Ein Dogma muss kein Dogma sein

Heute verrät Chefredakteur Ulrich Reitz den Lesern der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ exklusiv den Beginn des Journalistengesetzbuchs. Er tut das, weil sich offenbar Leute darüber beschwert haben, dass die WAZ am Mittwoch — ausgerechnet vor einem wichtigen Champions-League-Spiel — gemeldet hatte, der FC Schalke 04 werde sich von Trainer Felix Magath trennen. Dadurch hätte die Zeitung den Erfolg der Mannschaft gefährdet.

Reitz hätte es dabei belassen können, einfach zu antworten, dass eine Zeitung keine „Fan-Postille“ sei und kein „Wohlfühl-Blatt“. Aber er nutzte die Gelegenheit, ein ganz großes Fass aufzumachen:

Für uns Medienleute gibt es einen Paragrafen eins, der lautet: Eine Nachricht ist eine Nachricht ist eine Nachricht. Paragraf zwei heißt: Du darfst die Veröffentlichung einer Nachricht nie abhängig machen von den Folgen dieser Veröffentlichung, zumal du die ja auch gar nicht kennst.

Für Leser, die vielleicht unterschätzen, wie ernst Reitz das meint, wie absolut und unverhandelbar dieses Dogma seiner Meinung nach ist, fügte er hinzu:

(…) eine Nachricht bewusst zurück zu halten, ist für eine Zeitung, die sich allen ihren Lesern verpflichtet fühlt, geradezu eine Todsünde. Redakteure, die so handeln würden, könnten, dürften in diesem Job nicht mehr arbeiten.

All das gelte umso mehr bei Exklusiv-Nachrichten, die ja dazu führen, dass selbst ein Blatt wie die WAZ von „Zeitungen von Rang“ zitiert wird. (Medienethik ist für Reitz nur eine Unterdisziplin der Betriebswirtschaft.)

Es ist das zweite Mal innerhalb weniger Monate, dass sich Reitz mit dem Grundsatzthema beschäftigt. Ende November allerdings war das, was er heute als heilige Pflicht beschreibt, ein „übler Verrat“. Im Zusammenhang mit der Enthüllung amerikanischer Diplomaten-Depeschen kommentierte er:

Weder der Verräter noch die Internet-Plattform Wikileaks können die Folgen ihrer Veröffentlichung auch nur annähernd abschätzen. Diese können aber tödlich sein, etwa, wenn Informanten der Amerikaner in diktatorischen Staaten hochgehen. Deshalb ist diese Art von Veröffentlichung unverantwortlich, auf jeden Fall: größenwahnsinnig. Vor allem, wenn dieser Größenwahn auch noch mit Informationsfreiheit gleichgesetzt wird.

(…) Dieser Verrat stiftet keinen Frieden, er gefährdet ihn.

(…) Die Wikileaks-Veröffentlichung ist nichts anderes als eine Illusion. Glaubt jemand, diese Mischung aus Einschätzungen und Einzelbeobachtungen sei „Wahrheit“? Was hat man davon, zu wissen, dass ein führendes Mitglied einer Denkfabrik von Premier Erdogans türkischer AKP-Partei Andalusien zurück haben und sich rächen will für die Belagerung Wiens 1683???

Erstaunlicherweise scheinen weder der erste, noch der zweite Paragraph des Reitzschen Medienleutegesetzes in diesem Fall zu gelten. Plötzlich folgt aus der Unwägbarkeit der Folgen einer Veröffentlichung keine Pflicht zur Berichterstattung, sondern ihr Verbot.

Nun kann man natürlich (wenn man das Dogmahafte an Reitz‘ Paragraphen ignoriert und also das Risiko eines Berufsverbotes oder ewiger Verdammnis in Kauf nimmt) einwenden, dass sich die potentiellen Folgen in beiden Fällen nicht vergleichen lassen: Dort geht es um den spielerischen und wirtschaftlichen Erfolg eines Fußballvereines, hier womöglich um Menschenleben.

