewordenen Morden und ihren Hintergründen so wahrnehmen. Womöglich ist mein Satz oben für sich genommen missverständlich; im Kontext müsste er aber eindeutig sein.

    (vgl. Kommentare #61 und #62)

  57. @Claus, #63

    Stimmt, eine Kolumne ist nicht die Form, in der tiefgründige Analysen verfasst werden.

    Einige Leser urteilen: genau, hab ich auch so gesehen. Andere kommen zu einem anderen Urteil. Wieso zählt das unterschiedlich?

    Gibt es eigentlich auch fehlinterpretierte Gefühle, oder gibts so was nur bei Umfragen?

  58. @Harald Martenstein: Dass Migranten in Deutschland von Neonazis umgebracht werden, ist vielleicht kein ganz so neuartiges Verbrechen.

    Und der Rest Ihres Kommentars ist Schattenboxen:

    Oder denken Sie, dass nur Deutsche, wegen ihrer Gene, zu Morden imstande sind?

    Nein. Wie kommen Sie darauf?

    Dass Nazis in Deutschland generell verharmlost oder schöngeredet werden, hält ebenfalls keiner Überprüfung stand.

    Habe ich ebenfalls nicht behauptet.

  59. @Helen M.,

    ich weiß nicht genau, ob ich Ihren Kommentar richtig deute. Ist die Frage so gemeint ist, ob ich Kritik an Kolumnen mal zulasse und mal nicht und wenn – nach welchem Kriterium?

    Dann wäre meine Antwort, dass eine Kolumne weniger Fakten braucht als eine Nachricht. Dafür sollte sie sich durch tolle Sprache, Geistesschärfe, Fähigkeit zur Analyse, Witz, aber auch gern durch provokanten Thesen auszeichnen.

    Und unter diesen Aspekten sehe ich tiefe Gräben zwischen FJS und Martenstein.

  60. Ich lese das Geschwafel des Herrn Martenstein gerne. Oft fühle ich so wie er. Dagegen kann ich mit Niggemeiers missgünstigen Schwafeleien wenig anfangen. Oft sind sie langweilig, manchmal widerlich, z.B. die Erwähnung von Erektionen hinter dem Stehpult im Anti-Blome-Artikel.

  61. @Claus, #71

    Ich freu mich ja auch drauf, dass KTZG bald zurück ist, mit toller Sprache, Geistesschärfe, Fähigkeit zur Analyse, Witz, provokanten Thesen. Schöne Frisur hat er auch noch. Da kann Martenstein schwer mithalten.

  62. @Mirko, #73

    Sie lesen gern Geschwafel? Hier fühlen Sie sich fehl am Platz? Finden Sie die Ausgangstür nicht?

  63. @71 Claus:
    Tiefe Gräben zwischen FJS und Martenstein? Klar, ich sehe da auch Unterschiede, aber es war doch wohl eher FJW gemeint…

    @76 Helen:
    Es gibt halt Leute, die lesen gerne nur langweilige und widerliche Artikel. Besonders dann, wenn die Artikelschreiber mit der tollen Sprache, Geistesschärfe, Fähigkeit zur Analyse, Witz, provokanten Thesen und vor allem der Frisur von Guttenberg noch weniger mithalten können, als Martenstein. Und gerade weil man eben mit diesen missgünstigen Schwafeleien nichts anfangen kann, möchte man sich so lange wie möglich damit beschäftigen (bspw. indem man in den Kommentaren herumsinnlost). Das kann natürlich nicht jeder verstehen…;)

  64. @alter Jakob,
    und zwischen JFK und Martenstein gibt es auch riesige Gräben! Abgesehen davon haben Sie natürlich recht und ich FJW gemeint.

    @Helen, 74
    ach, Sie erkennen all diese Eigenschaften Ähnlichkeiten auch bei zu Guttenberg? Ich tue das nicht. Und ich habe es auch nie behauptet
    Aber wenn man seine Kommentare nur noch mit ironischen Verrissen anderer Kommentare füllen möchte, statt mit eigenen Argumenten, verheddert man sich halt schnell.

  65. @Claus: Helen hat Ihnen nicht unterstellt, dass Sie „KTZG“ all diese Fähigkeiten zuschreiben. Mit ihrem Beispiel hat sie nur versucht, Ihnen zu erklären, dass sie, anders als offenbar Sie, auch an Kolumnen den Anspruch hat, dass sie sachlich korrekt sind.
    Da nich für.

