Es lässt sich viel gegen den Verein Deutsche Sprache und seine Aktivitäten sagen, und zum Glück tut der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch das in seinem Sprachlog regelmäßig. In den Mitteilungen des Vereins, dessen Mitglieder er liebevoll „Dortmunder Sprachnarren“ oder „sprachliche Kleingärtner“ nennt, findet er statt Sprachpflege immer nur „Sprachnörgeleien, die in ihrer humorbefreiten Blödhaftigkeit zum Verzweifeln sind“. Das Niveau der Diskussionsbeiträge des VDS wird ganz gut durch die ältere Äußerung ihres Vorsitzenden Walter Krämer markiert, Deutsch verkomme zur „Schimpansensprache“.
Ende vergangenen Jahres fand der Verein einen passenden Medienpartner für seine langjährige Forderung, die deutsche Sprache ins Grundgesetz aufzunehmen: die „Bild“-Zeitung. Die machte daraus eine irre Petition, die groben Unfug mit billigen Ressentiments verband, etwa:
Ich will keine Politiker, die sich in Parteiprogrammen für mehr „street worker“, für „gender mainstreaming“ oder „social networks“ einsetzen.
UND: Ich will keine Zuwandererfamilien, die sich bis in die dritte Generation weigern, die Sprache des Landes korrekt zu lernen, in dem sie leben!
Es fanden sich anscheinend 46.000 Menschen, die das unterschrieben; bei einer Online-Petition kamen noch ein paar Tausend hinzu.
Anatol Stefanowitsch nimmt das zum Anlass, eine Gegenaktion zu starten. Er argumentiert:
- Es besteht keine Notwendigkeit einer Aufnahme der deutschen Sprache ins Grundgesetz. Das Deutsche ist im Bund und in allen Bundesländern Amtssprache und es ist unzweifelhaft die Hauptsprache des öffentlichen Lebens.
- Da keine Notwendigkeit zu einer Aufnahme ins Grundgesetz besteht, wäre eine solche ein rein symbolischer Akt, dessen Symbolgehalt nur die Ausgrenzung von sprachlicher und kultureller Vielfalt sein kann.
- Eine Aufnahme in das Grundgesetz könnte unvorhersehbare sprachpolitische Konsequenzen nach sich ziehen; es ist anzunehmen, dass die Sprachpuristen auf dieser Grundlage eine Verfassungsklage nach der anderen einreichen würden — gegen Englisch in Werbung, Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft, gegen Migrantensprachen auf Schulhöfen, vielleicht sogar gegen Minderheitensprachen wie das Friesische und Sorbische.
Er lädt „alle Menschen, denen kulturelle und sprachliche Vielfalt am Herzen liegt und die der deutschen Sprache zutrauen, ihr Ausdrucksstärke und Schönheit auch im Miteinander mit anderen Sprachen weiterhin ohne grundgesetzliche Hilfe zu entfalten,“ dazu ein, diese Petition zu zeichnen.
Ich schließe mich dem gerne an.
Nachtrag, 27. Januar. Stefanowitsch antwortet auf Kritik an seiner Initiative: Warum die Petition „Keine Aufnahme der deutschen Spache ins Grundgesetz“ sinnvoll ist“
Der Text beginnt mit einer Häme und Arroganz, die ich in Anbetracht der ansonsten hier geübten moralischen Kritik an Anderen geradezu als Heuchelei empfinde.
Ich bin ja immer noch der Ansicht, dass Deutsch im Grundgesetz den Vorteil hätte, dass die CSU vom Verfassungsschutz beobachtet werden würde.
[…] Auch eine recht bekannte Persönlichkeit hat zum Unterzeichnen der Petition geworben: Stefan Niggemeier. Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit Petition […]
Naja, die knapp 50.000 Leute, die die von Bild unterstützte Petition unterschrieben haben, sind für mich kein wirklicher Anlass zur Sorge. Sprachpurismus ist ja jetzt kein Kind der Neuzeit und hat sich aus guten Gründen nie wirklich durchgesetzt. Es ist fast unmöglich, einer Sprachgemeinschaft vorzuschreiben, wie sie zu sprechen hat (Orthographie ist da wieder was ganz anderes, aber darauf will ich an dieser Stelle auch nicht eingehen). Das wird sich auch wieder verlieren, wenn da keiner weiter drauf reagiert. Auf sueddeutsche.de war da erst jüngst ein Artikel zu dem Thema:
http://sueddeutsche.de/kultur/sprache-im-wandel-genug-gebellt-1.697479
Ich bin auch etwas befremdet von den Anglizismen in der deutschen Sprache. Allgemein habe ich nix dagegen, aber was mir übel aufstößt, sind die unsinnigen „Übersetzungen“, die so stattfinden.
Dass soziale Netzwerke social networks genannt werden – geschenkt. Wie Streetworker kommt das Konzept ja aus dem englischen Sprachraum.
Aber wieso müssen die (Jugend-)Gruppenleiter jetzt plötzlich Teamer heißen? Dieses Wort gibt’s im Englischen gar nicht.
Und wieso ist geschlechterbewusste Arbeit plötzlich genderbewusst?
Ich halte mich für weitgehend liberal, was die deutsche Sprache angeht. Aber wieso muss man sowohl die deutsche als auch die englische Sprache misshandeln um an Modebegriffe zu kommen?
Du hältst uns heute ganz schön auf Trab.
Ich bin aus vielerlei Gründen dabei. Unter Anderem müssen die Minderheiten geschützt bleiben, die deutsche Sprache hat so viele schöne Lehnworte aufgenommen, die im Ursprungsland nicht (mehr) benutzt werden („Pullover“) und ich möchte keine „Sprachpolizei“ wie in Frankreich („Ordinateur“, „Magnetoscope“, „Balladeur“) u.v.m.
UND ES BESTEHT KEINE NOTWENDIGKEIT.
@2: Hahaha. :D
@Marian
Zur Genderthematik: Das ist, denke ich, der Genderforschung geschuldet. Ist eben ein Begriff aus der Wissenschaft, das sich dann auf Alltagsbereiche ausgeweitet hat. Inwiefern das sinnvoll ist, weiß ich allerdings auch nicht (Ich finde ja auch solche Wort-Missgeburten wie TeilnehmerInnen furchtbar).
Regen die sich ernsthaft über den Gebrauch englischer Worte in der deutschen Sprache auf? OMG! Als ob nicht schon seit Ewigkeiten, Worte aus anderen Sprachen ins Deutsche einfließen und übernommen werden. Was würde nur mein Urururur… urgroßvater dazu sagen:
Was anmaßt sich dieser arrogante Pöbel, ihr unmoralisch und verkommen, gar frech noch „Hochdeutsch“ genannt, als Krone des Dinges zu bezeichnen. Wo doch ein Jeder weiß, dass nur das Mittelhochdeutsch das einzig, mit Fug und Recht zugebrauchende ist. Kein Sprach davor, noch danach, jemals solch Eleganz erreichen würd.
—
Hey jo alda, du muss einfach ma checken, das ne tote sprache einfach uncool is. Lebend is einfach fetziger. Der mist verändert sich seit der erste affe angefangen hat zu grunzen. Und da kommt nu son prolet daher, der garantiert noch nichma 100 jahre auf diesem Planeten rumchillt und stellt sich hin… und plötzlich trifft ihn der blitz beim scheißen und er brüllt: „Jetzt hammers! Das perfekte deutsch! Ab jetzt darf kein neues Wort mehr in den Sprachgebrauch übernommen werden. Das muss ins Grundgesetzt!“
Alda, gehts noch?
Das Anliegen der Gegenaktion ist natürlich unterstützenswert, aber das Bild Kleingarten versus vielstimmige Gesellschaft scheint mir nicht zutreffend, da Stefanowitsch und Co. dazu neigen, jede sprachliche Neuerung und vor allem jede Entlehnung aus dem Englischen genauso mechanisch und stereotyp zu bejubeln, wie die Leute vom VDS sie verdammen. Die Begründung dafür scheint zu sein, dass eine sprachliche Wendung, wenn sie in Gebrauch ist, offensichtlich eine Funktion hat und daher nicht schlecht sein, ja, nicht kritisiert werden kann. Wenn man diese Logik mal über die Sprache hinaus auf andere Felder sozialer Praxis verallgemeinert: Alles, was Menschen tun, hat irgendeine Funktion, sonst täten sie es nicht. Wenn also alles gut bzw. berechtigt ist, was eine Funktion hat, kann man folglich nichts mehr kritisieren, was Menschen tun. Schöne nörglerfreie Welt.
Die Gleichsetzung von Sprachkritik mit undifferenzierter Anglizismengegnerschaft ist völliger Unsinn, d.h. entspricht nicht den Tatsachen, und die Abwehr von Sprachkritik mit der penetrant wiederholten Totschlagvokabel „Sprachnörgler“ zeugt von einer auch nicht ganz unkleingärtnerischen Kritikfeindlichkeit, die sich nicht besonders gut mit dem Anschein von Liberalität verträgt, der entsteht, wenn man sich „Vielfalt“ auf die Fahnen schreibt.
@8, Bloody Fox: Ich muss gerade an Vergewaltiger_innen denken. :D
@Sebastian
Naja, wenn du hier die „Totschlagvokabel“ kritisierst, weiß ich nicht, weshalb du dann im ersten Absatz ein vermeintliches „Totschlagargument“ anführst. Ich habe von Stefanowitsch heute das erste Mal gehört und kann mich zu seinem, von dir beschriebenen Verhalten nicht äußern. Allerdings finde ich deine Logik etwas seltsam. Solche Sachen in der Sprachverwendung setzen sich ja als Phänomene der dritten Art schlichtweg durch, die Leute machen sich diese Anglizismen zu eigen, das ist halt so. Das kann man schlimm finden oder nicht, aber zu ändern ist es nicht. Klar kann man das kritisieren, aber was für einen Sinn würde das haben?
Ich denke, man kann das auch in anderen Bereichen der Sprache gut an sich selbst beobachten. Mir ist zum Beispiel aufgefallen, dass ich mir unbewusst manche Formulierungen meiner Freunde zu eigen gemacht habe, ohne dass mir dies zunächst aufgefallen wäre. Ich finde das jetzt nicht bedenklich, aber es hat sich halt irgendwie unbewusst soweit eingeschliffen, dass das jetzt halt einmal da ist. Vielleicht verliert sich das auch wieder, vielleicht auch nicht. Das kann gern jemand kritisieren, aber ich würde schlicht entgegnen: „Ja, und?“
Du sprichst ja, denke ich, nicht umsonst von einer nörgelfreien Welt. Das ist es ja eben. Keine Kritik, sondern eben Genörgle. Wem bringt das denn was?
@ Sebastian: Es wird von A.S. und anderen Fachkollegen nicht stereotyp alles bejubelt, was es an sprachlichen Neuerungen gibt. Es wird schlichtweg überhaupt nicht bewertet, sondern sine ira et studio untersucht. Es geht ja in der „Gegenkampagne“ gerade darum, dem stereotypen Bewerten- und Verdammenwollen entgegenzutreten.
die Zitatensammlung auf der VDS Webseite ist echt eine Galerie des Grauens. Soviel Strohmann-Geprügel.
meine these: diese sprachschützerei entpuppt sich doch recht schnell immer als Deutschtümelei. die VDS-Seite ist vollgestopft mit Zitaten die belegen sollen wie wichtig Patriotismus sei, aber nichts mit Sprache zu tun haben. Widerlich.
@5 und @8
„gender“ ist deshalb ein auch im deutschen Sprachgebrauch sehr wichtiges Wort, weil es hier nur „Geschlecht“ gibt – und das sowohl für das englische „Sex“ als auch „Gender“ gilt. Da gibt’s aber Unterschiede, die beim Gebrauch des deutschen Begriffs vollkommen untergehen.
Daher: Ein Wort importieren, bis die deutsche Sprache eine eigene Variante anbietet. Wenn sie das nicht hinkriegt in den nächsten 20, 50, 100 Jahren – was soll’s, dann wird eben „gender“ eingedeutscht. Ist nicht so, als würde das nicht permanent passieren. Bedarf entdecken, Alternativen suchen, in die Sprache einbauen, gucken was passiert ;)
Danke für den Hinweis. Ich habe gleich unterschrieben. Aber bei der „irren“ Petition.
Um ehrlich zu sein.
Wenn ich durch die Innenstadt gehe und jedes (!) Geschäft „SALE“ im Fenster hängen hat, möchte ich auch gerne mal auf die Bremse treten.
Das hat nämlich mit sprachlicher Vielfalt nichts mehr zu tun.
@15: Das ist ja interessant. Ich habe mich tatsächlich schon gefragt, was da der Unterschied wohl wäre.
Leider wird in der Jugendarbeit oft „gender“ synonym zu engl. „sex“ gebraucht. Meine ich, denn in den Unterlagen, die ich habe, ist auch von Mädchen und Jungen die Rede. Ich gebe allerdings zu, dass mir die Einschätzung, ob nun gender oder sex gemeint ist, schwer fällt – der Unterschied ist mir halt neu.
Aber danke für die Info, jetzt kann ich mich dahingehend etwas näher informieren.
Ich erinnere an eine nette Kolumne dazu in der Frankfurter Rundschau:
„Die deutsche Sprache soll ins Grundgesetz, als Ergänzung zu Artikel 22. Hier ist mein Vorschlag, wie der Text lauten könnte. Von Mely Kiyak…“
http://www.fr-online.de/politik/meinung/deutsch-ins-grundgesetz-/-/1472602/3207898/-/index.html
@Jens
Und die Ironie, dass ausgerechnet die Bild gegen Sprachpanscher vorgehen will, erschliesst sich Ihnen nicht?
@ Linus (#20): Da passt der Spruch „Bild Dir Deine Meinung!“ wenigstens mal – reinschauen, schaudern, anderen Anwalt gegen Sprachpanscher suchen :)
Meine Meinung ist schlicht, daß bei einer Festschreibung des Deutschen im Grundgesetz nicht nur das Englische (und die hier, sonst aber gewöhnlich nicht erwähnten) Minderheitensprachen unter die Räder kommen, sondern auch sämtliche Importe aus anderen Sprachräumen.
Gibt es irgendeinen Ausdruck im Bankwesen, der nicht italienisch ist?
Welche Artikel im Grundgesetz selbst müßten umgearbeitet werden, um sie einzudeutschen?
Ist das Wort „deutsch“ überhaupt deutsch, oder doch ein Latinizismus?
Und wie wagt es eine Partei namens „Christlich-Demokratische Union“, eine Dreiwortsammlung, von der keins deutsch ist, überhaupt, so etwas zu unterstützen, ohne daß die Mitgliedschaft vor Scham im Boden versinkt?
@BloodyFox: Wo führe ich ein Totschlagargument an? Und inwiefern ein „vermeintliches“?
Ich wollte ja gerade darauf hinaus, dass Kritik etwas anderes und mehr ist als Genörgle, und dass dieser Unterschied dort unterschlagen wird. Warum und wozu man ein Wort oder eine Wendung kritisieren kann oder sollte, kann ich so allgemein nicht beantworten, das hängt vom jeweiligen Fall ab. Aber mögliche Gründe wären, dass ein Ausdruck irreführend ist, falsche Zusammenhänge suggeriert, diskriminierend ist, menschenverachtend ist, beschönigend ist, unklar/unverständlich ist, Bullshit (im Sinne von H.G. Frankfurt) ist usw. Was das Kritisieren dann bringen kann? Aufklärung, Anregung zum Selberdenken, Entlarvung von Blendwerk. Ich will die entsprechenden Ausdrücke deswegen nicht verbieten (was auch gar nicht funktionieren würde, weil die Funktion, die sie haben, vom jeweiligen Kontext abhängt), aber ich finde es absurd und halte es für schädlich, für denkfeindlich, jede Sprachkritik unterbinden zu wollen und als bloßes von schlechter Laune getriebenes Meckern zu diffamieren, was sie nicht ist.
Damit keine Missverständnisse entstehen: Es liegt mir fern, zu behaupten, ein Wort wäre irgendwie „schlecht“, weil es aus dem Englischen oder sonstwoher kommt. Beispiele, warum ein Wort „schlecht“ oder kritikwürdig sein kann, habe ich oben gegeben. Das hat mit ihrer Herkunft erstmal nichts zu tun.
@janWo, #13
Naja, es wird aber auch der „Anglizismus des Jahres“ gekürt. Meinetwegen lassen wir das als (Selbst)ironie gelten. Aber man kann auch sine ira et studio forschen, ohne anderen das Kritisieren verbieten zu wollen, und noch einmal, das Wort „Sprachnörgler“ ist eine Keule, es spricht einer großen Reihe von Autoren und Schriften jede Legitimität ab und macht sie lächerlich. Das ist überhaupt nicht sine ira et studio, da ist ein ziemlicher missionarischer Eifer am Werk, und zwar mit der Botschaft: Alles, was mit der Sprache passiert bzw. gemacht wird, ist prima, und wenn es nicht prima ist, verschwindet es von selbst wieder.
Ich würde das bestreiten. Und wie dem auch sei, angesichts dieses Eifers und angesichts der hohntriefenden Texte über die „Sprachnörgler“ hat die Behauptung, es werde nicht gewertet, einen schweren Stand.
… mitgezeichnet …
Von Sebastian an Sebastian:
/… Stefanowitsch und Co. dazu neigen, jede sprachliche Neuerung und vor allem jede Entlehnung aus dem Englischen genauso mechanisch und stereotyp zu bejubeln, wie die Leute vom VDS sie verdammen./
Das tun sie nicht. Im aktuellen Fall stellen sie eine wichtige und klare Gegenstimme dar. „Bejubelt“ wird „jede sprachliche Neuerung“ da ganz sicher nicht, und einen Blog-Eintrag des Typus: „Meine Güte, dieser Anglizismus hat dem Deutschen aber mal wieder voll den Hintern gerettet“ muss ich auf diesem Blog auch noch finden.
Das Problem einer „Festschreibung“ des Deutschen im Grundgesetz ist, dass es notwendig eine Definition nach sich zieht, die nicht sinnvoll zu leisten ist. Lehnworte gibt es so oder so, zu allen Zeiten, vergangen und zukünftig, und in und aus allen Sprachen. Soll uns das Grundgesetz nun sagen: „Wir definieren das Deutsche als die augenblicklich gesprochene Sprache“ (oder besser: „die vor 30 Jahren gesprochene Sprache“, was den Bestrebungen des Vereins noch näher kommt, oder noch besser: „die vor 30 Jahren geschriebene Sprache“)? Sind die Lehnworte von Morgen dann dezidiert nicht mehr deutsch?
Oder gehen wir etymologisch vor, lassen nur das als „Deutsch“ durchgehen, was schon immer deutsch war, und gelangen buchstäblich zur „Affensprache“?
@ 14, TheGurkenkaiser
Dazu ein kurzer Blick ins Forum – kleiner Lacher gefällig?
Ehm, wenn BILD eine schwachsinnige Petition fördert und 50.000 Unterschriften mit herbeiführt, muss jemand anderes eine Gegenpetition starten? Warum? Man bekämpft BILD nicht mit den eigenen Waffen.
Das ist wie das diskutieren mit Idioten, Sie ziehen einen auf ihr Niveau herrunter und schlagen einen mit Erfahrung…
Ich schliesse mich dem ebenfalls gerne an. Unnötige Anglizismen nerven mich auch (es gibt natürlich auch angebrachte), aber die Herrschaften haben anscheinend nicht mehr so wirklich alle Latten am Zaun. Sprache ist lebendig, dynamisch, und nicht korsettierbar. Anderen Sprachen geht es da nicht anders.
@Horst: Wieso „muss“? Wollte.
lol. Petitionen.
Persönlich habe ich den Startpunkt der Diskussion, ob Deutsch ins Grundgesetz gehört, bei der Festlegung der niederländischen Sprache in das holländischen Grundgesetz wahrgenommen. Diese war das Ende einer jahrzehntelangen Diskussion und ein eindeutig nationalistische Akt:
Anders als in Deutschland ist in den Niederlanden der Einfluss des englischen sehr hoch: Angefangen von der Größe des Landes, über die Geschichte und die damit verbundene Zusammenstellung der Migranten bis hin zu der Tatsache, dass bei den meisten Spielfilmen die Synchronisation fehlt und gerade in Städten wie Amsterdam mehr Englisch als Niederländisch gesprochen wird. Auf dieser Tatsache haben Rechtspopulisten seit den 90er Jahren eine Angst in der Bevölkerung initiiert. Die wichtigsten Argumente waren dabei, dass Anglizismen zunehmend den „Untergang“ der niederländischen Sprache fördern und dass in der Wissenschaft und im Unterricht Englisch bald das die niederländische Sprache verdrängen wird.
