Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Wir werden nie erfahren, ob der Knautschpolizist Columbo auch eine solche Fernsehlegende geworden wäre, wenn Bing Crosby oder Lee J. Cobb die Rolle gespielt hätten, die angeblich zuerst gefragt wurden. Sicher ist, dass es ein sehr anderer Columbo gewesen wäre und womöglich nicht einmal ein Knautschpolizist. Peter Falk hat diese Rolle nicht nur durch sein Schauspiel geprägt. Er selbst hat das heruntergekommene Äußere des Lieutenant bestimmt, den alten Peugeot ausgesucht. Der schäbige Mantel, den Columbo trug, war sein eigener. Über zwanzig Jahre war es tatsächlich dasselbe Stück, bis es fast auseinanderfiel. Den Ersatzmantel mochte er nicht. Und über die Jahre wirkte Columbo selbst immer mehr wie diese alten, heruntergekommenen, abgeliebten Gegenstände und Accessoires, die ihn umgaben. „In mir stecken schon Unmengen von Patina“, sagte Falk einmal in einem Interview.
Auch die Idee, dass Columbo als ein Mann, der mit so wichtigen Dingen wie der Überführung von Mördern anhand kleinster Details beschäftigt ist, wirklich nicht auch noch den Überblick über so banale Dinge wie den Inhalt seiner Taschen behalten kann, stammt angeblich von Falk selbst. Ungeprobt habe er in einer Szene zum ersten Mal dem Täter statt des vernichtenden Beweises einen Einkaufszettel vorgelesen, den Columbo an seiner Stelle in seinem Regenmantel fand: „… Ein Brot und ein Karton Rosinen…“. Der Blick des Schauspielers, ähnlich überrascht wie es der Mörder gewesen wäre, sei unbezahlbar gewesen, sagt Falk.
Er hat andere Rollen gespielt, im Kino und im Theater, auch mit Erfolg, aber Peter Falk, der am Donnerstag im Alter von 83 Jahren gestorben ist, wird den Menschen auf der Welt als Columbo in Erinnerung bleiben. „Ich könnte in einer Eiswüste sein, pfeifender Wind, und wenn irgendwo hundert Meter entfernt vier Eskimos um die Ecke kämen, würden ihnen die Augen tränen vor Glück, mich zu sehen (nicht mich, Columbo)“, schreibt er in seiner Autobiographie. Das Kapitel trägt die Überschrift: „Gott hat niemals ein Menschen dafür gemacht, von zwei Milliarden anderen Menschen erkannt zu werden.“
In Wim Wenders‘ „Der Himmel über Berlin“ spielt er einen ehemaligen Engel, oder vielleicht spielt er auch Columbo als ehemaligen Engel. Jedenfalls steht er an einer Imbissbude in Berlin und sagt zum Engel Damiel: „I can’t see you, but I know you’re there.“ Das wirkt heute merkwürdig passend.