  66. @71/78Claus:

    Völlig unabhängig von anderen Martenstein-Artikeln/Essays/was-auch-immer: Die in dem oben verlinkten Artikel enthaltenen „provokanten Thesen“ sind irreführende Provokationen, die sich mit den realen Tatsachen schlecht in Einklang bringen lassen. Das passiert halt, wenn man seine Argumentation auf der gefühlten Wahrheit aufbaut. Kann man natürlich machen, dann muss man aber auch vertragen, wenn jemand die gefühlte Wahrheit widerlegt. Damit scheint der oben kommentierende Martenstein offenbar ebensowenig zurechtzukommen, wie mit einer Replik, die sich mit den im Artikel befindlichen Argumente befasst.

  67. @Harald Martenstein: Ihre Kommentare sind ja die reinste Beispielsammlung für Rabulistik! Aus dem Zusammenhang reißen und falsch zitieren, Argumente widerlegen, die überhaupt niemand gebracht hat …
    Ist Ihnen das nicht selbst ein bisschen peinlich? Ich meine: falsch zitieren?! Wenn der Originaltext direkt drüber steht?!

  68. @inga:
    Dass kann passieren, wenn man sich in einen Text eben nur hineinfühlt anstatt ihn ordentlich zu lesen…

  69. Tja, diese Woche wird die „Zeit“ ordentlich demontiert: Zuerst di Lorenzo wegen seiner KT-Anbiederung, und jetzt schreibt (endlich) jemand, dass Martenstein überschätzt wird. Und das schon lange. Sein Grundschulreport wurde schon weiter oben in den Kommentaren erwähnt. (Heftig ist ja wirklich das von M. falsch verstandene Niggemeier-Zitat.)

    Vielleicht sollte man die „Zeit“ stärker unter Marketinggesichtspunkten betrachten. Da verkauft sich vornehmlich eine Marke, soweit ich das sehe. Man will sich unter allen Umständen als DAS Sprachrohr des Bildungsbürgertums sehen und operiert mit abstrusen Wissens-CD-Sammlungen für horrendes Geld und Martensteinscher (meist reaktionärer) Gefühlsrabulistik auf „Wer wird Millionär“-Niveau. Bei der groß angekündigten Kapitalismus-Serie bleibt man lieber in Deckung, statt angemessen in die Tiefe zu analysieren.

    Schade für die auch vorhandenen wirklich guten Zeit-Journalisten.

  70. Ein guter Grund für die Entschuldigung war, nach Niggemeier, „weil die Opfer zu Tätern gemacht wurden, indem ihnen — aufgrund ihrer Herkunft — unterstellt wurde, in dunkle Geschäfte verwickelt zu sein“.

    Der Punkt ist ja, dass Morde im Normalfall über das Motiv aufgeklärt werden. Dagegen gibt es schon lange (in Krimis, als existentialistisches Gedankenspiel) die Idee vom perfekten Mord als Mord ohne Motiv. Wer in eine fremde Stadt fährt, dort einen Menschen erschießt, den er nie zuvor getroffen hat, und wieder zurückfährt, der hat kein Motiv, dem wird man über das Motiv nicht auf die Spur kommen, weil es eben keine Verbindung gibt.

    Weil dieser Albtraum jedes Ermittlers im Normalfall nicht vorkommt (und auch die tausenden rechtsradikalen Straftaten jährlich nicht nach diesem Muster ablaufen) ist es nicht nur legitim, sondern notwendig, diesen Fall als letzte und unwahrscheinlichste Möglichkeit anzusehen und stattdessen eben nach einem Motiv zu suchen. Was bedeutet, dass auch die Angehörigen als Verdächtige gelten und auch das Opfer selbst danach durchleuchtet wird, ob es Gründe für einen Racheakt gibt. Soweit ganz normal also, kein Grund für eine Entschuldigung. Dennoch gibt es einen Grund für eine Entschuldigung.

    Ich wohne selbst in der Nähe eines der Tatorte, kann mich an die Polizeihubschrauber erinnern, die über dem Tatort kreisten. Es ist für mich der unerträglichste Gedanke, was der Sohn eines der Opfer durchgemacht haben muss, dessen Vater in unmittelbarer Nähe der Schule erschossen wurde und der in den darauffolgenden Wochen immer wieder hören musste, sein Vater wäre wohl in kriminelle Machenschaften verstrickt, so stünde es in allen Zeitungen. Ich kann mich an keinen einzigen Artikel erinnern, der die Möglichkeit eines Mords ohne Motiv ernsthaft in Betracht gezogen hätte, obwohl es so nahe liegt (radikaler Fremdenhass ist in diesem Sinne kein „Motiv“, da er noch keine Verbindung zwischen zwei Menschen herstellt).