Für kleine Länder wie die Niederlande, Belgien oder Luxemburg, die gerade im zweiten Weltkrieg durch Deutschland überrollt wurden, kann ich diese Angst vor dem Verlust der Nationalen Identität gerade noch logisch nachvollziehen, auch wenn ich sie persönlich als unbegründet empfinde. Wenn jedoch nun in Deutschland genau dies Argumente genommen werden, und genau das geschieht hier gerade, kommen mir mehr als nur Zweifel.
Gibt es wirklich schon so viele Wörter, dass unsere Sprache „bedroht“ ist und sind diese Wörter wirklich englischem Ursprungs, wie „Handy“ etwa? Eine Weiterentwicklung der Sprache hat es bisher doch immer gegeben, warum diese stoppen? Ebenso möchte ich einmal feststellen, dass hier überall doch deutsch gesprochen wird und im Vergleich zu den Niederlanden ist das Sprachniveau des Durchschnitts-Deutschen ja wohl mehr als nur bescheiden. Ebenso sehe ich es als angebracht an, dass gerade (Natur)wissenschaftler untereinander in Englisch kommunizieren; nur hierdurch ist eine „grenzenlose“ Arbeit untereinander erst möglich.
Eine Aufnahme der deutschen Sprache ins Grundgesetz ist daher für mich nur eins: ein komplett unbegründeter, überflüssiger, nationaler Akt.
Si. Yes. Da. Oui. Sim. Jawoll.
(Bei der Petition habe ich trotzdem nicht unterschrieben. Weil das nämlich nicht im eigentlichen Sinne eine Petition ist, sondern eine Anti-Petition, auf die die Kleingärtner dann eine Anti-Anti-Petition folgen lassen könnten und immer so weiter … Finde ich doof.)
Sprache ist wie Wasser. Sie bahnt sich ihren Weg.
Ein Wissenslog ist das verlinkte Sprachblog ja nun auch nicht gerade :)
„Es besteht keine Notwendigkeit einer Aufnahme der deutschen Sprache ins Grundgesetz. Das Deutsche ist im Bund und in allen Bundesländern Amtssprache und es ist unzweifelhaft die Hauptsprache des öffentlichen Lebens.“
Selten dämliche Argumentation.
Gute Idee, schmeissen wir doch auch direkt so Sachen wie §§ 211,212 StGB weg. Ist ja nicht notwendig. Weiss doch jeder dass Mord und Totschlag unzweifelhaft nicht richtig ist.
Ha oder Pressefreiheit. Wie lächerlich. Gibt es doch eh. Entsprechende Gesetze kann man da doch direkt rausnehmen.
Ja, Strawman.
@ 35: Wenn wir schon bei eigenartigen Argumentationen sind: Das würden Sie dann unter der „Verankerung der deutschen Sprache im Grundgesetz“ verstehen? Dass es strafrechtliche Folgen hätte, nicht deutsch zu sprechen oder zu schreiben?
Welche Folgen hätte es denn, wenn ich morgen nur noch plattdeutsch spräche (so wie meine Oma zum Beispiel) und welche hätte es, wenn ich morgen anfangen würde, andere Leute umzubringen? Und da, wo es vielleicht ernsthafte Folgen hätte, wenn zum Beispiel ein Richter anfangen wollte, Englisch zu sprechen, da ist es auch geregelt („Das Deutsche ist im Bund und in allen Bundesländern Amtssprache…“).
Das Problem ist doch, dass hier Leute ernsthaft auch noch vor Gericht ihren Sprachpflegeunfug betreiben wollen, ohne dass da gesellschaftlich ein Nutzen erkennbar wäre geschweigedenn eine Notwendigkeit bestünde.
Ich bin geneigt, dem einen Sebastian zu 50 % und dem anderen zu ebenfalls 50 % Recht zu geben. Das brächte mich ganz schön in die Bredouille, hätte ich meinen Petitionsaccount nicht eh verbummelt.
Also Deutsch in der Verfassung festschreiben? Nein, da teile ich die Argumente von Stefan. Aber deshalb gleich eine Gegenpetition? Wie „kleingärtnerisch“ wird das denn jetzt? Sind wir im Kindergarten?
@ Ralph (#38): Warum keine Gegenpetition? Ist vielleicht ein bisschen kleingärtnerisch und kindisch. Vielleicht ist es aber auch einfach die Weigerung, den Unwort-Leuten und der Brüllpresse einfach so das Feld zu überlassen. Ein kleines memento mori damit denen die Bäume nicht in den Himmel wachsen.
@Sebastian/23
Okay, dann hab ich dich wohl falsch gelesen :)
Aber die Stefanowitsch-Petition unterzeichnet hast du bsilang noch nicht, Stefan. Oder habe ich dich unter den derzeit 784 Namen übersehen?
Ich finde offensiven Sprachurismus auch doof, aber: Ja was ist denn jetzt der Unterschied zwischen „Geschlecht“ und „Gender“? Ist das etwas, das nicht mit einem qualifizierenden Adjektiv vor „Geschlecht“ unterschieden werden kann?
Ob die deutsche Sprache ins Grundgesetz aufgenommen werden muß, ist eine Sache. Daß man durch keine großstädtische Fußgängerzone mehr gehen kann, ohne mit Wortungetümen wie „SALE“ oder „DISCOUNT“ angebellt zu werden, eine andere. Meine 84jährige Schwiegermutter fragt mich dann, was „HAIRCUTTER“ oder „RENT A BIKE“ bedeutet.
Es gehört zum guten Ton, Leute, die auf genuine deutsche bzw. eingedeutschte Wörter bestehen, als Kleingeister abzutun. Als vor zweieinhalb Jahren auf dem FAZ „Reading Room“-Portal diskutiert wurde, warum man eigentlich so etwas „Reading Room“ nennt, wurde man ganz schnell als „sprachlicher Nationalist“ abgestempelt und einer Deutschtümelei bezichtigt, „wie wir sie nie mehr haben wollen.“ Es folgte dann doch die Umbenennung in „Lesesaal“. Was daran deutschtümelnd war, vergaß man zu erklären.
Kleingärtnern ist eine ehrenwerte Tätigkeit. Ihr gegenüber steht Massenproduktion. Und die ist zumeist ekelig.
Das man durch keine großstädtische Fußgängerzone mehr gehen kann, ohne mit Wortungetümen wie „SALE” oder „DISCOUNT” angebellt zu werden, ist eine Sache. Daran kann man sich zwar stören, weh tut das aber keinem. Dass die deutsche Sprache ins Grundgesetz aufgenommen werden soll, damit tatsächliche Kleingeister eine Grundlage haben, auf der sie zumindest eine Klage anstrengen können, um die „Wortungetüme“ aus der Fussgängerzone zu verbannen, eine andere. Kleingärtner haben manchmal halt zuviel Zeit.
Ich finde es völlig egal, ob man in Fußgängerzonen nun von „DISCOUNT“- oder „RABATT“-Schildern „angebellt“ wird. Ist doch beides gleich nervig. Und meint hier irgendjemand, mit der „Aufnahme der deutschen Sprache ins Grundgesetz“ – wie auch immer diese aussehen soll – würde sich das ändern, würde dort nur noch „RABATT“ und „REDUZIERT“ etc. stehen? Und wenn nicht, würde dann jemand ernsthaft unter Berufung auf die Verfassung dagegen klagen? Haha.
Dass es auch für meine Großeltern nicht optimal ist, dass z.B. TV-Fernbedienungen nur englisch beschriftet sind, ist gar keine Frage. Aber was würde die „Aufnahme der deutschen Sprache ins Grundgesetz“ daran ändern? Deutsche Beschriftungspflicht für sämtliche Gebrauchsartikel, ansonsten lässt der Zoll sie nicht rein? Ist nicht Massenproduktionskompatibel –> Preise von Importen steigen.
Die BILD-VDS-Petition bietet als Chancen = 0, Risiken = mehrere (z.B. Diskriminierung). Da die Gegenpetition das zu verhindern ersucht, ist eine Zeichnung wohl sinnvoll.
Und eins noch: Kommentar 26 zeigt, wie destruktiv solche Sprachpuristen da bisweilen sein können. Die Zugbegleiterin wurde „zur Rede gestellt“ – als sei es etwas verachtenswertes, die Zuginformationen auf englisch durchzusagen! Dabei hat das auch was mit Gastfreundlichkeit und Weltoffenheit zu tun. Wenn ich als nicht-italienischsprechender durch Italien fahre, würde ich mich freuen, wenn in jedem noch so kleinen Zug Durchsagen auch auf englisch getätigt würden – ich kann schließlich nicht von jedem Land, in das ich fahre, die Amtssprache lernen.
@Gregor Keuschnig: Sie finden das Vier-Buchstaben-Wörtchen „Sale“ ein Ungetüm? Nicht das deutsche „Winterschlussverkauf“?
Und die englischen Wörter machen in Ihren Ohren tatsächlich ein Geräusch und sind aktiv und die deutschen stünden stumm und passiv da?
Man muss kein Freund vieler englischer Modebegriffe sein, um das ein bisschen hysterisch zu finden.
@42: „Gender“ wird im wissenschaftlichen Sinne verwendet, um die gesellschaftliche Dimension des Geschlechtes aufzuzeigen – also beispielsweise im Zusammenhang mit Gleichberechtigung, Debatten um Frauenquoten oder „gesellschaftlich erwarteten“ Verhaltensweisen von Männern und Frauen.
Ja, das mag man mit einem adjektivischen Qualifikator vor dem Wort auch anders formulieren können – aber „Gender“ und „Geschlecht“ sind gleich lang; ein Qualifikator würde also dazu führen, dass „Gender“ besser über die Zunge kommt (und von den Fingern rollt). Ob man deshalb gleich außerhalb der Elfenbeintürme solche Importe wie „Gender Mainstreaming“ verwenden muss, sei mal dahingestellt, aber der Begriff an sich zeigt, dass das Englische hier eine Unterscheidung trifft, die das Deutsche so nicht hat (vgl. sky/heaven).
Statt Argumente werden wie in solchen Diskussionen irrelevante Einzelfälle aufgestischt werden. Nach dem Motto: „Natürlich müssen wir endlich etwas unternehmen, weil neulich die stellvertretende Bürgermeisterin von Oer-Erkenschwick Low-Cost-Carrier gesagt hat. Und wer das nicht schlimm findet, muss ja Deutschland ganz schön hassen.“ Atmet in ne Tüte!
(das ist natürlich kein Futur, sondern ein „werden“, das sich beim Umformulierung versteckt hat.)
Es gibt schreckliche Beispiele für Anglizismen. Und es gibt „Klapprechner.“ Aber ein Artikel im Grundgesetz? Das würde in der Tat doch nur ein Beschäftigungsprogramm für Juristen nach sich ziehen. Wer gegen die Bewusstseinslosigkeit der Menschen etwas tun will, soll halt in der Öffentlichkeit wirken wie ein Minister und gern mal einen Ramsauer durchs Dorf treiben. Es wird gewiss auch mal gelungene Beispiele für Wiederehesetzung deutscher Wörter geben. Und gerade die Bahn sollte wissen, dass es Menschen gibt, die mit „Servicepoint“ nichts anfangen können.
@Detlef Guertler:
Ich fand es auch praktisch, dass man die Liste der Unterzeichner alphabetisch sortieren kann. :-)
„Wiederbesetzung“! Die Rechtschreibehilfe hat mir einen Streich gespielt.
@43 Gregor Keuschnig: Aber Ihre Schwiegermutter weiß, was ein „Friseur“ ist?
(Und ein Ingenieur, und eine Apotheke, und ein Auto, ein Bus, usw. usw.)
@Jerry, #22: Im Banking gibt es längst keinen italienischen Begriff mehr. Trader, CDS, Investmentfonds, ROI, shareholder value, …
Gegen die Amerikanisierung spricht schon, daß es für die Begriffe kein Geschlecht ist, und sie sich nicht gut in die Sprache einbinden lassen. Hat man den oder das File gedownloadet oder downgeloadet? Oder mir beschreibt jemand, wie man Sonderzeichen maskiert, und spricht von „escapeten Zeichen“. Und im engl. ist man gewohnt Substantive auseinander zu halten, während man sei im dt. verklebt, also eigentlich Shareholdervalue schreiben müßte. Oder Shareholder-Value? Oder doch, wie im am. klein und getrennt: shareholder value?
Einen Gesetzesschutz kann ich mir aber auch nicht vorstellen, und an einer Bildkampagne werde ich mich auch nicht beteiligen.
Inwiefern die Größe des Landes (Belgien) mit der Diskussion zu tun hat erschließt sich mir nicht.
Dass die Zeit entscheiden wird, wie die Sprache sich entwickelt, ist richtig, aber das heißt ja nicht, dass nicht der Mensch die Sprache macht. Häßliche deutsche Konstrukte gibt es übrigens auch: abgestraft, zeitnah, zu Berlin.
Korrektur: … kein Geschlecht „gibt“, nicht ‚kein Geschlecht ist‘.
Nun, „grober Unfug“ ist das ja tatsächlich, wenn man sich die vermeintlich „coolen“ englischen Begriffe mancher Jungspunde, der Deutschen(!) Bahn, die vielen SALE- und TOGO-Läden anschaut, oder andere doofe Ach-wie-sind-wir-doch modern Modewörter wie zum Beispiel „street worker”, „gender mainstreaming” oder „social networks”.
Dass auch Deppen dieses Vereins solche sprachlichen Modetorheiten aufspießen, macht sie – die Torheiten – ja nicht automatisch gut & empfehlenswert.
Ich les‘ erst jetzt den Kommentar (43) vom Gregor K.
DANKE! Oder neudeutsch: You took the word right out of my mouth!
Es steht für „sprachliche und kulturelle Ausgrenzung“, wenn man den Status der deutschen Sprache in Deutschland im Grundgesetz verankert? Das ist doch lächerlich. In Deutschland werden weiterhin viele Sprachen gesprochen, die Minderheitensprachen, die Sprachen der Zugewanderten, Fremdsprachen – nur wird eben festgestellt, dass Deutsch diejenige Sprache ist, die im Leben benutzt werden soll. Und das ist nicht der Fall, wenn Geschäfte und Hersteller zum Teil mit rein englischen Bezeichnungen aufwarten. Ich meide so weit es geht solche Unternehmen, aber es geht nicht immer. Es ist eben nicht in Ordnung, wenn ein Mensch ohne Englischkenntnisse an einem deutschen Bahnhof nicht zurechtkommt, weil die Beschilderungen nicht in seiner Sprache sind.
Hinweis: Ich bin kein Nationalist und spreche mehrere Fremdsprachen.
Hallo,
Ich finde, das Ganze geht nicht einfach um englische Wörter in der deutschen Sprache. Mir geht es eher um die Sinnlosigkeit, mit der ein Wort oft im Kontext gebraucht wird.
Z.B. ist ‚Kommunikation‘ und ‚kommunizieren‘ an sich in Ordnung, wenn man nicht anfängt einfach alles an zwischenmenschlichen Äußerungen als ‚kommmunizieren‘ zu titulieren, wenn man auch ‚miteinander Sprechen‘, ‚etwas mitteilen‘, ‚Gedanken austauschen‘, etc. könnte. Gleiches mit dem ‚kreieren‘, wenn man auch ‚erschaffen‘, ‚erzeugen‘, ‚malen‘, ‚bauen‘ usw. könnte. Mal passt das englische Wort, oft passt es eben nicht.
Aber wenn man erlich ist, dieser schlecht Wortgebrauch ensteht doch meist in der Werbe-Branche, in Vorstandsetagen oder auch in der Politik. Eben dort, wo es nun mal gilt Worte so zu benutzen, dass hinten nur heiße Luft herauskommt.
Ich denke, deswegen fallen diese Anglizismen dann eher negativ auf.
Falls die englischen Lehnwörter denn von heute auf Morgen verboten würden (welch schreckliche Vorstellung), würden Worthülsen eben aus rein „deutschen Worten“ bestehen. Doof geht immer. ;o)
Grüße
JensE
@58: Zumindest die Werbebranche verwendet derzeit deutlich weniger englische Begriffe als vor einigen Jahren. Das Slogometer, das die 100 meist verwendeten Wörter in deutschen Werbeslogans aufführt, verzeichnet aktuell 14 englische Wörter unter diesen Top 100 – im Durchschnitt der Nuller-Jahre waren es 30.
http://www.slogans.de/slogometer.php?Year=2011
@ JenseE 58 Alles sehr richtig. Bis auf die Tatsache, dass „Kommunikation“ und „Kreation“ alles andere als englische Lehnwörter sind, sondern aus dem Lateinischen kommen. Und komischerweise haben sich Briten und Amerikaner noch nie darüber beschwert, dass ihre Sprache von den alten Römern verschandelt wird. Das ist eine Art von Gelassenheit, die mir gefällt.
Ach und noch etwas: Bis ins späte 19. Jahrhundert belegte man kleine süße Backwaren zum Tee mit dem schönen deutschen Wort „Plätzchen“. Und dann? Dann ursurpierte der angelsächsische Kulturimperialismus diese unschuldige Delikatesse, und in Anlehnung an die welschen „Cakes“ entstanden die widerwärtigen „Kekse“. Wer räumt endlich auf mit diesem Wortungetüm?
Das eigentliche Problem an der Sprachnörgelei von VDS & Co. geht hier in der Diskussion mal wieder völlig unter: Ob man lieber SALE oder Schlussverkauf im Schaufenster liest, ob man lieber zum Help Point geht oder zum Fahrggastinformationsschalter ist schlicht eine Frage des persönlichen Geschmacks. Nicht mehr, nicht weniger.
Eine objektive Bedrohung des Deutschen durch Anglizismen oder Verständnisprobleme die tatsächlich belegbar in der Sprache begründet sind existieren jedoch faktisch nicht. Wenn die 83 jährige Oma mit der Picture-in-Picture-Funktion des Fernsehers überfordert ist, dann ist das nämlich wohl kaum ein Sprachproblem, sondern eher ein technisches.
@Tobias
Eben. Ich hatte Französisch und nicht Latein oder Altgriechisch an der Schule. Spätestens an der Uni musste ich daher auch einen Wust an mir unbekannten Wörtern nachschlagen und lernen – oder mich als „ungebildet“ bezeichnen lassen. Ich finde, so lange man seine Doktorarbeit noch immer in lateinischer Sprache verfassen darf, dürfte die gesamte Diskussion eigentlich überflüssig sein.
@Detlef Guertler, #59
Das muss man den Werbern lassen, die sind der Zeit immer etwas Voraus, weil diese Branche schnell lernen muss um überleben zu können.
@Tobias, #60
Da hst du natürlich Recht, aber irgendwo müssen die Engländer diese Wörter ja auch her haben. :oD
Aber mal im Ernst: Als Trekki-Fan (oh, ich habe mich geoutet ;o) ), ist mir aufgefallen, dass diese Art von Wörtern — initiieren, kommunizieren, kreieren, uvm. — in den Jahren der Serie „Star Trek Next Generation“ durch die nicht so gute deutsche Synchronisierung langsam in unser Sprachgut gesickert sind.
Grüße
JensE
Nur so ein paar Gedanken am Rande, keine eindeutige Stellungnahme.
Die deutsche Sprache hat schon viel überlebt. Im 17. Jahrhundert (Wallenstein 1632) schrieb man so:
„Morgen marschier ich nach Chemnitz, mich mit dem Graf Gallas zu conjugieren und dem Feind testa zu machen. Wird derowegen der Herr alle und jede Impresen, sie seind von was für Importanz sie immer wollen, stehen lassen und sich in continenti mit allem dem kaiserlichen Volk nach Eger incaminieren, und allda fernere Ordinanz von mir erwarten, welchem allem der Herr unfehlbarlich und ohne einige Aufschiebung oder Exception nachkommen wolle, dieweil ich keine Excusa, sie sei auch, was sie immer sein kann, admittieren werde.“
Natürlich ist so etwas nur der Jargon der Gebildeten, die eine Lateinschule besucht haben. Ich frage mich aber schon, ob das
Flüchten in die Fremdwörter besonders stark in Zeiten geistiger Krisen ist, wie das frühe 17. Jahrhundert eine war.