Ich fürchte nur, dass das nicht der Grund für die unterschiedliche Wertung von Reitz ist. Dort geht es um richtige Journalisten, hier um wildfremde Leute, die das Enthüllungs- und Enthüllungs-Entscheidungs-Monopol dieser Journalisten zerstört haben.

Schon in der Präambel von Reitz‘ Grundgesetz heißt es nämlich: Gut und richtig ist, was Dir nützt; schlecht und falsch, was Dir schadet.

(Mit den fatalen Folgen des Postulats, Journalismus dürfe sich nicht um seine Folgen scheren, habe ich mich hier auseinandergesetzt. In Sachen Schalke hat Reitz natürlich grundsätzlich recht.)

[Mit Dank an Martin Liebig!]

89 Replies to “Ein Dogma muss kein Dogma sein”

  1. Werther Herr Niggemeier,

    weil Sie sich wieder nur auf die wesentlichen Punkte beschränken, bleibt mir nichts übrig, als die kleine Volte einzufügen, dass Herr Reitz zumindest eine Folge seiner Berichterstattung für unmöglich hält: keine Folge.

    „Schalke hat in einem sehr schönen Spiel einen wunderbaren Erfolg gegen Valencia herausgekämpft und steht deshalb im Champions-League-Viertelfinale: Trotz oder wegen Magath, trotz oder wegen unserer Berichterstattung.“

    Schalke hat also tatsächlich möglicherweise ursächlich wegen der WAZ-Berichterstattung gewonnen, möglicherweise auch trotzdem, aber nicht unabhängig davon. Hätte die WAZ nicht berichtet, hätte es dann sein können, dass das Spiel einfach ausgefallen wäre? Zumindest das ist eindeutig nicht passiert. Auch schonmal was!

  2. Das ist doch das schöne am „konservativ“ sein: Man kann immer nach seinen Werten leben – man muss nur die Werte tagesaktuell anpassen.

  3. Großes Kino! Da ist dann nur noch die Frage, ob Reitz unbewusst hier das eine und dort das Gegenteil behauptet (er denkt vielleicht einfach sonderbar); oder ob es ihm egal ist, welche Grundregeln er vor Monaten erlassen hat. Dafür irgendeinen Text für die Zeitung zu produzieren, um die Fans zu beruhigen oder um Aufregung zu erzeugen, um etwas Kontroverses zu tun, um Klicks zu generieren, reicht es. Mein Eindruck: Es ist häufiger die journalistische Hauptfrage, wie man Leser er-/unterhält, als wie man etwas Richtiges veröffentlicht.

  4. Seinen heutigen Kommentar samt Folgerung kann ich eigentlich Wort für Wort abnicken. Ich hätte mir nur noch einen kleinen Hinweis darauf gewünscht, dass die Quelle, der Informant durchaus eigene Ziele verfolgen könnte. Wenn schon das große Fass, dann auch bitte komplett.

  5. Danke, da hatte ich heute morgen schon beim Zeitunglesen einen Brechreitz und jetzt musste ich mich nochmal auf meine Tastatur übergeben :P

  6. Bigöttlich, zumal der erste Kommentar unter dem Artikel selbigen schon in der Luft zerreißt. Ist das die berühmte Reitzüberflutung?

  7. („Ich fürchte nur, dass das nicht der Grund für die unterschiedliche Wertung von Reitz ist.“)

    Nicht wenige Schalke-Fans sehen einen anderen Grund:

    Peter Lange ist nicht nur stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates von Schalke 04, sondern gleichzeitig Mitglied der WAZ-Geschäftsführung.

    Die Vermutung, Lange sei der WAZ-Informant gewesen, liegt da schon nah.

  8. @theo: Ja, das nochmal ein anderes ethisches Dilemma. Aber darüber steht anscheinend nichts in Reitzens Gesetzbuch. (Die hypothetische Präambel würde das aber natürlich auch abdecken.)