    Und dennoch mache ich der Kripo keinen Vorwurf, dass sie (zumindest die ersten Jahre) nicht in Richtung Mord aus Fremdenhass ermittelt hat, denn da gibt es nichts zu ermitteln. Vom Toten führt keine Spur zum Täter. Aber der Kripo ist durchaus vorzuwerfen, dass sie die Schwierigkeit der Ermittlung nicht so kommuniziert hat, dass diese Möglichkeit als ernstzunehmende Möglichkeit immer mit im Spiel blieb. Und der Presse ist vorzuwerfen, dass sie diese Möglichkeit nichts selbst ausreichend in Betracht zog. Und sei es nur um des einen Grundes willen: um dem Jungen, dessen Vater getötet wurde, in seiner Ungewissheit noch Luft zum Atmen zu lassen.

    Dieser Unwille, sich gedanklich mit dieser Möglichkeit zu beschäftigen, ist nicht der Fehler von Einzelnen (oder von Strafverfolgungsbehörden). Dieser Unwille hat etwas damit zu tun, dass es eine gesellschaftlich akzeptierte Vorstellung gibt, was ein rechtsradikaler gewaltbereiter Straftäter ist, was man von ihm erwarten kann und was nicht. Und dass es eine ebensolche Vorstellung davon gibt, was ein türkischer Kleinhändler ist. Die bisherige Aufdeckung der Ereignisse hat in beiden Vorstellungen Fehleinschätzungen offengelegt. So stellt sich die Frage neu: welche Vorstellungen sind eigentlich gesellschaftlich akzeptiert?

    Die Erklärung des Bundestages versucht, dies gerade zu rücken. Ich bin froh darüber, dass sie die zuvor völlig vernachlässigte Perspektive der Angehörigen in den Mittelpunkt rückt. Sie entschuldigt sich für Verdächtigungen von Opfern und Angehörigen. Das ist, aus meiner Sicht, eine Entschuldigung, die nicht von den Ermittlungsbehörden kommen kann, denn deren Job ist es ja gerade, auch Opfer und Angehörige zu verdächtigen. Aber aus Sicht des Bundestages, der versucht, sich über den „common sense“ zu verständigen, ist das nachvollziehbar. Es ist aus meiner Sicht eine Entschuldigung dafür, dass die Unschuldsvermutung nicht ausreichend hochgehalten wurde, so dass sich Teile der Bevölkerung als vom „common sense“ ausgeschlossen vorkommen musste.

    (Über Martenstein, der kein Wort darüber verliert, was er eigentlich in den zehn Jahren vor seiner USA-Reise über die Mordserie gedacht hat, verliere ich hier auch kein Wort.)

  71. @genova

    Amüsanterweise nimmt sich die Zeit ja auch selbst auseinander, indem sie 2 ganze Seiten mir wütenden Leserkommentaren druckt, in denen irgendwie zum Ausdruck kommt, dass die Leser das Interview nicht gut fanden ;)

  72. Kleine Nachricht aus der Schweiz: Wir haben über 21% Auslaenderanteil und sind stolz darauf. Wir haben eine volksinitiative, diesen Anteil auf 18% zu begrenzen, mit deutlichem mehr abgelehnt. Manchmal denken wir, dass solche Initiativen, die den Ausländeranteil auf irgendeinen prozentsatz begrenzen wollten, in benachbarten Ländern in einer Volksabstimmung womöglich nicht deutlich abgelehnt würden.

  73. @58 In einer mir näher bekannten JVA in Deutschland gab es zumindest an mehreren zentralen Stellen, an denen alle Gefangenen immer wieder vorbeikommen, wie auch am zentralen Aufzug, grosse Hakenkreuze. Die Zahl dieser Hakenkreuze hat sich im Laufe der Beobachtungszeit stetig vermehrt und sie waren nach Angaben von Menschen, die da schon länger waren, auch schon lange da. Und ich vermute, dass sie es immer noch sind und womoeglich heute oder morgen verschwunden sein werden. Oder seit dem Regierungswechsel in Baden-Württemberg? Ich muss mal nachfragen. Auf alle Fälle, Herr Martenstein, diese Selbstvstaendlichkeit, mit der In- und Ausländer jeden Tag an dieser wachsenden Zahl von hakenkreuzen vorbeigingen, hat mich gewundert.