Es ist klar, das die jeweils führende Zivilisation immer einen gewaltigen Einfluss auf die Sprachen der Länder hat, die von dieser Zivilisation beeinflusst werden. Heute sind das die USA, im 18. und 19. Jahrhundert war dies Frankreich. Dass man zum Beispiel fremdsprachliche Worte „erfindet“ wie das „Handy“, ist absolut nichts Neues. Es gab und gibt immer noch einen Haufen „französischer“ Worte, die es entweder im Französischen gar nicht gibt, die also nur irgendwie französisch klingen, oder die auf französisch etwas völlig anderes bedeuten, wie:
Parterre, luxuriös, Markise, Rouleau, Gardinen, Plumeau, Friseur, Souterrain, Quartier, Portier, Pikanterie, Taille, Patient, Offerte, Coupé, Couvert, Konfektion, Chansonette, Balletteuse, Kabarett (cabaret), Chambre séparée, Praliné, Baiser, Jackett, fidel, frivol, ordinär, Blamage.
Viele französische Wörter sind auch wieder verschwunden, oder zumindest so gut wie, wie z.B. Chaussee, Perron, Trottoir.
Es stimmt übrigens nicht, dass man nur die Rechtschreibung, nicht aber den Gebrauch bestimmter Worte durch die Obrigkeit dekretieren, Verzeihung, verordnen könne. Auf Geheiß Bismarcks hat Generalpostmeister Heinrich von Stephan auf einen Schlag sämtliche Femdwörter des Postwesens durch deutsche ersetzt, angeblich 700 Stück. Seitdem schreiben wir keine Korrrspondenzkarten, sondern „Postkarten“, „Einschreiben“ und holen „postlagernde“ Sendungen ab.
„Sale“ ist übrigens auch ein französisches Wort. Es heißt laut meinem Wörterbuch „verdreckt, schmuddelig, unanständig, widerlich, gemein“.
Es gibt keine Synonyma. Shoppen ist was anderes als einkaufen, und so weiter. es ist nicht grundsätzlich schlecht, wenn sich die Zahl der Wörter vermehrt. Das Problem ist aber doch, dass die meisten Anglizismen der Sache irgendwie einen internationalen und fortschrittlichen Anstrich geben sollen, in Wirklichkeit aber nur erbärmlich provinziell wirken.
Ich finde ja, viele Anglizismen haben ein, wie soll man sagen, komisches Potential, was noch gar nicht so erkannt ist, der Widerspruch zwischen Schein und Sein. Der „facility manager“, also Hausmeister, ist doch eigentlich ziemlich komisch – mir fällt grad was von Loriot ein: das „klassische Horizontal-Ensemble“ (Bett). Es ist genau das gleiche, eine simple Sache wird unangemessen überhöht. Sehr lustig finde ich auch die Kombination anglizistischer Vorname, treudeutscher Nachname (Jimmy Blue Ochsenknecht).
@ Schwimmer (65), ja, „facility manager“ und evtl. auch „Jimmy Blue Ochsenknecht“ sind tolle Beispiele, für die Absurdität, die das ganze annimmt. Diese Absurdität bedroht keinen, man kann darüber schmunzeln und muss nciht nach dem Grundgesetz rufen. Man sollte nicht nach dem Grundgesetz rufen, denn es ist nicht dazu gedacht.
@ gnarf (62), ich glaube, die „technisches Problem“-Sache habe ich so ähnlich schonmal bei Anatol Stefanowitsch im Blog gelesen: Es ist völlig egal, ob man das Ding zum umschalten/zappen beim Fernseher als „Fernbedienung“ oder als „Remote Control“ kennen lernt, beides sind künstlich entstandene Wörter und wenn man das Ding dazu nicht sieht oder benutzt, versteht man sie beide nicht. Wenn man es aber sieht/benutzt/versteht, versteht man sowohl „Remote Control“ als auch „Fernbedienung“… (meine jedenfalls, dass das mal im Sprachlog, oder damals noch zu Bremer-Sprachblog-Zeiten war)
Ich kann mich dem Ansinnen von diesem Beitrag nicht anschließen. Allerdings bin ich – übrigens gefühlt jünger als ihr hier beschriebener Vorsitzender – auch Mitglied des „Verein Deutscher Sprache“, wenn auch nicht aktiv. Ich finde „Deutsch ins Grundgesetz“ ein gutes Ziel. Gleichwohl sehe ich die Debatte zu den Anglizismen insofern differenzierter, als dass ich Fachbegriffe selbst ungerne eindeutsche. Während „Soziale Netzwerke“ auch für mich „social networks“ sind, spreche ich meist selbst von Tweets als von Statusmeldungen auf Twitter. Eine entsprechende Passage im Grundgesetz würde diese Individualität aber auch in Zukunft ermöglichen. (Unterstützenswert finde ich übrigens Herrn Ramsauer, der die Sprachfarce der Deutschen Bahn wieder korrigieren möchte.)
@67 Frederic Schneider:
Wo genau würde denn der Eintrag der deutschen Sprache in’s GG einen Vorteil bringen. Außer dass es ein paar Fanatikern ermöglicht wird, genau die Individualität aus dem öffentlichen Leben zu klagen, die Sie offenbar selbst gerne privat nutzen? Ob die dann damit Erfolg haben, ist zwar eine andere Frage, wenn ich aber einen Backshop eröffne, dann will ich mich nicht auch noch mit ein paar Sprachwarten vor Gericht herumschlagen müssen. Und das nur weil die der Meinung sind, das GG erlaube mir nicht meinen Laden so zu nennen, wie ich das für richtig halte.
Und nebenbei, Herr Ramsauer kann sein tatsächliches Unvermögen auch ohne eine Änderung im GG durch Populismus kaschieren…
@Schwimmer
Die USA als „führende Zivilisation“. Wenn das eine Zivilisation ist, die irgendjemanden irgendwohin führt, dann muss ich mich direkt mal übergeben, gleich sofort, am Sonntagmorgen, vor dem Kirchgang.
Vielleicht lach ich auch nur hysterisch.
Wir haben einen Gesundheitsminister, der sich gegen den Verkauf von zur Hinrichtung benutzbarem Gift an diese „führende Zivilisation“ wehrt. Wenigstens etwas.
@69, struwwelpeter:
Nein, nein, darüber brauchen wir uns nicht zu streiten. Was die Todesstrafe angeht, bin ich völlig Deiner Meinung. Ich meinte, dass es immer Länder gab/gibt, die die Politik und Kultur anderer Länder und Regionen – in diesem Falle Deutschlands – in entscheidender Weise beeinflusst haben/ zur Zeit beeinflussen. Was davon im einzelnen gut oder schlecht ist, ist ein ganz anders Thema. Die griechisch-römische Welt würden wir heute als Zivilisation bezeichnen, aber gleichzeitig waren Aberglaube und Grausamkeit weit verbreitet. Genauso ist es mit Frankreich. Waren Louis XIV oder Napoleon gut/konstruktiv oder schlecht/zerstörerisch? Jedenfalls sprach die deutsche Oberschicht eine Zeitlang mehr französisch als deutsch. (Um wieder etwas zum Thema zurückzukehren).
Ein bißchen off topic, da ich jedoch auch eher dazu neige in längeren Zeiträumen zu denken und wo wir gerade bei alten Kulturen und deren Einflüsse sind:
Familienname Sar(r)asin bzw. Sar(r)azin:
„Vorläufer solcher Namen ist im Mittelalter ein in den lateinischen Quellen seit dem 11. Jh. vielfach dokumentierter Name oder Beiname Saracenus, der in vielen Fällen wegen einer „sarazenischen“ Herkunft des Trägers, in anderen Fällen aber auch nur wegen eines zeitweiligen Aufenthaltes bei den „Sarazenen“ … entstand. Sofern der Name erst im Spätmittelalter in Gebrauch kam, ist auch mit der Möglichkeit zu rechnen, dass er im Hinblick auf die mögliche Bedeutung „Zigeuner“ gewählt wurde.“
(Wiki)
Interessant – fand ich zumindest.
signed :-)
[…] Diskussion bei Stefan Niggemeier […]
[…] gegen eine Aufnahme irgendeiner Sprache in das Grundgesetz gibt es genug, zu lesen zum Beispiel bei Stefan und natürlich beim Initiator der […]
Sprachnazis verbieten!
[…] kurz machen: Die Weigerung, hier und da ein paar Lehnwörter zu akzeptieren, ist mehr als nur “sprachliche Kleingärtnerei”. Das ist schlicht ein Desinteresse (lat.: inter „zwischen, inmitten“ und esse „sein“) an […]
@Stefan Niggemeier #46
„Anbellen“ heißt in dem Zusammenhang wohl auch soviel wie „unfreundlich ansprechen“. Und auch wenn es mir persönlich nicht so ging in Deutschland, fühlen viele Leute sich davon unfreundlich angesprochen. Sie fühlen sich als Kunde nicht ernstgenommen und aus der Zielgruppe ausgeschlossen. Das ist ja mitunter auch genau das, was diese Schaufenster aussagen sollen: Wir sagen nicht WSV (abgekürzt gar kein Monster), sondern SALE, weil wir so modern sind wie unsere Mode.
Viele mögen es nur nervig finden, manche fühlen sich aber negativ angesprochen. Und unter diesen sind mehr Alte als Junge. Mir persönlich ist das deutsche WSV aus einem anderen Grund ganz lieb: Es sagt mir eindeutig, was Sache ist. Es wird ausverkauft und ich weiß auch was. SALE dagegen bringt mir ohne den Kontext, den einst WSV schuf, nichts, denn das darin etwas verkauft wird und darunter auch besondere Angebote sind, hätte ich von einem Kaufhaus auch ohne große Aufkleber erwartet. Und von diesen Wörtern, die Sinn rauben und nicht bringen, gibt es einige.
Schade nur, dass diejenigen, die das kritisieren, dann gerne mit den militanten Anglizismusjägern in eine Ecke gestellt werden.
Ich kann #77 nur zustimmen.
Ich habe nichts gegen Lehnwörter aus anderen Sprachen, wenn es kein passendes deutsches Wort gibt. Aber ein deutsches Wort durch ein fremdsprachiges zu ersetzen, das etwas völlig anderes bedeutet (oder wie im Falle „Sale“ zur Sinnlosigkeit verkürzt wird), ist Unsinn.
Warum verwenden wir einen Beamer (=BMW) statt einem Projektor? Warum werden im Sale (=Verkauf, als was ganz normales) Body bags (=Leichensäcke) statt Rücksäcken (im Amerikanischen übrigens oft „rucksacks“ genannt) verkauft?
@Lukas
Weil Leute, die kein Englisch können, meinen, sie seien so irgendwie polyglott. Das gilt auch für Firmen. Und ihre Vorstände. Und ihre Werbeagenturen.
Letztere glauben ja auch, USP hieße „unique selling point“.
Schon eigenartig, diese Diskussion. Es geht immer wieder nur um Lehnwörter/Anglizismen. Wäre es dann nicht sinnvoller, man würde ein Anglizismenverbot ins Strafgesetzbuch aufnehmen, anstatt diese Deutschklausel ins GG? Naja, vielleicht bringt der Kleingartenverein das auch noch ein, sozusagen als nächsten Schritt.
Also doch entnervt Einzelheiten diskutieren: „Sale“ finde ich sehr schön, weil es – Stefan deutete es in einem Kommentar an – Ungetüm Winterschlussverkauf und seine martialische Abkürzung ersetzt. Zudem ist es quasi EU-Norm, weil ich es bisher in jedem europäischen Land gefunden habe. Und beklagen sich die Italiener, dass in ihren Bekleidungsgeschäften augenscheinlich Salz angeboten wird?
@alberto green/81
Nur das der Winterschlussverkauf in englischsprachigen Ländern „winter sale(s)“ heißt, auch nicht so viel kürzer als WSV (diese Abkürzung kennen wahrscheinlich mehr Deutsche, als den Begriff „Sale“).
„Sale“ alleine sagt nur aus, dass im Kaufhaus verkauft wird. Wie überraschend. Wer hätte das gedacht.
@ Lukas (#82): Mag sein, kürzen wir den Winter raus, dann ist Schlussverkauf immer noch länger als Sale. Und „Sale“ ist wohl mittlerweile europaweit in Gebrauch (wahrscheinlich außer in Frankreich).
Aber sale bedeutet nicht einfach Verkauf, wie Sie unterstellen. Die Bedeutung gibt es natürlich auch, aber im Einzelhandel wird unter sale eine Aktion verstanden, bei der Artikel zu reduzierten Preisen rausgehauen werden. Der Wikipedia-Artikel Sale (disambiguation) deutet das auch an: Sale, discounts and allowances in the prices of goods, such as: Fire sale, Loan sale, Closeout. Der Oxford-Duden gibt sale auch als Übersetzung für Schlussverkauf an.
Schilder mit „Sale“ im Schaufenster sind deshalb eben nicht überflüssig oder banal (ob man lieber „Sale“ oder „WSV“ hätte, ist eine andere Frage).
Der VDS ist ein leichtes Opfer und hat mit Wörtern wie „Weltnetz“ ja auch noch einen braunen Einschlag bekommen.
Wenn eine Amerikanerin nach Deutschland kommt und Deutsch lernen will und dann in der Klasse den Russen dauernd die Aussprache der englischen Begriffe im Deutsch-Lehrbuch vormachen soll, dann stimmt da allerdings irgendwas nicht.
Aber nicht nur Modern Talking haben lieber englisch gesungen, damit keiner die Sinnfreiheit der Lyrics, Verzeihung, Liedtexte, bemerkt. Und so wird der Kiosk zum Service Point und die Putze zur Facility Managerin. Wäre ja uncool, das anders zu händeln. ;o)
@gnaddrig #83
Das nach „such as“ in Ihrer Erklärung ist es: Es heißt Fire sale, oder Loan sale. Aber nicht einfach nur Sale. Es gehört immer noch ein Wort dazu, das erklärt, dass es ein „Sonderverkauf“ (Special Sale) ist.
Aber es hilft auch nichts, über einzelne Begriffe zu diskutieren. Letztendlich entscheidet doch das Volk über die Sprache. Wenn es Begriffe nicht (mehr) benutzt, werden sie irgendwann verschwinden. Das war schon immer so (Beispiele stehen weiter oben). Ich muss die Vergewaltigung der englischen (sic) Sprache deshalb trotzdem nicht gutheißen.
Immerhin mit „Sale“ hat mich dieser Kommentarstrang restlos versöhnt.
Ich finde die Schilder in den Schaufenstern jetzt immer sehr erheiternd.
@ Lukas (#85): Laut Oxford-Duden: „Schlussverkauf“ – „[end-of-season] sale“. Also kann „sale“ ohne alles auch schon Schlussverkauf heißen. Aber Sie haben recht, es wird zu viel und ohne Not verdenglischt. Das finde ich albern und nervig. Dem VDS mag ich darum trotzdem nicht folgen.
der schönste mir grad geläufige anglizismenfauxpas in der werbung war ja das weizenbier mit grapefruitzusatz, das zunächst „[biermarke mit s] grape“ hieß, bis den leuten irgendwann aufgefallen sein muss, dass „grape“ keine brauchbare knackige abkürzung für grapeFRUIT ist, da es selbst ein eigenständiges wort ist, das man auch mit „traube“ übersetzen kann. *lol*
zugegeben, „[biermarke mit s] pampelmuse“ oder „- paradiesapfel“ hätte etwas hölzern geklungen. *lol* ;-) aber wenn schon englisch, dann bitte vorher nochmal ins wörterbuch schauen.
dass sich wörter aus anderen sprachen ins deutsche reinmischen, ist ein natürlicher vorgang, da sprache nun einmal lebt. wollte man die sprache im grundgesetz verankern, müsste man konsequenterweise ein allumfassendes wörterbuch erstellen und sagen „dieser wortschatz gilt! jetzt! und in 100 jahren!“, was völliger unsinn wäre.
nervig hingegen finde ich allerdings auch dieses zwanghafte erfinden angeblich cooler (cool: ein wort, dass bei mir als adjektiv gängig und alltäglich ist) neuer worte, die selbst in der vermeintlichen herkunftssprache nicht existieren. oder noch besser: etwas völlig anderes bedeuten!
der „bodybag“ wurde ja schon als beispiel genannt, ein weiteres wäre das „public viewing“. (gemeint: gemeinsames betrachten eines großsportereignisses auf einer leinwand in der öffentlichkeit; tatsächliche bedeutung im englischen: das aufbaren eines leichnams)
„SALE“ hat vielleicht auch was damit zu tun:
…
Der von der Antragsgegnerin verwendete Begriff „Winterschlussverkauf“ basiert auf der früheren Rechtslage, nach der bis zur UWG-Novelle des Jahres 2004 durch § 7 Abs.1 UWG a.F. Sonderveranstaltungen grundsätzlich untersagt und Winterschlussverkäufe nur in den engen zeitlichen Grenzen der Legaldefinition des § 7 Abs.3 Ziff.1 UWG a.F. vom letzten Montag des Januar an für zwei Wochen erlaubt waren. Die überwiegende Anzahl der durchschnittlich interessierten und aufmerksamen Verbraucher, die die Werbung mit einer situationsentsprechenden Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt, wird wissen, dass es den „Winterschlussverkauf“ im vorstehend beschriebenen juristischen Sinne inzwischen nicht mehr gibt. Das ergibt sich daraus, dass über diese im Rahmen der UWG-Novelle 2004 erfolgte Gesetzänderung in der Presse umfangreich berichtet worden ist und der aufmerksame Verbraucher inzwischen häufig mit „Winterschlussverkäufen“ konfrontiert wird, die sich nicht an den früher verbindlichen Zeitraum halten.
Zitat aus einem Beschluss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 118/06 – vom 17.2.2006
Diese seinerzeit allgemein spürbare Verunsicherung, verleitete vielleicht den einen oder anderen Werbetreibenden zu ersteinmal ungewohnten Wortspielereien.
(mir persönlich hätte ja ein zusammenhangloses SAIL wesentlich besser gefallen) ;-)
@Lukas, 78 – ist doch alles nicht schlimm, so lange ich in den Laden gehen und sagen kann „ich hätte gerne einene Rucksack“ – und trotzdem verstanden werde. Genauso mit dem Projektor.
Gegenfrage, warum verwenden wir nach „statt“ den Dativ statt des Genitivs? (Kommentar 78, 2. Absatz, 1. Satz) Ist aber kein Problem, ich hab’s ja verstanden…
Zu „Verstümmelung der englischen Sprache“ – gibt es denn Engländer, die sich darüber beschweren? Und gibt es Deutsche, die sich beschweren, dass im englischen „kindergartens“ und „rucksacks“ als Pluralformen verwendet werden? (Sind ernst gemeinte, keine provozierenden Fragen.)
@67 Als logische Konsequenz (äh, folgerichtige Folge) würde ich auch noch eine Ergänzung im Strafrecht für sinnvoll halten, nachdem dann z.B, der falsche Gebrauch von dem Dativ und des Genitiv unter Strafe gestellt würden ;-)
Zu Ramsauer; der hat offenbar gefordert, die Anglizismen der Bahn durch andere Lehnwörter zu ersetzen (Service-Rufnummer statt Hotline usw.), anstatt sich um das Chaos bei der Bahn zu kümmern – das kann einem ja nur noch auf die Plätzchen* gehen.
*Plätzchen von lat. „placenta“ = Kuchen
@ oasenhoheit (#88): Die Karlsruher Privatbrauerei Hoepfner vertreibt Radler (mit Grapefruit-Limonade) ganz cool als Grape, sogar ganz ohne [Biermarke mit] davor.
@gnaddrig #87
OK, die Wörterbuchbegründung akzeptiere ich (auch wenn ich’s immer noch doof finde). Die Forderungen des VDS halte auch ich für überzogen. Damit wären wir uns ja dann einig ;-)
@Jan #90
Zur Gegenfrage: Mist, da ging der Hesse mit mir durch. Es hätte „statt eines Projektors“ (etc.) heißen müssen.