  9. @SN:
    Angenommen, der Informant wäre Reitzens Brötchengeber gewesen, ließe sich dieser Satz von Reitz auch anders lesen:

    „Redakteure, die so handeln würden, könnten, dürften in diesem Job nicht mehr arbeiten.“

  10. Eine Nachricht zurückzuhalten muss gute Gründe haben; oder bei einigen Zeitungen zur Agenda passen.
    Mir ist es aber in 99% aller Fälle lieber, wenn sofort berichtet wird, die Fälle bei der die Berichterstattung das Leben der Betroffenen direkt gefährdet liegt dann imo bei einem Prozent, da sollte man von Berichterstattung absehen.

  11. Never joke with names. Mit Namen macht man keine Witze.
    „Drum hüt ich mich, mit ihm (Trebolle) zu brechen.“
    (nach Goethe).

    Was jetzt kommt, ist kein Witz. Es ist eine Beschreibung. Ich werfe mal wieder mein geliebtes Reitzwort „Bedarfsethiker“ in die Diskussion.

  12. Manche Männer mag der Niggemeier einfach nicht. Die können tun und lassen, was sie wollen. Nigge nörgelt an ihnen rum. Einer davon ist Ulrich Reitz.

  13. @ Boris Benzin, #15

    Da haben Sie mit Sicherheit völlig Recht und jede weitere Begründung Ihrer ausgefeilten Argumentationskette ist überflüssig. Man muss Nigge aber zugute halten, dass er es unwahrscheinlich gut versteht, seine ausschließlich auf persönlichen Ressentiments beruhenden Nörgeleien den Anschein von echter und berechtigter Kritik zu verleihen…

  14. @ Olly und Boris Benzin:

    Der Author macht es sich aber auch wirklich zu einfach mit seinen gut belegten und formulierten Argumenten. Er sollte sich wirklich von Ihrem vorbildlichen Verhalten eine Scheibe abschneiden und beweislose Behauptungen über Andere aufstellen. Sie sind ein glänzendes Vorbild für uns alle!

  15. @polyphem
    Niemand spielt hier mit Namen.

    Aber mal eine ernst gemeinte Frage: Ist „Bedarfsethiker“ ein Synonym für „Gebrauchsethiker“?

  16. „In Sachen Schalke hat Reitz natürlich grundsätzlich recht.“

    Kleine Rückfrage: Lautet die Definition von „Nachricht“ im Journalistengesetzbuch gegebenenfalls auch „frei erfundenes Gerücht, um die allgemeine Stimmung anzuheizen“?

  17. Darf ich mir das in etwa so vorstellen, das Herr Reitz sich selber eine Nachricht auf die Mailbox spricht, einmal mit dem Kopf heftig gegen die Wand schlägt, das Handy anmacht und ganz überrascht ist über die Mitteilung des grossen Unbekanten? Da es sich um eine wichtige „Nachricht“ handelt muss die natürlich ungeprüft ins Blatt….

  18. […] Über den WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz: Ein Dogma muss kein Dogma sein (Stefan Niggemeier) – WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz echauffiert sich über die Kritik der Schalke-Fans wegen der WAZ-Schlagzeile über den Abgang von Felix Magath – und das am Tag des wichtigen Champions League-Spieles (das der FC Schalke 04 übrigens mit 3:1 gewann!) und zeigt ein überaus undogmatisches Verhalten, wie ihm Stefan Niggemeier gekonnt nachweist. […]

  19. Das Journalisten-Gesetz wurde schon vor über 30 Jahren durch die BITTE von Helmut Schmidt in Somalia aufgehoben bzw. aufgeschoben.

    Ehrlich, wer Fußball wirtschaftlich sieht, hat keine Liebe zum Spiel. Wer hätte gedacht, dass die Kritiker des Profi-Fußballs vor 50 Jahren heute ihr Recht zugesprochen bekommen?

  20. Eine Nachricht ist mehr als eine Nachricht. Daran ändern auch Individualethiker und Schaumschläger nichts.
    Da helfen auch atomistische Metaphern a la G. Stein wenig.