  74. Parallelrealität

    „Ich finde auch nicht, dass es eine „andere Qualität“ hat,
    ob jemand wegen seiner Nationalität erschossen wird oder
    wegen seines Jobs als Polizist oder als Fahrer von
    Herrn Schleyer.“

    Sie vergleichen angeborene Nationalität mit einem gewählten Beruf?
    Und dann wundern Sie sich noch ernsthaft, dass man Sie für ignorant hält? Ich denke das unterstreicht das Maß Ihrer Ignoranz doch recht eindrucksvoll – alles voll mit Geisterfahrern, eh?

    Dazu passt übrigens auch, dass Sie sich in Ihrer Kritik zu einer andern Meinung (nämlich die Niggemeiers und ettliche Kommentatoren darüber echauffieren, dass andere Meinungen kritisiert werden. Da scheitern Sie also käglich an Ihren eigenen Maßstäben.

    Nimmt man noch Ihre allgegenwärtige Schwäche hinzu, offenbar erst mal alles falsch zu verstehn (Bundestagsrede – nahezu jedes hier „wiedergegebene“ Detail) fällt mir dazu nur noch eins ein: Far out. Wagner ist wohl die einzig passende Kategorisierung.

  75. Nachtrag:

    „Nun hat der Herr Martenstein dem Herrn Niggemeier auf seinem eigenen Blog eine Art Antwort geschickt. Köstlich!
    Und Nigge hat geantwortet. Armselig!
    Nigge will immer recht behalten und sich moralisch über andere erheben. Wie bigott.“
    (Zitat aus den Kommentaren bei der Zeit)

    Da haben Sie Ihren Jüngern ja ordentlich den Kopf verdreht – nur der Meister selbst darf also Stellung nehmen – alle andern sind „armselig“.

    Es bleibt zu hoffen, das die Zeit schleunigst auf den Platz in der Medienlandschaft verwiesen wird, der ihr gebührt. Ihre Leser scheinen ohnehin schon auf bildkompatiblem Niveau angekommen zu sein und werden einen Wechsel nach dem sozialverträglichen Ableben der Zeit wohl kaum bemerken.

  76. Hat man nicht ein sehr enges Weltbild, wenn man alles was einem nicht passt mit der BILD Zeitung vergleicht?

  77. „Hat man nicht ein sehr enges Weltbild, wenn man alles was einem nicht passt mit der BILD Zeitung vergleicht?“

    Nach dem Paarlauf in Sachen Guttenbergcomback muss man sich den Rrealitäten wohl allmählich mal stellen, aber lassen Sie mich mit einer Gegenfrage antworten:

    Hat man nicht ein maximal enges Weltbild, wenn man die Realtät nicht sehen möchte und anderen, die eine andere und realitätsorientiertere Sicht haben, ein sehr enges Weltbild unterstellt, um sich um die Argumente und Fakten, die klar dargestellt wurden zu drücken?

    Sie sehen – Sie scheitern am selben Punkt wie unser Gastautor …

  78. Der besprochene Text von Herrn Martenstein wie auch seine Reaktionen hier im Kommentarbereich scheinen auszusagen: Wie schön ist das Kolumnistenleben, wenn man sich nicht um lästige Dinge wie Recherche kümmern muss, um Fakten herauszufinden, man kann sich nämlich einfach an gefühlte Fakten, Eindrücke halten.
    Für ’ne Kolumne mag das ja auch in Ordnung sein (auch wenn es hier den Leser, der nicht besser als der Kolumnist informiert ist, irreführt, wie am Beispiel der Bundestags-Entschuldigung erkennbar) aber man sollte dann auch in der Lage sein, eine faktenbasierte Diskussion zu führen – und dabei auf die echten Fakten und nicht die gefühlten Fakten, die Eindrucksfakten pochen.

    Den Verweis auf die Schopenhauer-Kunstgriffe, weiter oben in den Kommentaren, finde ich sehr treffend.