Ich finde „Kindergardens“ ist keine Verstümmelung der deutschen Sprache, sondern die vollständige Übernahme eines Wortes in die englische Sprache. Passiert umgekehrt ja auch. Und gegen richtig verwendete Lehnwörter haben die meisten ja auch nichts. Mir geht die Sinnentstellung (wie Beamer, Handy, Body Bag, Public Viewing) gegen den Strich.
@92 „Pampel“ würde sich vielleicht auch nicht so gut verkaufen :-)
@gnaddrig (92)
für mich als radlerfan kommt ja nur zitronenlimo in frage, alles andere verdient meiner meinung nach nicht den namen „radler“. aber das ist nur meine persönliche meinung und mein geschmack. ;-)
wenn allerdings „grape“ draufsteht, erwartet wohl jeder, der der englischen sprache mächtig ist, traube.
apfel und apfelsine unterscheiden sich ja auch nur unwesentlich, aber doch ein wenig. *g*
@ rea.d (94)
ohja, „das neue s***** pampel!“, DAS wär mal ein werbeslogan! *lol*
für „slogan“ fällt übrigens mir grad kein vergleichbar griffiger deutscher begriff ein. „motto“ hat für mich eine etwas andere bedeutung, eher sowas wie ne lebenseinstellung. passt also auch nicht ganz.
@ Lukas (#93): Da ist der innere Klugscheißer mit mir durchgegangen, der immer das letzte Wort haben will…
@ rea.d (#94): Wieso? Dem Schwarzenegger haben sie seinerzeit auch geraten, sich bloß einen weniger sperrigen Namen zuzulegen, dabei hat er sich doch eigentlich ganz anständig verkauft, trotz eher überschaubaren Schauspieltalents. Als Arnold Black oder so wäre er zu verwechselbar gewesen.
Pampel hätte was, das klingt wenigstens nicht so nach Bionade-Biedermeier…
(An dieser Stelle sei mir noch der Hinweis gestattet, dass Grapefruit nicht dasselbe wie Pampelmuse ist.)
@gnaddrig (96)
stimmt, den unterschied zwischen grapefruit und pampelmuse hab ich mir auch eben bei wiki erst angelesen. darum musste der paradiesapfel der richtigkeit halber noch mit hinein. :-)
@ oasenhoheit (#95): Aus hellem oder dunklem Bier? Ist natürlich Geschmackssache, und über das Wort Radler würde ich mich nicht streiten wollen. Will heißen, ich kann damit leben, „Grape“ nicht als Radler zu bezeichnen ;)
Für Slogan fällt mir spontan Losung ein, aber das klingt vielleicht etwas sehr nach Wandervogel. Duden schlägt noch Devise, Leitsatz, Parole u.a. vor. Hm…
@95 Slogan = schottisch-gälisch „sluagh-ghairm“ (ich finde den wikipedia Hinweis: „ausgesprochen sluə-‚charəm/sluə-‚cherəm“ ungemein hilfreich :-) = svw. Schlachtruf.
Schlacht und Ruf scheinen tatsächlich altgermanische Wörter zu sein. Bei den Germanen gab’s eben sowas Schönes wie Pampelmusen, Orangen, Limonade und Winterschlussverkauf noch nicht. Ich fasse mal zusammen: Ohne Einflüsse von außen wäre unser Vokabular sehr überschaubar – und offensichtlich ziemlich martialisch ;-)
@ oasenhoheit (#97): Das ist ganz in meinem Sinne. Ich habe das auch aus Wikipedia, allerdings neulich mal bei anderem Anlass entdeckt.
@ rea.d (#99): Ja, aber einfach alles annektieren geht auch nicht. Obwohl, Slogan ist dann ja so eine Art Re-Import, da ist es was anders. Was machen wir jetzt mit unserem zusammengeschnorrten, abgekupferten, zurechtgebogenen Wortschatz? „Sauberhalten“ wirkt vor dem Hintergrund etwas lächerlich.
Unsere Sprache ist genauso bunt, zusammengeflickt, lebendig und veränderbar wie die Menschen, die hier leben (und die von Westgermanen, Kelten, Gallo-Römern, Sachsen, Friesen, Afrikanern und was weiß ich was abstammen)…
Bezeichnungen für neue Dinge und Tätigkeiten werden übernommen und nisten sich dauerhaft ein, wenn sie öfter gebraucht werden und wenn die Gegenstände, die sie bezeichnen, bleiben; sie werden angepasst und eingefügt, und wenn dann eben ein Handy draus wird, das es im Englischen gar nicht gibt: So what? Zellenfon wäre ja nicht hübscher (oder handlicher :-) (Mir kommt gerade der Gedanke, dass Handy vielleicht gar nicht aus dem Englischen abgeleitet ist, sondern eine leichte Verenglischung der deutschen Hand?)
Kunstwörter und verkrampft-coole Ausdrücke, die, wie in der Werbung, etwas lässiger, weltgewandter erscheinen lassen sollen, als es ist, oder die durch vage Unverständlichkeit Nachteile zu verschleiern versuchen, nerven. Das hat aber mit der Veränderung der deutschen Sprache oder der Frage, ob hier auch offiziell türkisch, portugiesisch oder platt gesprochen werden darf (warum denn nicht?), gar nichts(o viel) zu tun, denn Werbesprüche sind auch auf Deutsch nicht viel-sagender (geil ist geil? hallo?)
@ 92, Lukas
Geht es Ihnen nicht viel eher gegen den Strich, dass Sie gar nichts dagegen tun können, dass Sprache das tut, was sie am besten kann? Sich nämlich mit den Menschen weiterentwickeln und darauf scheißen, ob das dem Individuum gefällt?
@Alberto Green
Nicht jede Entwicklung ist aber eine Weiterentwicklung. Und bei Werbesprüchen oder Neuschöpfungen aus dem Fach ist es öfter so als anders, siehe „Come in and find out“ oder „Make the most of now“. Vielleicht liegt es ja oft nur an der fehlenden Kreativität, denn eigentlich gehen deutsche Werbesprüche ganz gut, hierfür siehe „Technik, die begeistert“, das erstaunlich viele Amerikaner gut aussprechen können.
Es ist schon amüsant, dass ein Unterhaltungsblatt, welches oft selbt nicht mal die richten Worte trifft, gleich die deutsche
Sprache per Gesetz schützen will.
@lukas (93) ok, den Unterschied zwischen inhaltlicher Sinnentstellung und konsequenter Übernahme inkl. Grammatikanpassung sehe ich ein. ;)
Mich stört gar nicht die kreative Übernahme fremder Wörter und Sätze. Mich stört, dass es nahezu immer welche aus der amerikanischen „Leitkultur“ sind, von der immer noch nicht klar ist, wenn sie um welchen Preis wohin leitet.
Und es geht ja auch keineswegs nur um Dinge oder Ideen, für die es keine oder nur unzureichend zutreffende Wörter gibt. Nein, wenn ich an einem Standort einer Kette mit deutlich überteuerten Kaffee-„Spezialitäten“ einen (angeblich) großen Kaffee möchte, find ich den unter „large“. Am Thema vorbei: Warum werden die eigentlich nicht verpflichtet, Mengenangaben zu machen? Large = 150 ml oder so ähnlich?
@Alberto Green
Also, ich möchte ungern von irgendwelchen überbezahlten, zugekoksten Werbefuzzis die Sprache konzipieren lassen. Wenn das hängenbleibt, meinetwegen. Schön ist sowas trotzdem nicht.
@struwwelpeter (106)
ah, gutes stichwort!
es befremdet doch sehr, wenn man in einer bekannten sandwichkette gefragt wird, ob man ein „foot long“ haben will, statt einfach „ein ganzes, vielleicht?“
an der stelle übertreibt mans wirklich ins unerträgliche! zumal man als kunde dann teilweise sogar noch „zurechtgewiesen“ und auf die „richtigen“ begrifflichkeiten hingewiesen wird!
beinahe so, als würde man nicht verstanden, wenn man sagt, man möchte ein ganzes chicken-sowienoch, statt eines „foot long“ chicken-dingens.
@108 ich kann die Kritik an der Sandwichkette nicht nachvollziehen bzw. liegt es vllt. individuell am Mitarbeiter? Ich jedenfalls werde dort stets gefragt „ein halbes oder ein ganzes?“ – von „foot long“ ist nie die Rede. Auch wenn ich sofort sage „ein ganzes ‚chicken-sowienoch‘, versteht man mich. Und sogar, wenn ich sage „ein ganzes mit Hähnchen“. Alles kein Problem. Und ich wurde noch nie auf die „richtigen“ Begrifflichkeiten hingewiesen. Wenn das doch mal so sein sollte, würde ich es nicht als unverschämtes Zurechtweisen verstehen, sondern als freundlicher Hinweis, damit es nicht zu Missverständnissen kommen kann bei einer nächsten Bestellung z.B. … Finde die Aufregung jetzt doch übertrieben.
P.S. mir fällt gerade beim nochmaligen durchlesen meines Posts auf, dass er sich anhört, als würde ich für/bei diese/r Sandwichkette arbeiten! Ich versichere, dem ist nicht so. ;-)
„als freundlicher Hinweis, damit es nicht zu Missverständnissen kommen kann bei einer nächsten Bestellung“
Es ist nicht freundlich, wenn man mir als Kunden nahelegt, mich in die fremdsprachlichen Begrifflichkeiten eines Baguetteladens einzuarbeiten.
@ Jan (#109) und struwwelpeter (#110): Am besten wäre es doch, die würden alles auf ihrer Speisekarte nummerieren wie die meisten asiatischen Takeaways. Dann könnte man einfach die Nummer und die Größe alphanumerisch ansagen („Einmal die 74 in L und die 118 in S“). Aber das würde natürlich gerade den angesagten Ketten die Möglichkeit rauben, ihre einzigartigen Produkte beim Namen zu nennen und sich so von der Konkurrenz abzusetzen.
Allerdings hätte das mit den Nummern durchaus Potenzial, zu komischen Pannen zu führen, die sich dann bei ibash gut machen würden: „Habe dann meine Schnellfress-Standardbestellung aufgegeben: 74 L und 118 S, dabei war ich gar nicht im Schnellfress, sondern bei Takeaway. Keine Ahnung, was ich da bestellt hatte. Naja, Hunger treibt’s rein.“
Baguette ist ja auch son urteutonisches Stangenbrot.
Dieser VDS interessiert mich nicht, weil mir dessen Hilfe!-das-Deutsche-stirbt-aus-Panik aufn Senkel geht. Andererseits halte ich aber auch das trotzige „Wohl ist alles super!“ für verfehlt. Wie bei allem liegt auch hier der güldene Weg in der Mitte.
Viele deutsche Wörter werden von den Sprachbenutzern als selbstverständlich und immer schon dagewesen hingenommen, obwohl sie das in der Tat gar nicht sind. Denn schon im 17ten Jahrhundert gab es deutschtümelnde und konservative Kleingeister, die sich in Sprachvereinen wie der „Fruchtbringenden Gesellschaft“ zusammenfanden und wider die vielen französischen Wörter im Deutschen agierten… handelten. Sie versuchten, mit den Mitteln der deutschen Sprache, die eine phantastisch variable Morphemstruktur aufweist, deutsche Entsprechungen zu etablieren. Vieles davon setzte sich nicht durch („Dörrleiche“ für Mumie? Ha!), aber manches eben doch.
Ohne diese Sprachkleingärtner von damals könnten wir heute keinen „Abstand“ einhalten, keine „Ausflüge“ machen, keine „Vollmachten“ erteilen, wären wir nicht „leidenschaftlich“ und uns nicht unserer „Sterblichkeit“ bewußt. All das können wir heutzutage auf Deutsch sagen. Und das Tolle ist: Die ersetzten Fremdwörter blieben uns dennoch erhalten, wir können also nach Lust und Laune variieren. Es lebe die Vielfalt!
Apropos sprachliche Kleingärtner: Bild hatte doch zusammen mit dem VDS diese Petition zur Aufnahme der deutschen Sprache ins Grundgesetz losgetreten.
In der Vorlage zum Ausdrucken und Einsenden stehen doch allerlei schöne Sachen: Ich habe genug von der Misshandlung unserer Muttersprache!
Ganz wichtig natürlich: ICH WILL, DASS UNSERE MUTTERSPRACHE GESCHÜTZT WIRD!
Und ganz folgerichtig: Deshalb fordere ich Sie auf: (…) Machen Sie endlich Schluss mit der Verwässerung des Deutschen in Medien, Wirtschaft und Politik!
Fehlt leider wieder mal der Griff an die eigene Nase. Bild fragt um: Wie händelt Guttenberg die Krise? (s. Bildblog) Er paganint wahrscheinlich ein bisschen auf der ihm verbliebenen letzten Saite herum, bis Bild ihn zum Gewinner des Tages kürt, weil er so hübsch ist.
völlig sinnlose Debatte, meiner Ansicht nach. Sprache ist etwas lebendiges, das sich verändert, so wie sich die Kultur, in der wir leben verändert. Das ist ein natürlicher Prozess, der sich durch künstliche Eingriffe von aussen nur begrenzt steuern lässt, wenn überhaupt.
Deutsch ist Amtssprache, und es gibt für das „Hochdeutsch“ feste Regeln für Grammatik, Satzbau, etc.
Das sollte eigentlich reichen, damit wir uns hier sinnvoll verständigen können. Darüber hinaus gehende Regelungen oder gar Beschränkungen der „erlaubten“ deutschen Begriffe sind überflüssige nationale Kleingeisterei, die sich sowieso nicht durchsetzen lassen wird.
Denn letztens Endes reden die Leute eh so, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.
Der Ansatz des Vereins ist doch einfach. Mehr Deutsch in die Deutsche Sprache und mehr Aufmerksamkeit für den VDS. Da hilft eine Petition zu einer blödsinnigen Forderung genauso wie hier die schöne Stellungnahme.
@B.Schuss
Sie halten die Debatte für sinnlos, nehmen aber erstmal munter daran teil?
Und sachlich stimmt es einfach nicht, dass sprachliche Veränderung ein nicht beeinflussbarer Prozess ist. Schauen Sie sich die von Fremdwörtern fast reine isländische Sprache an und im Vergleich unsere Sprache, die bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wird. Letzteres ist keine Notwendigkeit, es ist schlicht und ergreifend Ausdruck von mangelnder Selbstachtung eines Volkes und Lieblosigkeit gegenüber dem eigenen kulturellen Erbe.
@struwwelpeter
Mangelnde Selbstachtung und Lieblosigkeit gegenüber dem kulturellen Erbe? Vielleicht ist es doch einfach nur ein bisschen zuviel Modebewusstsein und ein bisschen zu wenig Nachdenken und literarische Bildung. Ich weiß nicht, warum immer wieder mit Interkontinentalraketen auf Zwergkolibris geschossen wird.
Ich finde der Wallensteintext #65 zeigt schön, was übertrieben ist, und wie wenig nachhaltig diese Modeerscheinung gewesen ist. Da ich nie mehr Latein hatte, als bei Asterix, kenne ich manche Begriffe nur aus dem Englischen (Importanz, Exception).
Die Tatsache, dass wir früher französisch und Latein als Blendwerk verwendeten, und andere Länder auch deutsche Lehnwörter haben – aber mehr so 10 bis 100 – beweist aber nichts weiter als dass wir keine Singularität sind.
Die Beschreibung der Gesetzesinitiative als ‚künstlich‘, im Gegensatz zur sonstigen Entwicklung der Sprache als ’natürlich‘ wird der Sache nicht gerecht. Der Widerspruch künstlich-natürlich will ja suggerieren, die Sprache käme aus einem frischen Laubwald und sei schon von daher gut und richtig.
Das erzählt mir aber niemand, dass Sale oder Infopoint mehr so aus dem Unbewussten gesickert sind, und sich ohne Reflexion und Absicht der Verwender etabliert hätten. Im Gegenteil. Die meisten Fremdwörter sind genau das: künstlich bis ins Mark, und da wo sie es nicht sind, wie man an leichter Adaption feststellen mag, sind sie mir auch willkommen.
Aber selbst wenn – ein Rülpser kommt mir auch ganz natürlich aus der Kehle, aber als teilweise bewusst gesteuertes Wesen unterdrücke ich solche Impulse in der Öffentlichkeit willentlich, und natürlich kann ich willentlich Einfluss auf meine Sprache nehmen, und das tu ich auch.
Statt eines foot longen (wie beugt man diese Sch….) Baguettes hätte ich lieber ein ellenlanges Baguette, aber ein Stangenbrot muss es nicht sein.
Dazu eine Anekdote, ca. 5 Jahre her, großer Elektromarkt Berlin/Alex: Ich frage nach einem Funktelefon – Verkäufer, etwa 20: „Ich weiß gar nicht ob wir so was überhaupt haben!“ Ich half ihm „Mobiltelefon“ aber er starrte mich immer noch an, und hatte keinen Schimmer. Ich gab auf und sagt „Händie“ (mit ih-eh). :)
Der Begriff Händie ist wahrlich handlich, obwohl mir Funky auch gut gefällt, aber damit bin ich dann wirklich Solipsist. Ich meine man soll von Fall zu Fall unterscheiden, und sich ruhig die Mühe machen, für einen engl. Fachausdruck den man parat hat eine deutsche Entsprechung zu finden. Oft ist es doch reine Faulheit den eigenen Geist ein wenig anzustrengen. Oft verbleibt bei denen, die einen englischen Begriff verwenden, dessen Bedeutung sie nur erahnt haben, eine oberflächliche und falsche Vorstellung davon, was er bedeutet, und manchmal sind es dann diese Gestalten, die mit ihrem Halbwissen versuchen andere zu überzeugen, dass die Bedeutung so und so ist. Oder ein Begriff, der im engl. eine sehr weite Bedeutung hat, und als Metapher in vielen Bereichen benutzt wird, wird im Deutschen nur in einer speziellen Bedeutung breit verwendet – Thread, schlage ich als Beispiel vor. Viele, die ihn adaptieren, erfahren dann nicht von der allgemeinen Bedeutung, und halten ihn für spezieller, als er ist.
Und noch eine Idee: Wer von Euch kennt jemanden, der die Strg-Taste am Computer schon als Stringtaste bezeichnet hat? Nein, nein, Ihr selbst sicher nicht, aber vielleicht kennt Ihr jemanden. :)
@Struwwelpeter, 110
es sind halt produktbezeichnungen. Warum dürfen diese nicht fremdsprachlich sein? Wenn man jetzt auf die „deutschsprachigen Begrifflichkeiten“ des „Baguetteladens“ hinweisen würde – z.B. ein „großes mit Hähnchen“ bestellt und gesagt bekommt, „Sie meinen ein ellenlanges mit Hühnchen“ (weil das in diesem Gedankenexperiment der Produktname ist) – wäre das dann freundlicher? Oder wäre es genau so „schlimm“?
@Jan
Das ist doch wieder ein anderer Aspekt. Es geht nicht nur Produktnamen (wiewohl ich den Verkäufer in Ihrem Beispiel trotzdem für bescheuert hielte), sondern um Verständlichkeit. Ein footlong sub hilft mir im deutschen, metrischen Raum, in dem das Verkaufsgespräch stattfindet, nunmal nicht wirklich weiter. Ein ganzes oder halbes Brot versteht dagegen jeder. Und es schadet auch dem Verkauf oder der Markenidentität nicht wirklich, wenn man statt auf die Honey Mustard auf die Honigsenfsoße verweist.
Ein foot long ist eine Produktbezeichnung, keine Darreichungsgröße? Von mir aus – vor solchen Bezeichnungen würde ich mich aber doppelt in Acht nehmen. Nachher ist das ein eingetragenes Warenzeichen und ein geschützter Begriff, wie Klostermelisse, und man hat ruck-zuck ein Rudel Anwälte am Hals. Gerade daher würde ich versuchen den Begriff zu vermeiden.
Bin ich der Erfüllungsgehilfe des Marketings aller dahergelaufener Firmen – eh – enterprises?
Schon Mitte der 90er war man sich der Problematik bewusst:
Vincent: And you know what they call a Quarter Pounder with Cheese in Paris?
Jules: They don’t call it a Quarter Pounder with Cheese?
Vincent: Nah, man, they got the metric system, they wouldn’t know what the fuck a Quarter Pounder is.
Jules: What do they call it?
Vincent: They call it a „Royale with Cheese“.