  21. Das mit Grundsätzen ist doch ganz einfach: Man muss die eben so hoch hängen, dass man noch bequem darunter durchkommt. :-D

  22. Ich gestehe, ich bin WAZ-Leser und somit geübt den täglichen Brechreitz (atomrofl…) zu unterdrücken. Bei dem hier angesprochenen Wikileaks-Kommentar aber fiel es schwer. Ich finde Reitz und seine Kommentare ebenfalls oft problematisch. Allerdings bin ich ziemlich sicher, dass er zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten, deutlich moderateren Kommentar zu Wikileaks abgegeben hat. Vielleicht konnten wir hier ja tatsächlich sowas wie einen journalistischen Sinneswandel quasi ‚live‘ miterleben. Und das ist imho durchaus erlaubt. Mal sehen, wie er es in der Zukunft damit hält. Nur, um das ganze mal etwas optimistischer zu deuten ;D

  23. Mir scheint Herr Reitz eher beleidigt, weil sich die neuen Enthüller dies leisten können, ohne jene ökonomische Verquickungen beachten zu müssen wie die großen Verlage oder auch die bei ihnen eingebetteten Redakteure. Seinen wikileaks-Kommentar sehe ich auch unter dem Aspekt, dass ich die WAZ grundsätzlich als staatsnah begreife.

    Wenn die WAZ Nachrichten sucht, kann sie ja mal untersuchen, wie lang die Dauer von dauerhaftigen Lebensmittelpreissenkungen ist. Wär auch ne Absatzfördermaßnahme.

  24. Schön hinten anstellen, Freundchen. Wir warten hier auf eine Bemerkung zu den Vorgängen in Ägypten, da kannst du nicht einfach so kommen und dich vordrängeln. Nach uns sind dann erstmal die Libyen-Leute und die Guttenbergler dran. Und dann, vermutlich im Sommer, bist du dran mit deinem Japan. So lange kannst du ja den Namen üben (steht in der Adresszeile).

  25. 34:

    Immerhin wird ja seit einigen Tagen auf Bildblog verlinkt auf solche Berichte, die sich kritisch mit der angeblichen Hysterie und grundsätzlichen Akw-Ablehnung deutscher Journalisten beschäftigen. Und ein kleiner Seitenhieb gegen einen taz-Kommentator war auch noch dabei.
    Was Bildblog zur Katastrophe in Japan und zur Diskussion in Deutschland bislang beigetragen hat, ist schon befremdlich.

  26. @ Bernd Jürgen Armando Brandes: Dann hätteste aber auch Stephan schreiben müssen. So wirkt es nicht.

  27. Niggemeier scheint abgetaucht, bildblog macht PR für Atomkraft-Befürworter… es mag vielleicht am Wetter liegen…

  28. Sebastian:
    Ich sehe Leseempfehlungen hin zu einem Artikel eines Akw-Befürworters auf scienceblog, hin zu einem visdp-Beitrag (der den Akw-Fan Wolfgang Herles lobt und ansonsten von einer hysterischen Presse schreibt), einen Hinweis auf ein Standard-Interview mit Hans Mathias Kepplinger.

    Das alles wird ohne jede Kritik, ohne Kommentar verlinkt.

    Hingegen wird ein AKW-kritischer Kommentar in der taz mit Hinweis auf eine vielleicht mal geplante, aber nicht realisierte Überschrift moniert.

  29. @theo: Also ich bin schon immer Kernkraftgegner, aber stimme vielem zu, was ich da lese. Zum Beispiel frage auch ich mich, was wir jetzt durch Fukushima Neues erfahren haben, das wir nicht schon wussten und das jetzt plötzlich Grund sein soll, am besten gestern alle AKW abzuschalten. Aber am meisten befremdet mich an der aktuellen Anti-AKW-Bewegung, dass Erdbeben und Tsunami und vor allem die betroffenen Japaner völlig unter den Tisch fallen, weil wir nur daran denken, unseren eigenen Arsch zu retten, der im Moment überhaupt nicht in Gefahr ist. Das gilt auch für die Beinaheüberschrift von den „Dreckschweinen der Atomlobby“.