  79. @rofl, #97

    Sie sollten nicht gleich alle Zeit-Leser in Sippenhaft nehmen, weil Sie da einen erwischt haben, dem es mit dem Fan-Sein übertreibt. Der hatte offenbar sogar Probleme, seinen Meister zu verstehen, als der hier die drei Ursachen erklärt hat, warum abweichendes Denken falsch verstanden wird. Aber vielleicht gilt auch bei seinem Fan, dass ‚abweichendes Denken‘ nur gut ist, wenn es das eigene ist.

    Zumindest hat Giovanni di Lorenzo in den Kommentaren von seinen Zeit-Lesern ganz kräftig einen auf den Hut bekommen. Alles schlucken die offenbar nicht. Selbst zu Martensteins Kolumne gab es diversen Widerspruch von Leuten, die ihm eigentlich wohl gesonnen sind.

  80. @ Helene
    Von ihnen wahr nichts anderes zu erwarten. Aber ich darf sie beruhigen: ihr dummes Geschwätz bleibt wirkungslos.

  81. Unfassbar wie verblendet man sein kann. Niggemeier liefert fundierte Argumente, die Gegenseite liefert gar nichts. Niggemeier hat eindeutig Recht, die Gegenseite leidet an Realitätsverlust. Warum sich diese Sachlage kaum jemandem erschließt ist mir ein Rätsel.

  82. @Alvin, #102

    Dabei hat Martenstein selbst drei Varianten im Angebot, warum man daneben liegen: die Ignoranzannahme, die Idiotieannahme und die Bosheitsannahme, siehe #31. Wir dürfen uns aussuchen, was am besten passt.

  83. „Sie sollten nicht gleich alle Zeit-Leser in Sippenhaft nehmen, weil Sie da einen erwischt haben, dem es mit dem Fan-Sein übertreibt.“

    Schon richtig, aber das war nicht grad der einzige unsachliche Kommentar dort (hab nicht alle gelesen – ich muss etwas auf meinen Blutdruck achten ;)
    Ich hab einfach mal den von mir gefühlten Durchschnitt (in zugegeben polemischer Form) wiedergegeben.

  84. @martenstein, 58: »Dass Nazis in Deutschland generell verharmlost oder schöngeredet werden, hält ebenfalls keiner Überprüfung stand.«
    @niggemeier, 70:»Habe ich ebenfalls nicht behauptet.«

    offenbar lebe ich in einem gefühlt vollkommen anderen land als martenstein es tut. es ist doch gang und gäbe, daß opfer von rechter gewalt regelmäßig keine unterstützung durch die behörden bekommen. im gegenteil, die exekutive sieht zu, nimmt personalien der opfer, ignoriert hinweis auf die täter, ermittelt gegen opfer, stellt bei anzeigen verfahren gegen die täter ein ohne nennenswerte ermittlungen aufgenommen zu haben, ignoriert auch bei offensichtlichen fällen den politischen charakter der taten.
    das echo in den etablierten medien ist bescheiden, ausnahmen macht man nur, wenn der »ruf deutschlands im ausland« gefährdet ist und die exporte leiden könnten.
    dann werden die »nazikiller« (wenns die wenigstens gäbe, sind aber nur killernazis…) zurückgepfiffen.

    und abgesehen von der richtigstellung, daß sn die von martenstein untergeschobene aussage nicht behauptet habe, hat sn nichts inhaltlich dazu zu sagen?
    als ursache von martensteins realitätsverzerrung tippe ich auf b), die idiotie.

  85. „Dank auch dem Kommentator „rofl“ beim Niggemeier. Er zitiert auf dessen Blog meinen Kommentar Nr. 11 von hier. So kann man auch die Zensur des Herrn Niggemeier unterlaufen. Ansonsten löscht der „Medienjournalist“ gerne kritische Kommentare und sperrt unliebsame Kommentatoren. Was soll’s, mit der Zeit gewöhnt man sich daran.“

    Merkbefreiung par excellence. Hauptsache zitiert worden. Auch ruhig als Negativbeispiel des Monats. m(

    Allerdings ist der letzte Satz (vermutlich) ungewollt richtig: mit einer Zeitung wie der Zeit gewöhnt man sich anscheinend wirklich an so Einiges.

    PS: Von mir wurd hier noch nie was gelöscht, aber sich kritisch mit seinen eigenen Inhalten auseinanderzusetzen ist wohl nicht grade eine Stärke im Umfeld der Zeit. Da sinds dann immer die Andern ™ gewesen.