Sprachliche Vielfalt…
Bleibt immer noch die Frage warum z.B. das ZDF in den Heutesendungen sinngemäß so berichtet:
„Bombenterror am Moskauer Flughafen. Beschwerden über Sicherheit des Airports werden laut.“ Ok, das ist ein Flughafen im Ausland.
Zu Zeiten des starken Winters (Medien heute: Schneechaos) war laut ZDF auch der Frankfurter [b]Airport[/b] gesperrt.
Häh?
@Klaus Nilch: Der Frankfurt Airport heißt offiziell so. Und im ersten Fall würde ich vermuten, dass man schlicht verhindern will, in zwei Sätzen hintereinander „Flughafen“ zu verwenden. Airport dient da halt als Synonym.
Aus den Xenien von Goethe und Schiller:
152. Der Purist.
Sinnreich bist du, die Sprache von fremden Wörtern zu säubern,
Nun so sage doch, Freund, wie man Pedant uns verdeutscht.
Eine „Gegenpetition“ klingt nach groben Blödsinn. Diese gute demokratische Idee wird plump zweckentfremdet und das von solch toleranten, korrekten und intelligenten Köpfen. Es wird den tollen Herren eine Lehre sein, wenn die Mitzeichner ausbleiben.
Wenn da ein Bild hängt, auf dem ein ganzes Brot abgebildet ist, auf dem „footlong sub“ oder so steht, halte ich es für unproblematisch, ein „footlong sub“ zu bestellen. Ich bestelle zwar immer ein „ganzes“, und werde auch verstanden, falls der Angestellte denn „hä?“ sagen sollte, bin ich gerne bereit, „footlong sub“ zu sagen – meiner Mutter zu hause würde ich dann trotzdem sagen, ich hätte ein ganzes (oder großes?) Sandwich gegessen. Ist doch alles kein Problem.
Die Soße bestelle ich auch immer als „Honig-Senf-Soße“. Gab bisher nie Probleme.
@Jan
Es geht doch nicht darum, wie Sie sich als Kunde anpassen können, sondern wie sich der Anbieter dem Kunden gegenüber verhält und wie der Kunde darauf reagiert. Der Bäcker um die Ecke hat schon vor zwanzig Jahren Brötchen nach Kundenwünschen belegt und sie gelegentlich mit „frisch“ beworben. Aber als Subway auf den deutschen Markt kam, hieß es auf einmal „Eat fresh“ und dass das eine ganz neue Idee sei. Aus dem Frikadellenbrötchen wurde das „Meatball Sub“ und das mit gemischtem Aufschnitt zum „Subway Club“ (ich weiß nicht, ob die in Deutschland jetzt immer noch so heißen). Serviert wird das dann je nachdem mit „onion rings“ oder „double chocolate cookie“. Was hätte man wohl seinem Bäcker früher erzählt, wenn der einem empfohlen hätte, zum Frikadellenbrötchen doch zum Schokokeks zu greifen?
Worauf ich hinaus will: Die Werbewelt gaukelt uns öfters einen Mehrwert vor, den es nicht wirklich gibt. Und das klappt auf Ausländisch noch besser als auf Deutsch, auch bei denen, die es übersetzen könnten. Oft werden so auch Begriffe ausgetauscht, die für den Laien kein Mehr, sondern ein Weniger an Information bringen („Common Rail“ statt Direkteinpritzung). Erstaunen und Emotionalisierung verkaufen halt besser als Information.
Also werde ich als Kunde darauf reagieren, indem ich auch bei Wiederholung mein Essen in Landessprache bestelle (das gilt nicht nur für Deutschland, auch hier bestelle ich bei Subway „entero con pechuga“ und nicht „footlong chicken tender“). Das ist nicht rückwärtsgewandt, sondern nach vorne. Ich übe einfach mein Recht an der Mitgestaltung der Sprache aus, ganz so wie es die Werbeleute tun.
@ Kilian (#126): Derzeit sind 1344 Mitzeichner nicht ausgeblieben.
> … ich hätte ein ganzes (oder großes?) Sandwich gegessen …
Er meint eine Brotzeit. ;)
@VonFernseher(128) sehr richtig und vernünftig, alles was Sie sagen. Unternehmen machen das aus Marketinggründen. Werbung ist häufig nervig, will Menschen häufig dazu bringen, Dinge zu tun, die sie sonst sein lassen würden. (Z.B. belegte Brote kaufen)
Man kann es (wie Sie) begründet „doof finden“ (das tue ich auch). Aber man kann/sollte sich m.E. nicht darüber empören, dass gewisse Produktbezeichnungen eben englisch(stämmig) sind, wenn letzteres der einzige Grund für die Empörung ist. So ist es aber in den Kommentaren 108 u. 110 der Fall und das wollte ich nicht widerspruchslos stehen lassen.
@130 Brotzeit/Stulle/Bemme, mir doch egal. ;) Habe „Sandwich“ stehen lassen, da das Wort in Kommentar 108, in dem die Empörung über die englischen Produktbezeichnungen bei Subway angefangen hat, auch verwendet wurde…
@Jan #131
Auch wenn ich im Weiteren nicht unbedingt mit struwwelpeter übereinstimme, muss ich ihm, dem Kunden, doch Recht geben. Er darf das empörend und unerträglich finden, denn schließlich ist er ja im Begriff Lebensmittel und die Dienstleistung „Brötchen schmieren“ käuflich zu erwerben. Er darf sich darüber aufregen (was auch immer das vor Ort bringen mag) und sich entscheiden, beim nächsten Mal einen Anbieter zu wählen, der belegte Brote mit deutschen Bezeichnungen anbietet. Der Anbieter hat sich ja auch entschieden, dass er mit der englischen Masche wahrscheinlich mehr verkauft als auf deutsch.
K: Ich hätte gerne ein langes Brötchen mit Hackfleisch, warm und mit süßer Zwiebelsoße, dazu eine Zitronenlimonade und einen Schokoladenkeks, bitte.
V: Sie meinen ein footlong Meatball Sub, toasted und mit sweet onion, in Kombo mit Sprite und double chocolate cookie. To go?
K: Sie scheinen mich ja auch auf Deutsch verstanden zu haben; dann berichtigen Sie mich bitte nicht auf Englisch. Sonst kaufe ich mein Mittagessen demnächst bei der Konkurrenz.
Ich finde: Völlig legitim. Sehr seltsam, aber legitim.
Okay, darauf kann ich mich einigen. Als Kunde ist das legitim, auch wenn mir ganz persönlich die Begründung „englisch!“ nicht gefällt.
Toll, dass ich das mal in Blogkommentaren erleben darf, eine konstruktive Diskussion, die für mich mit erweitertem Horizont endet. Werde mich, um mir das Gefühl nicht kaputtzumachen, wohl aus dem weiteren Verlauf der Kommentare zu dem Artikel verabschieden. Danke hauptsächlich an VonFernSeher. ;-)
Ihr werdet nicht glauben, wie lange es gedauert hat, bis ich verstand, dass das sub in ‚foot long sub‘ wohl ein Kürzel für subway ist. Auf die Idee muss man ja auch erst mal kommen, und kommt man nicht so ohne weiteres, wenn man da nie essen geht.
Sub ist ja eine Vorsilbe für unter~ oder minder~ – ich würde sagen man assoziiert hier suboptimal, subprime-crisis, Subunternehmer und Schinkensubstitut.
Andererseits schaffen solche Spezialbegriffe ein Insiderwesen unter den Kunden, und als Nichtkunde ist man sogar von der Kommunikation ausgeschlossen. Ich selbst mache mir nichts draus nachzufragen, wenn es mich interessiert, aber ich kenne auch schüchterne, sugestible Persönlichkeiten, die sich inferior fühlen, und sich nicht trauen dann nachzufragen, was denn ein footlongsub sei.
– Kurze Unterbrechung für einen alten Witz: Mutter zum Kind: Ich geh‘ zum Quick! Kind: Was ist denn ein Quick? Mutter: Ein Snack!
— Das war’s schon.
Noch die Bemerkung von der Schwierigkeit im Backshop eine Zeitreise zu buchen.
– gut, haben wir das auch.
Die Sendung schaut ja eh keiner…. ;)
Gerade im DschungelCamp 25.01.2011 23:32:
Zietlow: „Et voila, Stern number two.“
Das ist wirkliche Sprachfreiheit.
@VonFernSeher, #133: Ich würde niemals so viele Worte um ein Stück »Fastfood« machen. Ich würde mir lieber beim Bäcker ein Brötchen kaufen und selbst belegen ;-)
Gut, ich habe es leicht. Bei uns gibt es rund um das »Subway« genügend andere Angebote. Aber ich würde mir solche Diskussionen auch nicht antun, wenn sie der einzige Anbieter wären.
Ich habe mich daran gewöhnt, über den »Backshop« genauso müde zu lächeln wie über den »Bad Shop« und über die »Homestory«. Das gehört genauso wenig zu meiner Sprache wie ein »Subway«-Sandwich zu meiner Ernährung.
Ich finde die Petition richtig und werde mitzeichnen.
Bei diesem VDS muss ich immer an den Vorschlag desselbigen, den Airbag zum „Prallsack“ umzubenennen, denken. Ich würde mir dann also ein Auto mit serienmäßig eingebauten Seitenprallsäcken kaufen? Grausam.
@all jene, die sich über die Begrifflichkeiten einer „bekannten Sandwichkette“ aufregen: Wie macht ihr das eigentlich in der Pizzeria? Beschwert ihr euch auch, wenn der Italiener auf seiner Karte Tagliatelle stehen hat und besteht darauf, Bandnudeln bestellen zu können?
@Stefan W. #135
„Sub“ ist nicht die Abkürzung für „Subway“, sondern für „submarine sandwich“, das aus einem länglichen Brötchen und Füllungen/Belägen hergestellt wird und in – je nach Größe meistens 4-6 – „compartments“ zerschnitten wird. Form und Zerteilung in „Abschnitte“ haben zu dem Namen geführt. Er ist in Amerika bei vielen Fast-Food-Ketten (Quiznos, Arby’s, Pans & Co., …) geläufig. Mit „Subway“ verhält es sich wohl eher andersherum, sprich: Man hat einen auffälligen Werbenamen gesucht, in dem „Sub“ drin vorkommt.
„Ich bin ja immer noch der Ansicht, dass Deutsch im Grundgesetz den Vorteil hätte, dass die CSU vom Verfassungsschutz beobachtet werden würde.“
Das finde ich auch!
Gerade in der Politik, die ja (eigentlich) unser Vorbild sein soll, wünsche ich mir ein bisschen mehr „Deutsch“.
Steven
@VonFernSeher, #139: Aha, wieder was gelernt, auch schön, aber ich kann das parieren! :)
In Deutschland hätte man das dann U-Boot-Brötchen nennen müssen, denn oft hört man ja, das Englisch übernommen wird, weil es kürzer sei als deutsch, und U-Boot ist ja hier eine Ausnahme. 70er-Jahre Sprachartefakte wie U-Brötchen liegen auf der Hand, oder das UBB für die Uni-Bibliothek.
Ja, das wird albern. Ich höre auf.
„SALE“ heißt bereits seit 2007 „Mumpf“…
03:58: http://www.youtube.com/watch?v=AT_7RLu7-i8
@ gnaddrig
Super dann steht es jetzt wohl schon:
46000 zu 1363
Ich verweise gerne nochmal auf meinen Beitrag 126.
@struwwelpeter, #116:
naja, woher sollten Sie denn sonst wissen, wie meine generelle Meinung zu dieser Debatte ist, wenn ich sie Ihnen nicht sage ? ^^
Der Vergleich mit Island hinkt meiner Ansicht nach etwas. Island ist eine kleine, isoliert liegende Insel, mit einer im europäischen Vergleich winzigen Bevölkerungzahl. Historisch betrachtet, sind die Einflüsse von aussen auf die isländische Kultur wesentlich geringer, und es ist daher wesentlich leichter, einen derartigen Sprachpurismus zu realisieren. Aber selbst dort kommt man nicht völlig ohne Lehnwörter aus.
Aber wie das in einem Flächenstaat von der Größe Deutschlands im Herzen Europas funktionieren soll, mit der Masse an historischen Einflüssen von aussen, das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen.
Das von Ihnen beschworene kulturelle Erbe Deutschlands ist vielfältig, so vielfältig wie die kulturellen Einflüsse, denen wir über die Jahrhunderte ausgesetzt waren. Wir sind, wer wir sind, eben auch aufgrund dieser Einflüsse von aussen.
Und so, wie sich unsere Kultur verändert, verändert sich eben auch unsere Sprache.
Das ist kein „Ausdruck von mangelnder Selbstachtung eines Volkes“ und auch kein Zeichen von „Lieblosigkeit gegenüber dem eigenen kulturellen Erbe.“
Es ist vielmehr ein Ergebnis einer immer weiter zusammen wachsenden Welt, einer Art globalisierter Kultur.
Es steht Ihnen natürlich frei, unser kulturelles Erbe zu feiern. Aber Sie sollten dabei nicht vergessen, dass – historisch betrachtet – Ihr Leben, und auch meines, nur ein winziger Teil einer langen, und sehr komplexen kulturellen Entwicklung ist. Und die begann, lange bevor wir geboren wurden, und wird weiter gehen, wenn wir zu Staub zerfallen sind. Was Sie und ich jetzt als „deutsche“ Kultur verstehen, ist ein Status Quo von kurzer Dauer. Also klammern Sie sich nicht zu sehr daran.
@Kilian (143): Das Ziel der Petition ist zunächst einzig und allein, die 5165 Mitzeichnungen der Online-Petition von VDS und Bild zu übertreffen, wenn ich das recht verstanden habe. Der Rest wäre dann die Kür. Die anderen (40k+) Stimmen, die über „reale“ Unterschriftensammlungen und Snail-Mail zu Stande gekommen sind, sind dabei erst einmal sekundär, auch wenn natürlich zu erwarten ist, dass die Befürworter der Bild-Kampagne beide Stimmenquellen genauso zusammenzählen wie Sie.
@ Kilian (#143): Ergänzend zu Matthias (#145) möchte ich noch anmerken, dass Anatol Stefanowitsch seine Petition praktisch im Alleingang eingerichtet hat und ohne große Pressekampagne auskommt. Wenn ein der Bild vergleichbares Brüllblatt daraus eine Kampagne machen würde, gäbe es sicher schon mehr Mitzeichner bzw. Unterschriftenlisten oder ausgedruckte Anschreiben. Aber da die einschlägige Brüllpresse eben für die Aufnahme der deutschen Sprache ins GG ist, fällt dieser „Vertriebsweg“ aus (und ich bezweifle, dass der je in Frage gekommen wäre).
Und nachdem das eine Petition ist, keine Volksabstimmung, geht es letztlich auch nicht darum, mehr Mitzeichner als die Bild-/VDS-Petition zu kriegen, sondern eher darum, deutlich zu machen, dass es eine ernstzunehmende Zahl von Leuten gibt, die keine Notwendigkeit sehen, die deutsche Sprache ins Grundgesetz zu schreiben. Das ist schon jetzt gelungen, und die Mitzeichnungsfrist geht noch bis Anfang März…
Es ist eine Fehlleitung ihrer Aktivitäten. Eine Petition gegen einen Sachverhalt der so schon vorherrscht oder eben gegen eine andere Petiton, ist nicht Sinn der Sache. Außerdem wird jede Pressestelle wie ich, nicht zwischen beiden Arten der Stimmenerfassung unterscheiden und nicht den Alleingang von Herrn Stefanowitsch ohne große Pressekampagne ehrfurchtsvoll loben. Ab wievielen Mitzeichner möchte man denn ernst genommen werden? Man stellt sich hier freiwillig dieser Petitonswut gegenüber anstatt über geeignete Kommunikationswege zu argumentieren.
Wahnsinn, so viele Antworten innerhalb so kurzer Zeit zu dem sehr interessanten Blog-Artikel, da sieht man einmal wie sehr dieses Thema zu einem Reizthema innerhalb unseres Landes geworden ist.
Ich werde das alles weiter mit größtem Interesse verfolgen, spreche mich aber auf jeden Fall gegen die Petition aus!
Viele Grüße
@46/Stefan Niggemeier
Sie finden das Vier-Buchstaben-Wörtchen „Sale” ein Ungetüm?
große Teile der Bevölkerung verstehen es nicht, zumal es auch vollkommen sinnlos ist. Das in einem Laden etwas verkauft wird, ist üblich. Da braucht man nicht noch „VERKAUFEN“ draufschreiben.
Nicht das deutsche „Winterschlussverkauf”
„SALE“ hat nichts mit einem Sonderangebot zu tun. Das bedeutet es übrigens auch nicht. Ansonsten müsste dort „Bargain“ oder „cheap offer“ stehen. Die meisten wären jedoch mit ihrer Weltoffenheit dann schon wieder am Ende.
Man muss kein Freund vieler englischer Modebegriffe sein, um das ein bisschen hysterisch zu finden.
Man muss kein sprachlicher Nationalist sein, um diese Online-Petition für Blödsinn zu halten. Politisch ist das aber vermutlich wunderbar korrekt, dieses Kauderwelsch als Weltoffenheit zu verkaufen.
@ Kilian (#147): Niemand verlangt, hier irgendwen ehrfurchtsvoll zu loben. Der Alleingang macht Stefanowitschs Petition nicht edler, besser, sinnvoller. Und die Beteiligung von Bild macht die VDS-Petition nicht sinnloser oder populistischer, sie macht sie nur mehr Leuten bekannt und bringt deshalb natürlich mehr Mitzeichner. Unterschiedliche Vertriebswege erreichen unterschiedliche Bevölkerungsgruppen und unterschiedlich viele Leute. Deshalb ist die Gesamtzahl der Bild-/VDS-Petition mit der Zahl der Online-Mitzeichner der Stefanowitsch-Petition kaum vergleichbar. Es dürfte wesentlich sinnvoller sein, die Zahl der Mitzeichner der beiden Petitionen auf der Webseite des Bundestags zu vergleichen.
Und Gegenpetitionen können sehr wohl sinnvoll sein. Ohne die Petition Stefanonwitschs könnte der Eindruck entstehen, ein Haufen Leute sei für die Aufnahme des Deutschen ins Grundgesetz und niemand sei dagegen. Per Gegenpetition kann man deutlich machen, dass es sehr wohl Leute gibt, die dagegen sind. Das ist dann eine Art Diskussionshilfe für den Bundestag – wenn viele dafür und keiner dagegen ist, verfährt man natürlich anders als wenn sehr viele dafür und nicht ganz so viele, aber immer noch genug, dagegen sind.
@Gregor Keuschnig: Eine Bedeutung von „sale“ ist „Sonderangebot“, vgl. hier oder hier oder auch hier im Strang unter #87.
Anders als Sie behaupten, benutzen die deutschen Läden das englische Wort „sale“ also korrekt. Das ist noch kein Grund, es an einem deutschen Ladengeschäft auch zu benutzen. Aber man muss deshalb auch nicht gleich hyperventilieren und sich mit seinem eigenen Unwissen über die englische Sprache blamieren.
@Gregor Keuschnig, #149:
Sprachliches Kauderwelsch ? Aber Herr Keuschnig, bei allem Respekt, das ist doch Unsinn. Wie auch Kultur ist Sprache etwas, das in einem ständigen Wandel begriffen ist, das sich mit den Menschen verändert, während diese sich verändern. Wir reden jetzt auch nicht mehr so wie die Deutschen vor hundert Jahren, und aller Wahrscheninlichkeit nach wird das Deutsche in weiteren hundert Jahren sich ebenfalls von unserer heutigen Sprache unterscheiden.
Das ist ein Prozess, dem sich keine lebendige Sprache entziehen kann. Schliesslich sind ja auch die Menschen, die in diesem Land leben, geprägt von den verschiedensten kulturellen Einflüssen. Da können Sie schwerlich erwarten, dass sich das nicht auch in unserer Sprache wider spiegelt.
Ich finde, man sollte das nicht zu hoch hängen. Ob da jetzt „WSV“ steht, oder „Sale“, was spielt das für eine Rolle ? Den meisten Leuten ist klar, was gemeint ist, auch wenn sie vielleicht die wörtliche Übersetzung / Bedeutung nicht kennen.
Und das es über die Zeit bei solchen Begriffen Bedeutungsverschiebungen gibt, ist nun auch nicht ungewöhnlich.