    Was hätte Bildblog denn stattdessen zur Sache verlinken sollen?

  30. @Stefan: Man ist halt geneigt, dem Bildblog Vernunft zu unterstellen; da bin ich ganz bei theo.

  31. @stefan niggemeier:

    Ich habe nicht gesagt, bildblog müsse Atomkraftgegner sein. Mir fällt nur diese Einseitigkeit auf, mit der das Thema bei bildblog behandelt wird. Und dass neuerdings Beiträge unkommentiert verlinkt werden, die bildblog früher auseinander genommen hätte.

    Oder soll ich Ihre Frage an mich als Erklärung verstehen?

  32. Medienkritik würde sich momentan zu den Themen Libyen, E10 und Fukushima wahrhaft lohnen. Wann greift Niggemeier mal die wirklich heißen Eisen an?

    @niggemeier:
    “…Dort geht es um richtige Journalisten…”

    Ein “…richtiger Journalist…” wendet sich mit Freude auch den heiklen Problemen zu, er kneift nicht, wenn es schwierig wird…

  33. offtopic: gerade wurde die heute show ausgeblendet nachdem ein paar anzügliche worte in richtung atombefürworter fielen. interessant.

  34. die Rubrik 6 vor 9 im angesprochenen Bildblog ist mir auch durch die süffisanten Verlinkungen aufgefallen, die ganz auf der Linie der Verharmloser liegen. Erstaunt hat es mich aber nicht, denn 6 vor 9 wurde von der Schweizer Blogwerk AG zusammen mit dem Blogger Ronnie Grob an Bildblog übergeben. Ronnie Grob ist hier bekannt für seine eher schrägen Ansichten, die bei Rechten und Konservativen gut ankommen dürften. Ich nehme an, dass er 6 vor 9 immer noch betreut, es ist ganz seine Handschrift.

  35. @49:

    Ich fand folgenden Kommentar von Ronnie Grob:

    „Eine Recherche wer heute wo an der Meinungsmacht sitzt wäre für den sogenannten Medienpluralismus vernichtend. Die Linksgrünen besitzen ausser ganz wenigen Publikationen die absolute Meinungsmacht. (…)
    Zurück zur Meinungspresse ist der einzige Weg um die linksgrüne Medieneinfalt zu durchbrechen.“

    (Quelle: http://www.suedostschweiz.ch/community/blogs/der-journalist-und-seine-gesinnung)

    Wenn dieser Mensch mit dieser Haltung die Auswahl bei 6 vor 9 bestimmt, würde das einiges erklären.

  36. theo, wirfst du gerade anderen Menschen vor, dass du eine Linksammlung unkritisch hingenommen hast?

  37. Ach, und in deinem letzten Satz kommen so viele, wie ich sie nenne, deutsche Demonstrativpronomina vor, dass ich glaube, dass irgendetwas in dir „Lump“ gedacht hat, als du „Mensch“ schriebst.

  38. #51:
    ich habe mich über die einseitige Auswahl gewundert, die ich für ein Watchblog wie bildblog recht ungewöhnlich fand. Es geht mir ferner nicht um kritiklose Leser, sondern um ein kritikloses Blog. Zudem finde ich die Einstellung von Ronnie Grob (siehe #50) sehr bedenklich. Denn das impliziert eine politische Mission als Maßstab journalistischen Handeln. Auch das ist für ein Medien-Watchblog eher ungewöhnlich.

    #52:
    Hätte ich „Lump“ gemeint, hätte ich es auch geschrieben.
    (Alberto, könnten wir zumindest mit solchen Unterstellungen aufhören?)