  86. @90 (Kachelmann):
    Ich lebe schon seit vielen Jahren als Ausländer in der Schweiz und habe noch nie (!) einen Schweizer getroffen, der sich froh oder gar stolz über den hohen Ausländeranteil gezeigt hat. Was ich jedoch so gut wie bei jeder Begegnung mit Schweizern beobachte, ist der immerwährende Hang zur Selbstbeweihräucherung und der (wie ich finde) feige Drang, sich stets auf die Seite der vorherrschenden öffentlichen Meinung zu stellen. Lesen Sie doch mal die Kommentare eines beliebigen Artikels im Tagesanzeiger, und Sie sehen, wes Geistes Kind „die Schweizer“ sind.

  87. @108 Das tut mir leid, dass Sie in der Schweiz schlechten Umgang haben, das muss aber nicht unbedingt immer an den anderen Menschen liegen. Und ob die Kommentatoren im Tages-Anzeiger eine Passkontrolle hinter sich haben, weiß ich nicht. Es war nicht feige, eine Initiative zur Begrenzung des Ausländeranteils mit deutlicher Mehrheit abzulehnen. Es bleibt die Frage, ob das in anderen Ländern (zum Beispiel Ihrem) auch gelänge. Und als Ausländer sehr ich nur gern, wenn deutsche Beamte in Uniform jeden Tag an großen Hakenkreuzen vorbeilaufen, die diese aber zumindest zwischen dem 20.3. und 29.7. 2010 nicht zu stören schienen. Ich bin sicher, auch das wäre in der Schweiz anders.

  88. Das mit dem Minarett-Verbot, lieber Herr Kachelmann… „das muss aber nicht unbedingt immer an den anderen Menschen liegen“.
    ;-)
    Im Ernst: diese Nebendebatte darüber, ob nun der Deutsche an und für sich oder der Schweizer an und für sich der bessere Mensch sei, ist doch albern.

  89. Doch. Es ging darum, ob es dortzulande im internationalen Vergleich eine erhöhte Gleichgültigkeit/Affinität gegenüber rechtsextremem Gedankengut gäbe. Ich habe versucht, über zwei Fallbeispiele eine Antwort zu finden.

  90. Wir haben über 21% Auslaenderanteil und sind stolz darauf. Wir haben eine volksinitiative, diesen Anteil auf 18% zu begrenzen, mit deutlichem mehr abgelehnt.

    Nun nehmen Sie uns doch nicht noch die deutschen Formel 1-Weltmeister der nächsten Jahrzehnte weg…

  91. @114: Ne, Herr Kachelmann, da vergaloppieren sie sich etwas. Ich seh nur ein Fallbeispiel, wobei man auch schon einen großen Bogen spannen muss, um von Hakenkreuzen in irgendeiner JVA auf generelle Ansichten einer ganzen Bevölkerung zu kommen.
    Und das mit dem Ausländeranteil ist kein Beispiel, sondern grobe Spekulation, man könnte darüberhinaus einwenden, dass man in D gar nicht auf den Gedanken kommen würde, sowas überhaupt abstimmen zu lassen.
    Noch ein weiterer Gedanke: Vermutlich etwas klischeehaft, aber die Beweggründe, in die Schweiz zu emigrieren, mögen tendenziell etwas andere sein, als nach Deutschland…

  92. @109: Ich habe vor allen Dingen Umgang mit Schweizern. Die hohe Ausländerquote in der Schweiz ist m.E. ein Resultat der restriktiven Einbürgerungspolitik. Unter solchen ungleichen rechtlichen Bedingungen Vergleiche anzustellen und Rückschlüsse auf die Toleranz eines Volkes zu ziehen, würde ich mich nicht getrauen.

    Was Gefängnisse betrifft, fehlt mir zugegeben die Erfahrung, aber ich kann mir vorstellen, dass in Gefängnissen nicht nur politisch korrekte Personen sitzen. Doch dies auf ein ganzes Land zu übertragen, ist ein wenig hoch gegriffen, finden Sie nicht? Denn wer schonmal ein Wahlplakat der SVP gesehen hat, käme womöglich auch nicht auf die Idee, sich im Lande der Toleranz zu befinden. Daher sollte man etwas differenzierter an derartige Themen herangehen.