Ich würde übrigens auch bestreiten, dass große Teile der Bevölkerung nicht verstehen, was „sale“ bedeutet. Die Leute sind doch nicht doof: Aus der Tatsache, dass ein Schaufenster mit dem Wort uin großen roten Buchstaben zugepflastert ist, womöglich noch mit Prozentzeichen, werden sie die richtige Schlussfolgerung ziehen.
Das ist gar kein Plädoyer für den Gebrauch des Wortes „sale“. Anders als „Shop“ zum Beispiel ist es nach meiner Wahrnehmung nicht im aktiven Wortschatz der Deutschen, deshalb finde ich es albern, es zu gebrauchen und damit eine Art von Modernität oder Coolness vorzuspiegeln. Aber der Reiz liegt für die Werbeleute und Ladenbesitzer auch darin, dass es gerade kein Ungetüm ist, sondern ein handliches Vier-Buchstaben-Wort.
@ Gregor Keuschnig (#149):
… dieses Kauderwelsch als Weltoffenheit zu verkaufen.
Die Petition hat nicht zum Ziel, Anglizismen, Denglisch oder sonstwelches Kauderwelsch zu fördern oder als Weltoffenheit zu verkaufen. Gegner der Petition unterstellen, die Mitzeichner seien „Gegner der deutschen Sprache“, „begehrten gegen die deutsche Sprache auf“, betrieben gar irgendwelche sinsistren antideutschen Verschwörungen und sollten, wenn sie schon kein Deutsch mögen, doch am besten gleich wieder abhauen. Das ist aber Unfug.
Der Urheber der Petition muss sich sicher nicht nachsagen lassen, die deutsche Sprache zu hassen. Immerhin kann er hervorragend mit ihr umgehen. Die Petition ist hervorragend geschrieben (guter Stil, gut strukturiert, griffig, kein sprachliches Stypopor), was bei Petitionen dort eher die Ausnahme ist und was auch die selbsternannten Hüter der deutschen Sprache, die sich bei Bild und VDS um die andere Petition gekümmert haben, nicht geschafft haben. Ich sehe jedenfalls keinen Grund, Stefanowitsch irgendwelche Bestrebungen zur Verkauderwelschung oder Denglifizierung der deutschen Sprache vorzuwerfen.
Über Anglizismen und Kauderwelsch aufregen darf man sich meinetwegen gern. Und „besseres Deutsch“ propagieren ist ja auch noch ok. Das kann man als nicht an der Kampagne Interessierter noch ausblenden. Aber Anglizismen oder schlechtes Deutsch gesetzlich zu sanktionieren ist eine ungehörige Einschränkung der persönlichen Freiheit und im Grunde verfassungs- und menschenrechtswidrig.
„… die Beteiligung von Bild macht die VDS-Petition nicht sinnloser oder populistischer, …“
Doch, das macht sie. Wenn sich ausgerechnet der Bock zum Gärtner macht, dann ist das ein wichtiger Kontext, den man nicht ausblendet kann.
Gleichwohl ist die Gegenpetition Quatsch, weil sie die Petition selbst aufwertet (viel Feind, viel Ehr) und unterstellt, man könne diese auch ernstnehmen, was man ja nun nicht kann – ich meine Bild als Sprachwächter! Wo gibt’s denn sowas? Vielleicht noch in die Presseaufsicht?
Und die Petition ist purer Quatsch und reines Getue, und also genau das: Populistisch.
Und trotzdem kann mir niemand sagen, welches Geschlecht ’sale‘ hat. Früher kam meine Oma vom Schlußverkauf. Könnte sie heute, lebte sie noch, sagen: ‚Ich war beim sale‘? Und schreibt man dann Sale im dt. groß, weil es ein Hauptwort ist? Ist es der, die oder das Sale?
‚Sale‘ ist kein Wortungetüm, dafür ist es zu kurz. Es ist einfach schlicht ein Dreck, ein peinlicher.
„… in einem Flächenstaat von der Größe Deutschlands …“
Ich las „in einem Flaschenstaat“. Das werde ich jetzt häufiger tun. :)
Hat schon jemand die neuen Reklametafeln einer großen, internationalen Schnellimbisskette gesehen (und gereadet)? Die Grundfarbe in Niggemeier-Grün. Ein echter Hingucker. (Eicatcher sagt man man ja wegen Dioxin nicht mehr.)
@B. Schuss #152
Richtig, aber das gilt auch in die andere Richtung. Wenn man aber nicht will, dass sich bestimmte Begriffe, z.B. Fremd- und Lehnwörter, durchsetzen, dann kann man sich genauso gut dafür einbringen. Ich billige den „Anglizismenjägern“ genauso ein Mitspracherecht zu wie den „Sprachpanschern“, was mich wohl dann von beiden Gruppen unterscheidet.
@Stefan Niggemeier #153
Ich finde es bedenklich Menschen öffentlich auszuschließen, bloß weil sie keine Fremdsprachen (oder nicht eine gewisse Fremdsprache) beherrschen. Große Teile der Bevölkerung werden, wenn sie nicht gerade vor dem Schaufenster stehen, Ihnen wahrscheinlich nicht beantworten können, was „sale“ bedeutet. Ich würde meine Großmutter (die sehr wohl gerne Kleidung einkaufen geht und keine Greisin ist) dazu zählen.
Wenn die Leute aus den Prozentzeichen erkennen, dass hier ausverkauft wird, warum genau hilft es denn dann, wenn „SALE“ daneben steht? Wo ist der Mehrwert? Es geht um Selbstdarstellung und Abgrenzung: Wir sagen „SALE“, denn wir sind „in“ und wenn du uns nicht verstehst, dann bist du „out“.
Sie können es drehen und wenden: Sie machen aus dieser Werbenummer keine Kundeninformation.
Wenn ich zum Franzosen um die Ecke gehe, dann begrüßt er mich mit „Bonjour“ und es gibt erstmal einen Apéritif und ein Amuse-Bouche. Die Karte ist auf französisch, die Weine aus Frankreich und haben wie auch die Speisen französische Namen. Der Kellner hat einen starken französischen Akzent. Und genau weil das dort alles so ist wie es ist, gehe ich gerne da hin. Das Lustige ist ja, dass ich mal stark davon ausgehe, dass sich gerade diejenigen, die sich hier am meisten über „foot long“ echauffieren, im französischen Restaurant kein Problem damit hätten, dass nicht ausschließlich in astreinem Deutsch kommuniziert wird. Aber halt, das ist natürlich etwas anderes, weil Grande Nation und la culture und oh là là. Und nicht so ein amerikanischer Unterschichtenfraß.
Meine Güte, dieser Sandwichladen ist amerikanisch, wieso sollen denn dann die Speisen keine amerikanische Namen haben? Man geht doch da rein, weil man auch den bestimmten amerikanischen Flair will (also ich nicht, weil diese Kette mir unsympathisch ist, aber darum geht es ja hier nicht). Soll ich eigentlich, wenn ich mir nen Döner kaufen will, auch darauf bestehen, eine „Semmel mit geschnetzeltem Fleisch, Gemüse und Knoblauchsauce“ zu bestellen? Meine Güte, manche Leute haben echt Probleme.
Und zum Thema „Sale“: Man muss die Leute in Deutschland trotz PISA ja nun auch nicht für dämlicher verkaufen als sie sind. Dass es eine nennenswerte Gruppe von Menschen gibt, die das nicht versteht, halte ich für ausgemachten Unsinn. Ich persönlich finde es zwar auch bescheuert, aber man muss ja nicht wegen jedem Schmarrn gleich den Untergang des Abendlandes ausrufen…
@inga
Und Bahnfahren mach ich auch wegen des amerikanischen Flairs und freue mich deshalb auch so sehr über Service Point und Lost & Found?
@ struwwelpeter: Transportmittel haben die Eigenart, von Reisenden benutzt zu werden. Darunter gibt es viele, die kein Deutsch können. Es ist sinnvoll, wichtige Orte so zu bezeichnen, dass möglichst viele Reisende wissen, was gemeint ist. Und auch wenn das ein Stachel in Ihrem patriotischen Fleisch ist: Englisch ist nunmal die Weltsprache. Ich jedenfall fand es recht praktisch, dass ich letztens in Mailand die Schilder in der U-Bahn entziffern konnte. Aber huhhh, wahrscheinlich stirbt jetzt das Italienische gleich nach dem Deutschen aus…
@inga
Die Möglichkeit einer zweisprachigen Beschriftung ist Ihnen schon in den Sinn gekommen?
Nein. Nie. *augenroll*
@inga
Wird französisches Essen besser oder französischer, wenn man es nicht (auch) auf Deutsch in die Karte schreibt? Glauben Sie im Ernst ein Franzose würde im Subway in Paris ein „footlong Sub“ bestellen?
Sehen Sie, das ist der Unterschied. Ich halte diese Gruppe für nennens- und beachtenswert.
Exakt. Die Mehrheit der Reisenden erwartet in Deutschland deutsche Bezeichnungen. In den meisten Ländern ist die englische Bezeichnung, wenn es sie denn zusätzlich überhaupt gibt, unter der Landessprache geschrieben. Ich habe nichts dagegen, dass „Lost & Found“ draufsteht; es würde doch aber nicht schaden, wenn oben drüber „Fundsachen“ steht. Und es müsste sich seit 2009 vieles verändert haben, aber damals war die Beschilderung in der Mailänder Metro noch hauptsächlich auf Italienisch und auch teilweise auf Englisch.
@ struwwelpeter (#160): Ne, da ist es nicht amerikanisches, sondern englisches Flair. Die Bahn haben wir, glaube ich, von den britischen Inseln. Ssänk juh for träwwelink wiss Deutsche Bahn. Gut bei änt auf Wiedersehen.
Und (re. #162) zweisprachig? Das wäre dann Service Point (Englisch) und Servicepoint (Deutsch)? :D
Ja, ich finde, dass das Erlebnis, beim Franzosen essen zu gehen, noch französischer wird, wenn die Karte auf französisch ist. Würde mir ein Kellner die Karte mit indischem Akzent auf deutsch mit griechischer Hintergrundmusik erklären, wäre das vielleicht auch ein netter Abend, aber er wäre nicht sehr französisch. Und was „ein“ Franzose bei Subway bestellen würde oder nicht, ist mir ehrlich gesagt völlig wumpe. Ich finde die leider durchaus verbreitete Spracharroganz der Franzosen nämlich eher nervig und mitnichten nachahmungswert.
Ich weiß ja nicht, wann Sie das letzte Mal mit der Bahn unterwegs waren, aber auch in Deutschland ist die Beschilderung hauptsächlich in der Landessprache. Da ändert auch ein „Lost&Found“ oder „Service Point“ nichts dran. Was soll also der Unsinn?
@gnaddrig
Wohl kaum. Deutsch: Kundendienst, Information, Infoschalter; Englisch: helpdesk, customer care, service desk
@inga
Ach, Bezeichnungen für Kunden in Landessprache zu fordern ist Unsinn? „Lost & Found“ und „Service Point“ ändern nämlich so ziemlich alles daran. Wenn man nämlich unnötigerweise einen Teil der Kunden durch Fremwörter ausschließt und das dann noch für besonders guten Kundendienst hält, hat man irgendetwas nicht verstanden.
@ struwwelpeter und VonFernSeher: Da gehe ich mit Ihnen ziemlich konform, die Denglifizierung bei Bahn, Telekom u.v.a.m. ist überwiegend nervig. #165 war ein der späten Stunde und dem Rotwein geschuldeter Versuch witzig zu sein. Prost und gute Nacht.
@gnaddrig
Nachmittags um halb fünf ohne Rotwein ist der nicht angekommen. In anderem wrapping hätte der aber vielleicht potential gezeigt von mir compliance zu earnen. Gute Nacht!
Wenn ich französisch essen gehe, dann erwarte ich eine 2-sprachige Karte, französisch wg. des Flairs, und deutsch, weil mein Französisch so stark nicht ist. Ich will ja französisch essen, nicht lesen.
Und der große Unterschied zum Döner ist, dass mich dort mutmaßlich ein Anatole bedient, der wirklich aus der Türkei stammt, aber bei Subway rechne ich nicht mit echten Amerikanern, weil es wohl eine Franchiseklitsche ist.
Wenn ich nach Polen oder Portugal fahre oder fliege, dann packe ich mir ein Wörterbuch ein für Reisebriffe – einem nicht durch und durch verblödeten Ami traue ich jedoch zu die Gemeinsamkeit von ‚Fundsachen‘ und ‚found‘ selbständig herzustellen, und sich alternativ selbst ebenfalls bei Langenscheidt, Pons oder Dingens zu bewaffnen.
Die Briten kommen eh nicht, denn schlechtes Wetter haben sie selbst, und Amis fahren auch nicht mit der Bahn, sondern sind es gewohnt zu fliegen. Sollen sich doch alle in einer Airport-Lounge versammeln, und ein foot long German Döner essen, um was von unserem Flair einzusucken.
In 5 Jahren beschriften wir dann alles neu, auf indisch und chinesisch.
@inga
Wir haben wohl eine gänzlich unterschiedliche Vorstellung davon, was Unsinn ist und was nicht.
Und Spracharroganz? Ist damit die stolze Benutzung der eigenen Sprache anstelle eines oft genug falschen oder zumindest falsch ausgesprochenen Englisch gemeint? In diesem Sinne bin auch ich gerne „spracharrogant“, auch wenn mein Englisch das Tageslicht nicht zu scheuen braucht.
Und Ihr Aussehen? Lassen Sie mich raten, das kann sich hören lassen, oder?
Dieser Mythos ist auch nie tot zu kriegen, oder?
Viele glauben, dass unser Vokabular ein geschlossenes System sei und wir neue Wörter nicht lernen können. Wenn also meine Oma kein Englisch kann, dann versteht sie einscannen deshalb nicht, weil sie am Computer den Einschaltknopf nicht finden würde und daher das Konzept nicht kennt. Das ändert auch nichts, wenn ihre Umgebung vom „Einlesen“ spricht.
Verständnis von Anglizismen hat also nichts mit dem Englischniveau zu tun. Es gibt ja auch einen Haufen deutscher Wörter, die wir nicht kennen, deren Sinn sich uns aber im Kontext erschließt. Und wenn wir nicht wissen, was es bedeutet, fragen wir eben nach („Was bedeutet X“ – „Z.B. wenn, ….“). Darunter fiele auch „Sale“ – wenn nicht schon sein Vorkommen in freier Wildbahn ziemlich offensichtlich wäre.
Und nein, „Sale“ ist nicht das Gleiche wie „WSV/Winterschlussverkauf“. Sale ist das ganze Jahr über. Auch wenn der gesetzliche WSV in einen freiwilligen übergegangen ist, ist er doch noch ziemlich eindeutig eingrenzbar. Im Sprachgebrauch hat sich „Sale“ meines Wissens nicht eingebürgert.
Auch so ein beliebter Trugschluss vieler, die den Anglizismen zuviel Zerstörungswut und seinen Nutzern zuviel heiße Luft unterstellen: Es fragt doch am Bahnhof niemand: „Wo ist das Lost&Found?“ sondern „Wo finde ich die Fundstelle?“. Natürlich wäre Information genauso verständlich und international wie Servicepoint. Das Entscheidende ist aber, dass es schon fast wie Eigennamen sind, die seltenst in den wirklichen Sprachgebrauch übergehen.
(Die „Horrorbeispielsätze“, in denen jedes zweite Wort ein Anglizismus ist, sind einfach keine Abbildung des Sprachgebrauchs sondern eine völlig überzogene Darstellung von Anglizismenjägern mit imminentem Bluthochdruckproblem.)
meine güte, ich versteh einfach nicht, warum einige nicht unterscheiden können zwischen produktNAMEN und produktMENGE.
ein „clubsandwich“ oder „bigmac“ oder wasweißich ist ein eigenname in einer anderen sprache. damit hab ich nicht das geringste problem.
aber warum muss denn die GRÖSSEN- oder MENGENangabe mancherorts ausländisch und möglichst undurchsichtig sein?
warum kann man statt „Short, Tall und Grande“ nicht einfach „klein, mittel, groß“ sagen? übersetzt hieße es aber kurz, groß und riesig. ja, und mittel? normal? gibts wohl nicht.
warum ist ein ganzes sandwich kein ganzes sandwich sondern ein „foot long“?
wenn ich einen „großen schoco latte“ will und man mich dann mit „tall“ korrigiert, oder man mich fragt, ob ichs (phonetisch) „futlong“ haben will und ich dann erst einmal nachfragen muss, was der jetzt von mir will, komm ich nicht umhin, mich ein wenig vera****t zu fühlen.
mit dem wort sale hab ich keine probleme, auch wenn ichs nett finde, dass in spanien dann lauter schriftzüge mit „rebajas“ werben. dort heißt der „mac chicken“ übrigens „mac pollo“, weil die spanier überwiegend nicht so gut englisch können.
eine umbenennung bei uns in „mac huhn“ fänd ich sehr affig, da es wie gesagt ein eigenname ist.
zu früh abgeschickt:
…eigenname ist.
wie ich schon sagte ist es völlig normal, dass sich fremdsprachliche begriffe in eine sprache hineinmischen.
im bereich it benutz ich mangels deutscher entsprechungen ja auch die ganzen englischen begriffe und es stört mich nicht im geringsten.
aber ich finds völlig unsinnig, auf teufel komm raus sachverhalte unnötig verkomplizieren zu müssen, nur damits weltmännisch und möglichst nicht deutsch und „hausbacken“ klingt.
das gesunde mittelmaß wäre gefragt und nicht das eine extrem (möglichst alle fremdsprachlichen einflüsse zu unterbinden versuchen) oder das andere (für so viele worte wie möglich fremdsprachige benutzen, weils cooler klingt als das deutsche).
@VonFernseher, #158:
Was reden Sie denn da ? „Ausgrenzung“ ? „Selbstdarstellung“ ? Es ist ein Werbemittel, mehr nicht. Der Versuch, möglichst viele Menschen in das eigene Geschäft zu locken. Mit Information hat das nichts zu tun. Sie sagen es doch selbst: es ist Werbung.
Und dafür eignet sich halt ein möglichst kurzer, einfacher, plakativer Begriff am besten.
Ausserdem habe ich auch schon Geschäfte gesehen, die tatsächlich „Reduziert“ oder ähnliche deutsche Begriff auf ihre Schaufensterscheiben kleben. Jeder halt so, wie es ihm gefällt.
Ich finde zudem, dass Begriffe wie „Sale“, oder auch „Service Point“, oder von mir aus auch „Lost & Found“ inzwischen einfach zu einem modernen Wortschatz dazu gehören. Wer einmal in seinem Leben Englisch gelernt hat, mal woanders als in Deutschland im Urlaub war, oder einfach nur ein wenig am heutigen gesellschaftlichen Leben teil nimmt, weiss, was diese Begriffe bedeuten.
Wir benutzen ja auch Begriffe wie e-mail, Web, bloggen, chatten.
Das ist dann auch keine Ausgrenzung anderer Menschen, sondern einfach bloss Teil einer normalen Entwicklung der Alltagssprache, die sich der Entwicklung / Veränderung der Gesellschaft anpasst.
Und in einer globalisierten Welt, in der Deutschland nicht der Mittelpunkt, sondern nur ein winziger Teil ist, bedeutet das halt auch, dass hier und da mal fremdsprachige Begriffe Einzug in unseren Alltag halten.
Das durch irgendwelche Vorschriften reglementieren zu wollen, halte ich nicht nur für praktisch undurchführbar, sodern es wäre – selbst wenn es gelingen könnte – aus meiner Sicht ein unzulässiger Eingriff in die Freiheitsrechte des einzelnen.
Oder will hier jemand den Menschen ernsthaft vorschreiben, wie sie reden sollen ?
@oasenhoheit, #174:
naja, eben weil diese Begriff in der heutigen Welt der Marken ( ich hätte auch „Brands“ sagen können, das hätten sie doch auch verstanden, oder ? ) auch Teil der Corporate Communication der dahinter stehenden Unternhmen sind, mit deren Hilfe sie sich von Konkurrenten abheben. Werbung halt.
Belegte Baguettes kann jeder verkaufen, aber wenn ich von einem „footlong sub“ spreche, was meine ich da normalerweise ? Genau..