  39. @theo
    dumm nur, dass lesekompetenz nicht zu deinen stärken zu zählen scheint. oder hattest du nach einer harten nacht vor lauter empörung einfach noch keine zeit gehabt, dir den knick aus deiner optik zu bügeln? in meinem internet hat der nutzer, der sich „Ronnie Grob“ nennt, jedenfalls folgenden kommentar abgegeben (ich hoffe, ich komme für die ungekürzte wiedergabe nicht ins gefängnis):

    Ich glaube, Journalisten werden ein Stück glaubwürdiger, wenn sie ihre Haltung transparent machen. Man muss sie ja nicht teilen, aber wenn man sie kennt, kann man ihre Stücke besser beurteilen.

    Und noch ein technisches Anliegen: Kann man dieses Blog mit einem RSS-Feed ausstatten, so dass Feed-Leser wie ich auch über die nächsten Beiträge informiert werden? Danke.

    aber das taugt natürlich nicht so gut zur moralischen entrüstung. aber wozu ist schließlich der wunsch der vater des gedankens?!

  40. @theo: Was ca-fi sagt. Lesen hilft.

    @Bruder Bernhard: Ja, ich nehme auch an, dass Ronnie Grob immer noch „6 vor 9“ betreut. Es ist nicht nur ganz seine Handschrift. Seine Name steht auch unter jedem Eintrag.

  41. 54, 55:

    Bei lauter Empörung auf ihrer Seite und Abstreiten meiner Lesekompetenz:

    Die Tatsache, dass Ronnie Grob Transparenz für seine Tugend hält, entkräftet m.E. nicht das, was ich geschrieben habe.
    Denn selbst wenn ein Journalist öffentlich bekennen würde, dass eine politische Mission sein Handeln bestimmte:

    – macht ihn das zu einem besseren Journalisten?
    – wenn Grob nach seiner politischen Maxime handelt, entspricht diese (parteiliche) Haltung den Anforderungen, die Bildblog an sich selbst als Watchblog stellt?

  42. mea culpa:

    Ich hatte den Blogeintrag von Ronnie Grob im google-cache gelesen, da war die Autorenzeile verrutscht. Deswegen eine falsche Zuordnung. Entschuldigung.

  43. Ich will es auch nicht bei einem bloßen „Pardon“ belassen. Das ist echt peinlich von mir. Bin ziemlich zerknirscht.

  44. @theo: Kann ja mal passieren.

    Ich persönlich finde an „6 vor 9“ ja so schön, dass es ein ausgesprochen weites Spektrum von links bis rechts mit einem Umweg über allerlei Skurriles an der Grenze zu komplettem Schwachsinn abdeckt.

  45. @Ommelbommel, 59 – Hört sich an, als würden Sie dieses… dieses… dieses „Internet“ beschreiben. :)

  46. Also mir fällt im Moment zwar kein gutes Beispiel ein, aber ich kann mir wirklich gut vorstellen, dass es im Ausnahmefalle gute Gründe geben kann, eine Nachricht erstmal nicht zu veröffentlichen und zurück zu halten. ^^

    Jedenfalls kann man doch *niemals* einfach so sagen:
    „Du darfst die Veröffentlichung einer Nachricht nie abhängig machen von den Folgen dieser Veröffentlichung …“
    So pauschal geht das noch einfach nicht.

  47. Ommelbommel:
    Es darf aber nicht passieren. Ein Mensch wird in ein falsches Licht gerückt, ein (vielleicht nicht völlig falsches) Anliegen wird vermasselt, nur weil man schlampig gearbeitet hat.

  48. @theo
    Es wird aber immer wieder passieren. Wir sind uns selbst immer unser größtes Restrisiko. Zu akzeptieren, Fehlermachen-zu-können und daraufhin das Verhalten, auch gegenüber anderen, zu ändern ist sehr schwer.