  93. Zur Erinnerung:
    Anhänger der internationalen rechtsextremen Szene bedienen sich bestimmter Symbole und Zeichen, um ihre Gesinnung in der Öffentlichkeit zu zeigen. Wie alle Symbole dienen sie dem schnellen Wiedererkennen, stellen also einen gruppen- und länderübergreifenden Code dar. Nach deutschem Recht wird das öffentliche Zeigen fast aller rechtsextremen Symbole oder Kennzeichen bestraft. Die Verbreitung und Verwendung von Symbolen und Parolen aus der Zeit des Nationalsozialismus und von verbotenen Neonazi-Organisationen gilt im deutschen Strafrecht als Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und ist nach § 86a StGB strafbar.(cp/Wiki)

    Naja, wenn man das zugrundelegt und sich dann vorstellt, dass Justizvollzugsbeamte tagtäglich darüber hinwegsehen, kann einen das schon nachdenklich machen. Aber eigentlich haben wir keine Zeit für sowas. Ich meine, wir haben wirklich keine Zeit, um nachdenklich zu sein …

  94. Hallo
    bin leider erst heute auf die Artikel gestossen,aber dennoch möchte ich kurz meine Meinung äussern. Artikel von Herrn M. begegnen mir immer mal wieder als zufällige Lektüre und in allen Fällen transportierte der Autor stets wiederkehrende Botschaften:Narzissmus getarnt als Nonkonformismus (vgl. seine Ausführungen zur Rektanz). Meinungsfreudigkeit bei fehlender Faktenlage bzw. mangelnder Argumentationslogik (vgl. diesen Artikel bzw. die Kolumne über die Reichensteuer die vor ökonomischem Unsinn nur so glitzerte) und dem persönlich Beleidigtsein einer Mimose (vgl. seinen Artikel über den brillanten Sohn, der gerne schweigt, und über alle anderen die nur Schwätzer sind obwohl sie vielleicht nur schneller denken als der Zögling. Wirklich ärgerlich ist jedoch,dass Herr Martenstein stets seine unsauberen Argumentationen auf dem Rücken von Schwachen bzw. Schwächeren zelebriert.
    Passend dazu ist auch,dass der Autor sich als Bewunderer von Moltke outet, also versteckt sich hinter dem vermeintlichen Nonkonformismus nur Autoritätshorigkeit.
    Schade, Schade

  95. Schade,

    Niggemeier als auch Martenstein liegen beide falsch. Denn (nicht nur, aber ganz besonders) Deutschland ist natürlich noch ein latentes Nazi-Volk. Wir gefallen uns nämlich in der Rolle des Weltmeisters der Aufarbeitung und der Entschuldigung, nur muss man dafür vorher immer auch morden oder morden lassen. Danach kann man sich dann bei Rock-gegen-Rechts und anderen einigkeitsstiftenden Veranstaltungen (besser: Standort-Deutschland-Lokalmarketing) gegenseitig versichern, wie tolerant und offen das bunte ‚Schland ist und neonazistischen Terror als Betriebsunfall von ein paar durchgedrehten Todesengeln deuten.
    Wer deshalb ernsthaft erschrocken ist und sich wundert, dass solchem Terror relativ unmotiviert nachgegangen wird, dem muss man entweder Naivität oder Amnesie attestieren. Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen… alles schon vergessen? Das sind deutsche Zustände. Und was darf man hier in den Kommentaren lesen? Die Schweizer seien rassistisch. Das mag so sein oder auch nicht. Aber in dem Kontext ist es pure Projektion, es geht mal wieder darum, sich als Deutscher gut zu fühlen. Bei uns wütet der mordende Nazimob, aber wir müssen uns über den bößen Schweizer erheben, der keine Minarette bauen will. Auf diese identitäre Kacke, die sich wahrscheinlich auch noch als besonders links, aufgeklärt und progressiv versteht kann ich gerne verzichten.

  96. Ein guter Text, wenn auch noch zu unkritisch. Harald Martenstein verzapft nämlich, in einer seltsamen Mischung aus Überheblichkeit und Selbstüberschätzung, Undifferenziertheit und fehlender Information in regelmäßigen Abständen ähnlich diffuse, oder aber völlig banale Texte. Die Konklusion ist praktisch nie als solche vorhanden. Aufgezählt werden gängige Meinungen, die dann mit einer unplausiblen Argumentationsstruktur verglichen, vermengt und vereinheitlicht werden was dann als eigene Meinung der Selbstinsszenierung Martensteins als weltgewandten, erkennenden und differenzierten Denker dient und damit sowohl ein Musterbeispiel zur Kritik der „Zeit“ wie auch der Rolle des Kolumnisten im Journalismus darstellt.

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