Bei dem von Ihnen beschriebenen Kaffeeröster ist es genau. Mit diesen Begriffen versuchen die Unternehmen, die Kunden an sich zu binden, und eine Marke zu etablieren, an die die Kunden sich erinnern.
Das hat dann auch nichts damit zu tun, die Sache möglichst undurchsichtig zu gestalten, und es ist auch kein Angriff auf die deutsche Sprache. Es ist einfach ein normaler Teil des Kommunikationsverhaltens moderner, international agierender Unternehmen.
@suz
Also wenn ich Ihre Oma wäre, würde ich den Satz „Ich kann dir das Dokument mal in den Rechner einlesen.“ vielleicht nicht vollständig verstehen, aber ich würde eine Ahnung davon bekommen, was gemeint ist.
@B.Schuss
Wenn es das Alleinstellungsmerkmal von SUBWAY ist, die Produktgrößen durch fremdsprachige Angaben zu verschlüsseln (und gegebenenfalls zu verschleiern), dann ist das ganz schön wenig, oder?
@Olly
Ja, das kann sich hören lassen, auch weil ich nur ganz wenige gespaltene Haare hab.
Wenn Sie in einem Kommentar, der Ihre Spracharroganz damit rechtfertigen soll, dass Sie diese Sprache fehlerfrei beherrschen („die stolze Benutzung der eigenen Sprache anstelle eines oft genug falschen Englisch“), eben diese Sprache fehlerhaft benutzen, ist es keine Haarspalterei, dies zu monieren. Sie müssen mir da nicht zustimmen. Ich würde mich freuen, wenn wir so wenig Gemeinsamkeiten wie möglich hätten.
Seien Sie doch einfach Stolz darauf, mir einen Fehler vorhalten zu können. Es mag Ihren Stolz vielleicht ein wenig mindern, wenn zwischen fehlerhafter Sprachbenutzung und einer misslungenen Metapher ein Unterschied besteht, aber ein kleines bisschen bleibt vielleicht trotzdem übrig.
Möge es Ihnen den Tag versüßen.
@struwwelpeter:
von Alleinstellungsmerkmal habe ich nix geagt. Es ist ein Teil einer Gesamtstrategie, ein Teil der Corporate Communication. So wie andere Unternehmen ihren Produkten auch bestimmte Namen geben, um sich von ähnlichen Produkten der Konkurrenz abzuheben.
Der Big Mac heisst ja auch nicht zufällig so. Oder der Whopper.
Oder dat Ding von der Telekom, das sich „Call & Surf“ nennt.
Das sind alles keine Angriffe auf die deutsche Sprache, oder der Versuch, irgendwen auszugrenzen. Alles bloss Branding.
Klar könnte man dafür vermutlich auch deutsche Begriffe finden.
Und es gibt ja auch durchaus regionale Unterschiede.
Aber manchmal bieten halt – zumindest nach Meinung der Werbefuzzis – nur fremdsprachige Begriffe die Art von Wiedererkennungswert, den sich die Unternehmen wünschen.
Klar nimmt das manchmal komische Formen an. Aber deswegen gleich den Untergang der deutschen Sprache / Kultur zu beschwören, wie das manche hier tun, das scheint mir doch etwas übertrieben.
Zumal auch die gegenteilige Bewegung, also der krampfhafte Versuch, für wirklich jeden etablierten, sinnvollen, aber aus einer fremden Sprache entlehnten Begriff eine deutsche Entsprechung zu finden, seltsame Züge annehmen kann.
Ich seh das nicht so eng. An dem Punkt, wo wir uns untereinander nicht mehr verständigen können, sind wir noch lange nicht.
@suz #173
Natürlich können wir neue Vokabeln lernen, wenn es neuer Vokabeln bedarf. Sprache ist zuallererst ein Mittel zur Verständigung und dann erst ein Metainstrument, um meine Gefühle, meine soziale Einordnung oder meine Absichten auszudrücken. Wenn mein Gegenüber meine Kodierung nicht versteht, kann ich mir auch meine Metaebene an die Backe schmieren.
@B. Schuss #176
Das Verhältnis vomm Anbieter zum Kunden besteht aber nicht nur aus Anwerbung und Markenpflege. Anschriften über Schaltern und Eingängen, Mengen- und Größenangaben sowie Produktbezeichnung müssen schon auch noch Information transportieren.
Und auch wenn die Bahn u.ä. das gerne anders darstellen: Die Mehrheit ihrer Kunden spricht immer noch zuverlässig besser Deutsch als Englisch.
#177
Wenn es also durch mein eigenes Verhalten Teil meiner Corporate Identity wird, dass ich die Muttersprache meiner Kunden nicht mehr spreche, habe ich ganz schnell einen kapitalen Markenschaden. Die Bahn ist dafür ein gutes Beispiel.
#181
Branding ist natürlich der Versuch sich abzugrenzen. Und damit bildet man schon automatisch eine Schnittmenge.
Es ist ein Widerspruch wenn man einerseits behauptet, daß englischsprachige Begriffe verwendet werden, weil es keinen adäquaten Begriff auf Deutsch gibt, der den Proponenten eingefallen wäre, aber andererseits jeder Opi, auch wenn er kein Englisch gelernt hat – wobei Ostdeutsche oft nur dann Englisch gelernt haben, wenn sie nach 1990 mit einer zweiten oder ersten Fremdsprache im regulären Schulunterricht konfrontiert wurden, d.h. wer 1990 15 war, und heute 36, der kann’s eben oft nicht – wenn also jeder Opi schon aus dem Kontext erkennen soll, was es heißt.
Ich hatte Englisch in der Schule, aber da nie das Wort Lounge durchgenommen, und Vielflieger bin ich auch nicht. Ja, man bildet sich dann aus dem Kontext eine Vorstellung, und manchmal stimmt sie, aber nicht ganz, und manchmal liegt man auch ganz daneben. Schnappt man das Wort en passant auf, dann hat man es wohl auch wieder vergessen, wenn man in Reichweite eines Wörterbuchs ist. Man lernt auch oft das Wort nicht in all seinen Bedeutungen kennen, sondern nur in einer einzigen, und hält sich für klüger als man ist.
Die Österreicher haben – so mein Eindruck – häufiger Eigenbildungen, die lockerer wirken und selbstbewusster. Sie sagen zum Beispiel Stromgitarre, das klingt doch cool, und Bank-o-mat, das ist doch pfiffig. Ah – da haben wir keine Anglizismen? Aber sprachliche Neubildungen sind es doch, und derartiges würde ich mir mehr wünschen.
Gegen einen Cheeseburger hier und da habe ich nichts, aber es muss im Rahmen bleiben, es sollte niemanden ausgrenzen, und ich will nicht das Sprachbranding für Konzerne betreiben.
Einfach mal zum Service Point gehen und nach dem Weg zum Informationsschalter fragen.
@VonFernsehe:
„Das Verhältnis vomm Anbieter zum Kunden besteht aber nicht nur aus Anwerbung und Markenpflege. Anschriften über Schaltern und Eingängen, Mengen- und Größenangaben sowie Produktbezeichnung müssen schon auch noch Information transportieren.“
Oh, absolut. Weswegen es auf internationalen Flughäfen, Bahnhöfen, etc. üblich ist, diese Art von Informationen durch Piktogramme zu vermitteln. Die vermitteln Informationen zuverlässig über Sprachgrenzen hinweg. Oder ist Ihnen das auch schon zu viel ?
Und für Angaben zu Größen und Mengen gibt es internationale Systeme, nach denen sich tatsächlich auch Subway richtet. Zumindest auf ihrer Homepage lässt sich problemlos herausfinden, wie lang ein „Footlong“ in cm ist ( es sind 30, was eigentlich schon wieder irreführend ist, denn wie jedes Kind weiss, sind ein Foot bekanntlich 30,48 cm, nicht 30. Aber wir wollen mal nicht so sein ).
Und meiner Erinnerung nach ist das auch in den Filialen entsprechend angegeben.
Aber warum sollte das Subway daran hindern, dieses Produkt „footlong“ zu nennen ? Tatsache ist, dass eine solche Bezeichnung vom reinen Informationsgehalt her ( wenn Ihnen das schon so wichtig ist ) wesentlich mehr zu bieten hat, als z.B. „Whopper“.
Denn da kann ich vom Namen überhaupt nicht auf das Produkt schliessen ( ausser, ich kenne es schon ). Beim „footlong“ kann man zumindest von der Bezeichnung auf die Größe schliessen.
Aber ich schweife ab. Worauf ich hinaus will: es kann natürlich hilfreich, ja sogar sinnvoll ein, wenn der Name eines Produktes auch Informationen vermittelt. Und ja nachdem, wo man ein solches Produkt anbietet, mag es sogar ebenfalls hilfreich und sinnvoll sein, dies in der Landessprache zu tun.
Aber muss man das generell fordern ? In der Werbung und in der CC geht es eben nicht nur um Informationsvermittlung. Es geht um Emotionen, um Leidenschaft, um die Etablierung einer Marke.
„Wenn es also durch mein eigenes Verhalten Teil meiner Corporate Identity wird, dass ich die Muttersprache meiner Kunden nicht mehr spreche, habe ich ganz schnell einen kapitalen Markenschaden. Die Bahn ist dafür ein gutes Beispiel.“
Die Bahn transportiert viele Menschen. Davon auszugehen, dass die Muttersprache aller dieser Menschen deutsch ist, klingt doch etwas vermessen. Abgesehen davon: Sie sind doch so gegen das Ausgrenzen. Erscheint es Ihnen da sinnvoller, lieber die Menschen auszugrenzen, deren Muttersprache nicht zufällig deutsch ist, die aber trotzdem gerne verstehen würden, was der freundliche Zugführer im ICE durchsagt ?
Und wenn die Marke der Bahn beschädigt wird, dann doch eher durch schlechten Service, unpünktliche Züge, zu hohe Fahrpreise, oder miese Performance im Winter. Ob ein Info-Schalter der Bahn da „Service-Point“ heisst, dürfte den meisten Fahrgästen eh schnurzegal sein. ^^
„Branding ist natürlich der Versuch sich abzugrenzen. Und damit bildet man schon automatisch eine Schnittmenge.“
Abgrenzung des Produktes zur Konkurrenz, vielleicht sogar Ansprache einer bestimmten Zielgruppe, ja.
Aber nicht Ausgrenzung. Das wäre ja eher kontraproduktiv.
Ausser natürlich, es ist Absicht. Dann ist es vermutlich eine Strategie. ;)
Die „Public Viewing“-Sage von der aufgebahrten Leiche steht hier bislang unwidersprochen im Diskussionsraum (#88). 11 Freunde haben das mal ganz schön klargestellt und sich – ach kuck! – auf Aussagen von Prof. Stefanowitsch bezogen.
Here closes the circle himself, würde Sarah K. wohl sagen.
http://www.11freunde.de/international/130325
@B.Schuss: ‚Aber warum sollte das Subway daran hindern, dieses Produkt „footlong“ zu nennen.‘
In Europa wurde das metrische System eingeführt, weil jedes Menschen Elle unterschiedlich lang ist, vom Fuß ganz zu schweigen.
Und da in unseren Breiten ‚Fuß‘ keine gängige Längenangabe ist denkt man bei foot unwillkürlich an Fuß – das Körperteil. Und wenn man eine Stulle essen will, dann ist es unappetitlich an Füße zu denken.
Jemand, der von klein auf mit Fuß – dem Maß – hantiert, kommen sicher keine Schweißfüße in den Sinn. Aber hierzulande eben schon.
B.S.: ‚Die Bahn transportiert viele Menschen. Davon auszugehen, dass die Muttersprache aller dieser Menschen deutsch ist, klingt doch etwas vermessen.‘
Wen wollen Sie denn da hinters Licht führen? Wenn man einen Vergleich anstellt, dann muß man doch die Leute gegeneinander aufrechnen, die kein Englisch können gegen die, die kein Deutsch können. Weder muss es Deutsch als Muttersprache sein, noch müssen es alle sein.
Was sagt man denn dem Polnischen Touristen, der mit einem polnischen Deutsch-für-Reisende-Buch unterwegs ist, und keine deutschen Begriffe mehr findet?
Meine Güte, dann essen Sie das belegte Brötchen halt nicht! Ist ja in Ordnung, das bescheuert zu finden, finde ich doch auch. Aber wieso muss man gleich etwas von Angriff auf unser schönes Deutsch daherschwadronieren oder nur, weil es einem gerade in die Argumentation zu passen scheint, behaupten, man hätte Verständigungsprobleme, wenn man in gutem altem Deutsch nach ’ner ganzen Stulle fragen würde? Oder als nicht-englischsprachiger Deutscher käme man bei Bahnreisen nicht mehr zurecht, weil drei von 1000 Schildern auf Englisch sind? Sorry, aber ich finde es einfach nur lächerlich, wenn man derartig mit Kanonen auf Spatzen schießt. Es reicht doch völlig, zu sagen: Find‘ ich doof. Geht mir übrigens oft genug auch so. Unsere schöne Sprache hat, wie ja hier auch schon mehrfach geschrieben wurde, noch ganz andere Modeerscheinungen überstanden und ist trotzdem nicht verarmt.
Liebe Inga, wer schwadroniert denn über einen Angriff daher? Ich habe nix gesehen.
Hyperventilieren _Sie_ mal nicht so – sie können einfach nochmal durchatmen, und weiter Ihr Denglisch pflegen.
Ich habe wirklich schon in einem Klamottenladen gestanden, und nicht gewußt, was all die Bezeichnungen bedeuten. Es hingen aber gewöhnliche Kleidungsstücke an den Ständern. Und die Schilder waren alle englisch – nicht 3 von 1000, sondern alle. Vielleicht nicht in Ihrem Dorf …
Englisch hin oder her, der gefühlz größte Teil ist Marketing.
Warum werden hierzulande auf einmal „Shot-Gläser“ für alkoholische Getränke verkauft?
Zielgruppe dürften eher jüngere Leute sein, die die sprachliche Herkunft des Wortes „Schnaps“ nicht kennen….und daher auch kein Schnapsglas.
Mein Denglisch? Wie oft soll ich eigentlich noch schreiben, dass ich es bescheuert finde?
Ja, München wird gerne als Millionendorf belächelt, daher kann es natürlich sein, dass ich nur deshalb keine Verständnisprobleme im täglichen Leben habe, weil hier alles so provinziell ist…
@B. Schuss
Ich weiß nicht, wo genau Sie bei mir herauslesen, dass ich Subway verbieten möchte, sein 30 cm langes belegtes Brötchen als „footlong“ zu verkaufen (oder ähnliches). Das Beispiel irgendwo ganz da oben in dieser Spalte sprach davon, dass man teilweise schon vom Personal ins Englische berichtigt würde. Das sind wohl zwei verschiedene Sachen. Und natürlich gibt es auch englische Werbebegriffe, die deutschen Kunden Information vermitteln, wie z.B. „99ers“ oder „McRib“. Dass aber der Durchschnittsdeutsche auf Anhieb weiß, wie lang ein Fuß in Zentimetern ist, wage ich zu bezweifeln. Da hätte ich sogar dem Viertelpfünder bessere Chancen eingeräumt.
Bei der Bahn liegt die Sache etwas anders. Das, was die macht, ist schlechter Kundendienst. Und wenn man eh schon so einen tollen Ruf hat, sollte man nicht unbedingt noch einen drauflegen. Bei Subway wäre das dann damit zu vergleichen, wenn man die Toiletten nurmehr mit „Rest Room“ bezeichnet.
Warum Sie annehmen, ich hätte ein Problem mit Piktogrammen, weiß ich nicht. Ich war schon oft froh welche zu sehen, wenn ich die einheimische Sprache nicht oder nicht gut genug verstand. Ich lebe in einer spanischsprachigen Umgebung und spreche auf der Arbeit Englisch. Ich habe kein Problem mit Fremdsprachen, sondern nur damit, wenn man Menschen in ihrer eigenen Heimat drängt eine Fremdsprache zu lernen um den Alltag bewältigen zu können.
@Stefan W.:
ich will niemanden hinters Licht führen. Ich sage nur, dass es einem Unternehmen wie der Bahn gut zu Gesicht stünde, die Tatsache zu respektieren, dass auch Menschen ihre Züge benutzen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Eben weil Reisende auch gerne mal aus anderen Ländern kommen.
Ich war z.B. im November in München, und da gab es in der U-Bahn die Durchsagen bezüglich der Haltestellen zur Messe auch auf Englisch. Und zwar nicht, weil die Münchner Verkehrsbetriebe den Untergang der deutschen Sprache fördern wollten, sondern einfach, weil man dort die simple Tatsache respektiert, dass auch Menschen die kein Deutsch sprechen, gerne die Durchsagen verstehen, und an der richtigen Haltestelle aussteigen möchten.
Es ist einfach ein Service, den man seinen ausländischen Fahrgästen bietet.
Oder beschweren Sie sich auch über englische Durchsagen in Lufthansa-Maschinen ?
Und was den polnischen Touristen betrifft, machen Sie sich um den mal keine Sorgen. Der kann vermutlich Deutsch UND Englisch. ^^
@VonFernSeher:
wo bitte wird denn hier jemand gedrängt, eine Fremdsprache zu lernen, um seinen Alltag bewältigen zu können ? Das ist doch absurd. Wir reden hier von einigen wenigen Begriffen, meistens aus der Werbung, oder irgendwelche Produktnamen.
Da können Sie doch nicht ernsthaft behaupten, dass man deswegen seinen Alltag hier nicht bewältigen kann, wenn man nur deutsch spricht.
@B.Schuss (194.)
Zitat von Anatol Stefanowitsch:
„Nichts gegen die Alten, aber (…): Wenn man kein Englisch kann, lernt man es einfach!“
#194, @B.Schuss:
Niemand hat sich dagegen ausgesprochen, da, wo mit starken Touristenströmen zu rechnen ist, wie bei einer Messe, die Ansage 2sprachig zu gestalten. Das ist ein Service, ein Plus für die Gäste, ohne dass den Einheimischen etwas zugemutet wird, außer schlechtem Englisch Geblöke aus kratzigen Lautsprechern vielleicht.
Mich, und ich schätze nicht nur mich, nervt es, wenn die Bezeichnungen hier ausschließlich in Englisch vorgenommen werden, und das teils fern von Touristenströmen und von Leuten, die noch nie aus Marzahn hinausgekommen sind – aber mir erklären wollen, dass es ein footlongs-sub heißt.
Grüße nach München, Inga, ich meine mein Ton war etwas zu scharf, ich bitte um Pardon. :)
@B. Schuss #194
Wenn es nur um die Produktnamen ginge, hätte ich – ich wiederhole mich – kein Problem damit. Schließlich gibt es ja auch anderswo die „Pizza di Stefano“, den Eisbecher „Heiße Liebe“ oder den „kleinen Salat Akropolis“, die mir nichts, aber auch nichts über die besonderen Zutaten verraten. Dafür steht da ja dann meistens auch dabei, was reinkommt – eben keine italienischen Köche, kein griechischer Sandstein und auch keine höheren Mengen Pheromone.
Dort, wo die Gefahr besteht, dass Kunden deutliche Nachteile erleiden, weil sie „nur“ die Landessprache sprechen, ist es nicht mehr in Ordnung. Dann zum Beispiel, wenn der Koffer im Zug liegen geblieben ist, der nächste Zug in zehn Minuten abfährt und man nicht die richtige Anlaufstelle findet (und nein, es laufen nicht überall zwei Pentillionen hilfsbereite Bahnmitarbeiter rum, die die Aufschriften übersetzen oder einen gleich irgendwohin bringen können). Oder wenn man von seinem Telekomanbieter durch eine rechnergeführte, teure und denglische Tastenwahlsteuerung geschickt wird. Oder aber auch dann.
Für mich bilden Herr Stefanowitsch und der VDS* zwei Extreme, die beide der Sache nicht förderlich sind.
*Wobei das für Außenstehende wohl auch nicht so leicht zu erkennen ist. Nachdem Herr Hallervorden mich (und wahrscheinlich auch alle anderen in meiner damaligen Funktion) einst „persönlich“ angeschrieben hatte und für den Verein warb, habe ich mir, positiv gestimmt, das Infomaterial zukommen lassen und so erst mehr über die Sichtweisen und Ziele erfahren. Der Unterschied zwischen dem, was Prominente zum VDS sagen und dem, was dort manche wirklich denken, ist wohl vielen nicht bewusst.