  49. „Die Wirklichkeit, wie sie die Zeitung serviert, hat ein Sieb passiert. Was da steht, das ist nicht die Welt.
    Das ist:
    Die Welt
    Gekürzte Volksausgabe und für den Schulgebrauch bearbeitet.
    Man sollte sich lieber an das Original halten.“

    Ignatz Wrobel aka Kurt Tucholsky

  50. @Twipsy
    Dazu fällt mir Karl Valentin ein. Er soll folgendes gesagt haben:

    „Es ist schon erstaunlich, dass jeden Tag genau soviel passiert, wie in die Zeitung hineinpasst.“

  51. @44 (Stefan Niggemeier): „Ich sitze übrigens gerade an einem anderen beruflichen Projekt, weshalb ich nicht zum Bloggen komme.“

    Da mir das seit Tagen keine Ruhe läßt und sich hier niemand traut zu fragen: Sind es die Moderationstexte für den ESC, Lernen des Liedtextes für den Düsseldorfer Hauptbahnhof oder doch nur die Rettung der Welt?!?

    janar

  52. Tucholsky, der Niggemeier des 20. Jahrhunderts. Echt jetzt, der Aufsatz „Presse und Realität“ hätte auch hier erscheinen können.

    Der Zusammenhang zwischen Annoncenmarkt und Redaktion ist an dieser Stelle zu nennen. Er ist nur bei Käseblättern, vor allem in der Provinz, klar und offen. In den gefährlichem Fällen verbirgt er sich hinter »Zweckmäßigkeiten«, hinter ›Opportunitätserwägungen‹ – ja, dieser Zusammenhang braucht dem anständigen Redakteur oft gar nicht bewußt zu sein. Er ist vorhanden, denn die Zeitung ist ein Geschäft…Der Redakteur bekommt mit der Zeit den Größenwahn. Besonders der beschränkte, der nicht sieht, daß er nur Handwerkszeug Größerer, hinter ihm Stehender ist. Er hat im Laufe der Jahre gelernt, daß das, was er nicht drucken läßt, für Hunderttausende nicht existiert – daß das, was er den Leuten mit der Papageientaktik in die Köpfe lärmt, für sie im Mittelpunkt der Erde steht. Er wird also immer mehr auf die Wirkung als auf die Wirklichkeit sehen…
    Der Leser vertraut der Presse blind, weil ihn seine Zeitung ja nicht über ihr eignes Wesen aufklärt, und weil eine andre Einwirkung auf die Öffentlichkeit gegen die Presse nur sehr, sehr schwer ist. Die Wirkung auf den Leser wird in fast allen Fällen die gewünschte sein. Das Korrektiv mehrerer Zeitungen leisten sich außer den Fachleuten nur wenig Menschen – und so entsteht ein Weltbild, wie es entstehen soll, nicht, wie es ist.

    Irgendwie hat sich nichts verändert.

  53. @Alberto Green, #38

    Moment, Freundchen, gaaaanz langsam. Erst einmal, und das hat eine ganz andere Priorität als die genannten Petitessen, wollen seine Einschätzung zum Ableben von Knut.

  54. Manche Menschen sind einfach nur mal eben kurz etwas zerknirscht. Dann muss es aber auch sogleich weitergehn.

    „Irgendwie hat sich nichts verändert.“

    ;-))

  55. @69
    Dafür gibt es heute die schönen „redaktionellen Sonderbeilagen“. Und weil die so viel Geld bringen, darf z.B. bei der FAZ Herr Gafron über Russland als das Reich des/der Bösen (Erdgas) schwadronieren und einige Tage später liegt dann die Hauspostille der AKW-Lobby bei, verlegt von wem wohl? Wenn eine Zeitung die Dogmen auf der Herrentoilette austrägt hat der Leser halt nichts zu lachen….

  56. Was sind denn das teilweise für Kommentare hier? Als hätte man einen Anspruch darauf, dass SN neue Blog-Artikel veröffentlicht…

  57. Manche der Kommentatoren über mir mögen doch bitte einmal Kommentar #44 lesen, laut „achso!“ (alternativ ginge auch „ah!“ oder „aha!“) sagen, und hier nicht mehr rumquengeln. Danke!

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