@VonFernSeher: *hüstel*. Also wen ServicePoint auf einem Bahnhof so sehr ausgrenzt, dass er/sie deshalb auf der Suche nach Informationen seinen/ihren einen Anschlusszug verpasst, hat vermutlich ein deutlich größeres Problem, als einen Anglizismus.
@suz
Genau, der Kunde, der mich nicht versteht, hat das Problem. Blöder Kunde.
Bitte kreuzen Sie an, welcher Aussage Sie eher zustimmen würden. Die Aussagen müssen keine Gegensätze darstellen:
A: Ich bin gerne im persönlichen Kontakt mit dem Kunden.
B: Das selbsttätige Arbeiten in der freien Natur bereitet mir große Freude.
A ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ B
@VonFernSeher: ich wusste es, ich habe noch vergessen hinzuzufügen: …und hat die letzten Jahre vermutlich gar nicht in Deutschland gelebt. Also bitte, Service. Jetzt mal ehrlich! *kicher*
@suz
Ich weiß ja nicht, in welchen Zeiträumen Sie zu denken pflegen, aber ich vermute, Sie vermuten falsch. Und den Angelpunkt meiner Argumentation haben Sie immer noch nicht verstanden.
Noch eine Randbemerkung:
Es wurde weiter oben schon geschrieben – es ist interessant, dass zumindest in früheren Zeiten die Sprachpuristen und Framdworthasser sehr konstruktiv waren; sie haben unzählige Wörter erfunden, die wir heute täglich benutzen.
So hat z. B. Philipp von Zesen (1619 – 1689) unter vielen anderen folgende Wörter erfunden (also vor ihm gab es sie nicht):
Leidenschaft, Vollmacht (für plein pouvoir oder Plenipotenz), Vertrag (statt Kontrakt), Ausübung, letzer Wille, Gotteshaus, Verfasser, Augenblick, Abhang, Umgang.
Besonders „Leidenschaft“ ist doch eine geniale Erfindung. Das Wort klingt so, als wäre es aus der Tiefe der germanischen Sprachgemeinschaft aufgestiegen, dabei ist es ganz einfach sozusagen eine wörtliche Übersetzung von „Passion“. „Vertrag“ ist auch wirklich gut – darauf muss man erst mal kommen.
Der erfolgreichste unter den Sprachpuristen oder Fremdworthassern war wahrscheinlich Joachim Heinrich Campe (1746 – 1818). er hat folgende Worte erfunden:
Ursächlich, verwirklichen (für realisieren), gegenständlich, Feingefühl, Beweggrund (statt Motiv), Zerrbild (für Karikatur), Öffentlichkeit, eignen und geeignet (für qualificiert), prickelnd, Feldzug, Fehlgeburt, Mehrheit, rechtmäßig, Eigenname, altertümlich, Dienstalter (für Anciennetät), Sternwarte, handlich (für traitable), verantwortlich (für responsable), Sterblichkeit.
Man muss sich das vorstellen – all diese Wörte hat sich im 18. bzw. zu Anfang des 19. Jahrhunderts jemand ausgedacht, und sie wirken heute, 200 Jahre später, geradezu unheimlich modern (leider hat Campe auch „Fräulein“ erfunden).
Es gibt noch viele mehr erfundene Wörter d. h. Verdeutschungen für Fremdwörter, z. B.
Sturmwind, Kirchhof, Notwehr, Spielart, Denkzettel, Barschaft, Sippschaft, Begnadigung (diese Wörter erfunden von Opitz), Abhandlung (für Traktat), Lustspiel, Trauerspiel, Schauspiel, Briefwechsel, Wörterbuch, Rechtschreibung, Beschaffenheit, Staatsmann, selbständig, Entwicklung, Einteilung, Gegenstand, Gemeinwesen, Genauigkeit, Lehrsatz, schließlich, wahrscheinlich, Wahrscheinlichkeit…
Und so weiter.
Man kann also kaum sagen, dass die Sprachpuristen keinen konstruktiven Beitrag zur Enwicklung der deutschen Sprache geleistet hätten.
Manche Menschen benehmen sich wie Sprachveganer.
Sie zählen ständig Sachen auf die sie nicht essen.
Anders herum gibt es aber das Problem der Fettleibigkeit und diese kann bzgl. „facility managern“ durchaus unangenehm sein.
Dafür muß man nicht zu viele foot long Subs essen.
@suz
Sie verstehen nichts, gar nichts. Wenn durchgesagt wird, dass sich Herr oder Frau … bitte am Sörwisspeunt in der Bahnhofshalle melden sollen, dann klingt das nun einmal für viele Bürger dieses Landes so, wie ich es geschrieben habe. Und da ist dann auf einmal eine Verständnisschwelle, die nicht erforderlich wäre. Denn die Durchsage als solche erfolgt ja in deutscher Sprache für einen deutschen Reisenden.
Mit der Borniertheit eines Menschen, der Englisch spricht und versteht ist es leicht, sich über den kläglichen Rest (der weder kläglich ist noch ein Rest) lustig zu machen.
Warum kann man nicht „Reisendeninformation“ und „Traveller information“ schreiben, einmal für deutsche, einmal für ausländische Reisende. Warum muss ein ans englische angelehntes Kunstwort verwendet werden? Nur weil Sie es trotzdem verstehen?
„Reisendeninformation“ ist jetzt ein Witz, oder? Ich werfe mal das schöne Wort „Auskunft“ in die Runde.
(Aber bezeichnend, wenn einem schon egal ist, welches deutsche Wort da stehen soll, solange es nur deutsch ist.)
Ich finde den Beitrag von struwwelpeter für sehr bezeichnend, zeigt es doch, dass durch die Verwendung der fremdsprachlichen Begriffe tatsächlich die existierenden Deutschen vergessen werden. Reisendeninformation ist die wortwörtliche Übersetzung, weil struwwelpeter in dem Moment des Schreibens sicher nicht auf das deutsche Wort Auskunft kam. Der Herr Sick beklagt solche Rückeindeutschungen ja auch mit Hingabe („Sinn machen“), und das Thema war auch schon mehr als einmal Thema im Sprachblog, aber zumindest ich kann dieses Phänomen für mich bestätigen. Wenn ich überwiegend englische Texte/Filme/Audio zu einem Thema aufnehme und das dann jemandem auf Deutsch erklären möchte, rutschen einem automatisch englische Begriffe, Rückübersetzungen und ähnliches hinein, auch wenn es eigenständige Wörter im Deutschen dafür gäbe. Natürlich kennt man diese, aber man wendet sie einfach nicht mehr aus Mangel an „Übung“ an. Und in diesem Sinne führt das meiner Meinung nach schon zu einer Sprachverarmung. Natürlich ist es Unsinn, dass mit Paragraphen oder auf sonst eine Art und Weise regeln zu wollen. Aber trotzdem, um es mit einem schönen Spruch zu sagen: Makes you think…
Bin für „queueing“ statt „sich anstellen“.
@Alberto: *fap*
Was ich BEZEICHNEND finde:
Kommentator Mathias findet es bezeichnend für die Entfremdung von der eigenen Sprache, die hierzulande gerade erfolgt, wenn mir (ansonsten wohl eher nicht auf den Mund gefallen) der richtige deutsche Begriff gar nicht mehr in den Sinn kommt.
Hausherr Niggemeier findet das wiederum nur bezeichnend für meine Person (Wenn „einem“ …). Da wird die Sachebene nur allzu gerne verlassen, um persönlich zu werden. Da ist es wie so oft wichtiger, wer etwas sagt, als das, was gesagt wird. Gut und Böse, schwer auseinanderzuhalten? Das war gestern. Hier ist das alles ganz einfach. Mir scheint fast, da ist jemandem der Ruhm und die andauernde Bestätigung „ein wenig“ zu Kopf gestiegen. Aber auch da wird man mich zügig eines Besseren belehren.
@struwwelpeter
… und mir scheint es, dass Sie sich gerne angegriffen fühlen und durch die Wahl ihrer Sprache das forcieren…
Mir ist übrigens gerade aufgefallen, dass ein Service Point mehr ist, als nur eine reine Auskunft. Da das Wort „Service“ eingedeutscht ist und im Duden steht, kann die Diskussion sich nur um das Wort „point“ drehen und der Begriff eigentlich „Service-Punkt“ heißen müsste. In den Niederlanden heißt der Begriff deswegen „servicepunt“.
Ich, mich gerne angegriffen fühlen, was fällt Ihnen ein… !?!?
;-)
Aber ist ein Wort denn eingedeutscht, wenn es im Duden steht? Gerade der Duden rennt doch in den letzten Jahren jeder noch so fragwürdigen Entwicklung hinterher, anstatt konservierend und standardisierend wirken zu wollen.
Man mag über einige Begriffe denken können, was man will. Aber wenn anstatt „im Zug zum Flug“ oder ähnlichem immer nur noch „Rail & Fly“ gesagt wird, dann hat das etwas willkürlich Mißachtendes unserer Sprache gegenüber. Traurig finde ich das vor allem, da viele unserer Nachbarn, obwohl größtenteils Sprecher deutlich kleinerer Sprachen, wesentlich mehr Sorgfalt walten lassen.
In Dänemark heißt ein Mousepad nicht mousepad und eine Homepage nicht homepage. Ich vergaß: Ganz verbohrtes, wenig weltoffenes Volk da oben.
„In Dänemark heißt ein Mousepad nicht mousepad und eine Homepage nicht homepage.“
Sondern wie?
Besserwisser spielt jeder gerne: „musemåtte“ (Mausmatte) und „hjemmeside“ (Heimseite). Es gibt viele derartige Beispiele, und ja, ich finde, das zeugt von etwas mehr Bewusstsein für Sprache und ja, ich glaube, es wirkt weniger ausgrenzend gegenüber Menschen ohne Englischkenntnisse.
@ struwwelpeter (#211): Der Duden hat nicht die Aufgabe, konservierend zu wirken, sondern den aktuellen Wortschatz der deutschen Sprache abzubilden. Der Duden soll also dem Volk aufs Maul schauen und aufschreiben, was da so rauskommt. Wenn die Leute Denglizismen benutzen, landen die natürlich auch irgendwann im Duden.
Und selbstverständlich wirkt der Duden standardisierend: Er normiert die Schreibung der Wörter nach den aktuellen Rechtschreibregeln und liefert Definitionen für die Stichwörter. Auch wenn letztere nicht präskriptiv sind, haben sie doch eine vereinheitlichende Wirkung.
Ob die Dänen ein verbohrtes, wenig weltoffenes Volk sind, weiß ich nicht. Aber sie haben ein sehr restriktives und diskriminierendes Ausländerrecht, habe ich mal wo gelesen.
Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass der Begriff „Service“ einen nahezu gleich hohen Bekanntheitsgrad besitzt wie „Auskunft“. Ich finde es ja okay, zu sagen „diese vielen englischen Begriffe gefallen mir nicht“, aber das Argument der Verständlichkeit anzubringen ist hier einfach nur lächerlich. „Service“ versteht meine 94-jährige Oma genauso wie mein achtjähriger Neffe. Über die „Servicewüste Deutschland“ wird sich doch bereits seit Jahrzehnten aufgeregt. Und das Auto wird auch schon seit Ewigkeiten zum Service gebracht. (Aber ich höre jetzt auf, immer und immer wieder dasselbe zu schreiben, versprochen).
@theo (#212): Ein Beispiel gefällig? :-) http://www.twschwarzer.de/
@JO (#210): Schön, wie Sie das auf den Punkt gebracht haben.
wobei : Bahn und Service? Aber das ist ein ganz anderer Punkt.
@inga
Sie ziehen sich an einem einzigen, vielleicht unglücklich gewählten Beispiel hoch. Ich beglückwünsche Sie gerne aber auch zur 94-jährigen Großmutter, die „Rail & Fly“ oder, kleiner gedacht, „Park & Ride“ im Sprachgebrauch hat.
Aber es stimmt: Ich mag es einfach nicht, wenn diese Begriffe Allgemeingut werden sollen. Millionen Türken leben in unserem Land und kaum jemand spricht auch nur ein türkisches Wort, und außer Hinweise an Schwarzfahrer und Ladendiebe schreibt auch niemand eins. Aber für die unzähligen Lust- und Geschäftsreisenden muss der Parkplatz hinterm Bahnhof Wanne-Eickel selbstverständlich englisch benannt werden.
@inga (#215): „Auto“ geht gar nicht. Kraftwagen bitte.
Suchen Sie in diesem Kommentarstrang doch mal, wie oft der Begriff „Service“ hier vorkommt und insbesondere auch gerade von Ihnen als vermeintlich treffendes Bespiel für die Denglisch-Thematik angeführt wird und dann sagen Sie noch mal, dass _ich_ mich daran hochziehe.
@polyphem: „Kraft“ (durch Freude) geht aber auch gar nicht. Und nu?
@polyphem
freude durch kraftwagen?
soll es, verehrtes einauge, wirklich darauf hinauslaufen? mal abgesehen „geht“ auto natürlich wirklich nicht, auto fährt.
Ach, und das „Park and Ride“-Schild steht schon mindestens seit den Siebzigerjahren an der P&R-Anlage der S-Bahn, neben der ich als Kind gewohnt habe. Von mir aus kann man das gerne „Fahrzeug abstellen und Reiten“ nennen, wenn’s schön macht, aber ja, meine 94-jährige Oma versteht auch den englischen Ausdruck.
@inga@ca-fi: „geht“ Blödeln auch auf englisch?
Da ich keine Ahnung von Germanistik habe, gehe ich den einfachen Weg und definiere den Duden als Grundlage der Deutschen Sprache. Trotz mangelndem Wissen ist mir jedoch aufgefallen, dass die Deutsche Sprache alles anderes ist als „konservierend und standardisierend “ ist. Durch genau diese Dynamik stehen Texte ja auch immer für die Zeit ihres Entstehens und für die Gedankenwelten der Autoren.
Warum sollte dieses System nun eingefroren werden? Wird dadurch nicht die Ausdrucksmöglichkeit beschnitten? Deshalb akzeptiere ich auch lieber, dass ich mache Texte gar nicht in der Lage bin zu lesen, als die Freiheit des Denkens zu beschneiden. Nachher züchten wir dadurch noch „Neusprech“.
btw: something is rotten in denmark.“
@inga
Ich wüsste nicht, wo ich geschrieben habe, dass alter englischer Sprachmüll besser wäre als neuer.
Auf jeden Fall wünsch ich Ihnen viel Spaß mit Ihrer Großmutter, scheint eine patente Dame zu sein :-)
@polyphem: _any_thing goes!
@struwwlepeter: Jetzt ist aber mal Schluss mit Rabulistik. Ich sage: Denglisch finde ich oft doof, aber das Argument „weils keiner versteht“ zieht nicht bei den hier genannten Beispielen. Sie nennen mir neue Beispiele, für die das Argument angeblich doch zieht, ich sage, warum ich das nicht glaube, Sie sagen bockig: „rabäh, aber Denglisch ist trotzdem doof“, was ich ja gar nicht grundsätzlich bestreite. Wir können uns jetzt noch ewig im Kreis drehen und ich stelle jedes mal klar, was ich _nicht_ geschrieben oder gemeint habe, oder wir lassen es bleiben. Eine fruchtbare Diskussion ist das jedenfalls nicht. Und mich langweilt’s, also so long.
Ich geh jetzt erstmal einen guten urdeutschen Keks essen. Oder, um mal von den ewigen Anleihen aus dem Englischen wegzukommen, eine gute deutsche Zigarre rauchen. Oder, um noch ein wenig weiter in die Vergangenheit zu blicken, ein Glas Wein trinken.
@struwwelpeter
„[…] und kaum jemand spricht auch nur ein türkisches Wort […]“
Dagegen kenne ich eine Abhilfe.
inga, inga, inga.
struwwelpeter:
(„…und kaum jemand spricht auch nur ein türkisches Wort…“)
Selbst Eartha Kitt konnte es… :-)
http://www.youtube.com/watch?v=bYQLB-fnZT8&feature=related
[…] Wider die sprachliche Kleingärtnerei […]
Weekend
Sechzig Auers sind vorbei
Jetzt ist Wochenende.
Durch der Zeiten Wände.
Dringt Struwwelpeter-Kampfgeschrei.
Ja, es ändern sich die Zeiten.
Meine Frau ist hübsch gegendert
Und mein Browser hat gerendert,
Was aus internetens Weiten
Zu uns in die Stuben dringt:
Wie sich doch die Rechten mehren,
Und es trotzdem nicht gelingt
Linke Spinner zu bekehren.
Wie man hier mit Worten ringt,
Könnte Luthers leicht entbehren.
Danke polyphem! Deine Worte versöhnen mich entspannt mit dem Wochenende und diesem Blog :-)
Oh, wie wunderbar. Jetzt wirft sich auch noch Bastian Sick in eine vergleichbare Schlacht:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,742873,00.html
Nicht, dass ich von ihm etwas anderes erwartet hätte. Ab und zu lugt unter der Maske des jovialen Sprachlehrers dann doch die Fratze des dogmatisch-präskriptiven Möchtegernlinguisten hindurch.
„Dogmatisch-präskriptiv“ soll wohl heißen, dass er etwas vorschreiben möchte. Wie oft muss der Mann denn in seinem Text schreiben, dass er diese Begriffe nur vorschlägt?
Mir ist jeder einzelne dieser Begriffe lieber als der Sprachdreck aus der englisch-amerikanischen „Weltsprache“.
@ #236
Der Spiegel-Abschnitt weist eine erstaunliche Ähnlichkeit zum Meinungsbeitrag von Schwimmer, #202, auf. Anders als bekanntlich bei Printmedien (=Druckmitteln ? oder hab ich mich da jetzt verteutscht ?) üblich, gibt der Gelahrte keine Quelle an. Er wird (hoffentlich) vorher bey der Polizey fernmündlich um Bestätigung seiner hier mitgetheilten Belehrungen unterthänigst nachzusuchen die Ehre gehabt haben. Unter Verzicht auf naheliegende Wortspiele (no jokes about names!) möchte ich Herrn Sick gegenüber meine außerordentliche Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass er „prima“ mit seinem „Klapprechner“ leben kann: das wollte ich wissen. Glückwunsch auch an den „Spiegel auf Linie“!
Dem möchte ich hinzufügen, dass manche Wörter, die nicht allgemeiner Sprachgebrauch wurden, heute noch, wenn auch spärlich, verwendet werden.
Beispielsweise kannte ich ‚Gesichtserker‘, ohne aber zu wissen, woher es stammt. ‚Dörrleiche‘ habe ich auch schon gehört.
Und Klapprechner sowienoch. :)
@Genießer:
Ursprünglich Jörg Haider gewidmet; jetzt für andere on-liner (sick!)
http://www.lastfm.de/music/Toto/_/Hold+The+Line
@ polyphem
Danke für das schöne Ichsehe !
à propos „dinner jacket“:
Die Diskussion geht weiter: Anatol Stefanowitsch schreibt in seinem Blog unter der Überschrift Die Sprachen der Bundesrepublik sind… über die Implikationen des vom VDS vorgeschlagenen Satzes „Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch“. Finde ich lesens- und bedenkenswert.
@gnaddrig
Na, toll. Stefanowitsch kämpft wieder einmal gegen Windmühlen. Und ich habe mir es auch noch durchgelesen.
@ VonFernSeher: Sie werden gewusst haben, in welche Kerbe Anatol Stefanowitsch in seinem Blog schlagen würde. Selbst Schuld, wenn Sie es trotzdem lesen. Und dass Sie sich bekehren lassen hätte ich sowieso nicht erwartet.
Das Beispiel mit der Schweizer Verfassung fand ich jedenfalls sehr erhellend. Und die Frage, warum man es nicht wie die Österreicher macht, wenn man die deutsche Sprache schon ins Grundgesetz schreiben und damit nicht bestimmte Kreise ausgrenzen will, finde ich sehr einleuchtend. Die Befürworter der Bild-/VDS-Petition werden darauf natürlich nicht eingehen bzw. keinen guten Grund finden. Darum ist Windmühlen hier nicht der richtige Ausdruck. Eher boxt er Schatten, weil kaum mal ein gescheites Argument gegen seine Position gebracht wird.